Schmissig: ‚Märchen im Grand-Hotel‘ in der Komischen Oper Berlin****

MärchenEine schöne  Ausgrabung: die Operette „Märchen im Grand-Hotel“ von Paul Abraham, die nachdem der Komponist Berlin 1933 verlassen mußte, im Jahr darauf ihre Uraufführung in Wien erlebte – ohne größeren Erfolg, da auch schon vor dem „Anschluß“ Östereichs eine antijüdische Stimmung sich dortausgebreitet hatte. Abraham floh später über Frankreich und Kuba nach New York, verbrachte die letzten Jahre seines Lebens  allerdings überwiegend in psychiatrischen Kliniken.

Verdienstvoll nun, daß die Komische Oper jedes Jahr in der Weihnachtszeit ein vergessenes Werk aus der glanzvollen Operetten-Zeit der 20-er und frühen 30-er Jahre des letzten Jahrhunderts wiederbelebt – als attraktives Konzert in Kostüm und Maske. Vor dem geschlossenen, roten Vorhang sitzen die Musiker auf dem überdeckten Orchestergraben, davor – ebenfalls auf Stühlen – die Sänger. Auf der linken Seite ein Flügel, an dem Dirigent Adam Benzwei seine Flinger virtuos über die Tasten gleiten läßt und zugleich lebhafte  Einatzzeichen für Sänger und Musiker gibt.

Das ganze „Märchen im Grand-Hotel“ ist geschickt auf pausenlose anderhalb Stunden eingedampft und reiht die musikalischen Nummern wie auf einer Perlenkette aneinander. Was dazwischen sich an Handlung ereignet, schildert als Conferencier im eleganten Frank ganz noncharlant Max Hopp. Zugleich singt und spielt er die männliche Hauptrolle: den verliebten Kellner Albert (dann mit Serviette überm Frack-Arm!). Doch in Wahrheit ist dieser Albert der Sohn des Besitzers des titelgebenden Grand-Hotels an der Cote d’Azur und zudem mit altem Adel verwandt, so daß dem Happy End mit der spanischen Infantin Isabella, die sich mit ihrem Hofstaat im französischen Exil befindet (und außerdem pleite ist) nach einigen Mißverständnissen nichts mehr im Wege steht. Und auch noch – dank der blonden Marylou, der Tochter eine nach frischem Filmstoff suchenden Hollywood-Moguls – das ganze Märchen zu einem großen Filmerfolg mutiert.

Dank der flotten Quicksteps, Foxtrots,Tangos und Walzern von Paul Abraham – noch ganz im Stil von „Victoria und ihr Husar“ oder der „Blume von Hawai“ – und dank des prächtigen Ensembles aus Musikern und Darstellern wird aus dem „Märchen im Grand-Hotel“  eine ebenso schmissige wie rasante Glitzer-Show auf der Vorderbühne. Und die auch dem Publikum in die Beine fährt…

Neben dem quitrligen Conferencier-Kellner Max Hopp zeigt Talya Lieberman als sopran-süße spanische Prinzessin straffe Haltung, mausert sich  Johannes Dauz als sie begleitender Prinz zum drolligen „Buffo“, genießt Tom Erik Lie seine Travestie-Rolle als grotesk-plappernde Hofdame, fiebert Philipp Meierhöfer als Filmmogul mit heftigem Körpereinsatz nach seinem Happy End und triumphiert Sarah Bowden als US-Film-Girl Marylou, die mit socher Verve singt, tanzt und steppt, daß die Bühnenbretter beben. Den dazu passenden Umrahmung mit viel ‚Schbi-dubi-du‘ liefern überzeugend die fünf befrackten Herren des ‚Lindenquintetts Berlin‘.

Wenn auch „nur“ konzertant –  so flott präsentiert, findet die „alte“ Operette auch heute noch ihr glückliches Ende  – und das „Märchen im Grand-Hotel“ sein begeistertes Publikum.

Foto: Robert-Recker.de/Komische Oper Berlin

Premiere: 17.12.2017; einzige Wiederholung: 30.12.2017