Theater- und Film-Notizen: März 2018

Zähes Vergnügen: „Blaubart“ in der Komischen Oper Berlin***

blaubart 0381 ikofreese drama berlin.deStark erweiterte Neufassung der Operette „Blaubart“ von Jaques Offenbach (UA:1866) in deutscher Sprache durch den Dirigenten Clemens Flick, den Dramaturgen Alexander Meier-Dörzenbach und den Regisseur Stefan Herheim.

Die Geschichte vom Weiber-Helden und Mörder Blaubart, von der handfesten Bäurin Boulette (seiner 6.Frau) und der Schäferin Fleurette, die als angebliche Tochter Hermia des leicht irren Königs Bobèche zu seiner resoluten 7.Gattin avanciert, wird umrahmt von der „ewigen“ Auseinandersetzung zwischen dem kleinwüchsigen Cupido und dem großen Gevatter Tod. Zu Beginn und am Ende des Abends ziehen sie diskutierend über die Liebe mit einem Karren über die leere Bühne, einem riesigen Wagen, der sich alsbald in eine hübsch (mit Blumen und Skeletten) dekorierte Theaterbühne verwandelt. Und beide mischen sich im Laufe des Stücks sich immer wieder mal in die gerade ablaufende Handlung ein, etwa im zweiten Akt, der am Hof des Königs Bobèche spielt, einem „Forum“ im neu errichteten, alten Schloß mit Kuppel und Kreuz !!  Auch musikalisch wird dieser neue „Blaubart“ um viele Musik-Nummer erweitert, teils aus anderen Offenbach-Werken, teils im passenden Stil nachkomponiert.

Es wird nicht gespart an szenischen und musikalischen Einfällen und Anspielungen aller Art, bunten Lichteffekten, üppigen Kostümen und flotten Tanzeinlagen. Blaubart reitet auf einem weißen Pferd ein, das sich plötzlich in zweit Hälften teilt, Bobèche spielt mit einer Weltenkugel, der böse Alchimist duelliert auf groteske Weise sich mit dem verliebten Schäfer und immer wieder fallen alle Personen über- oder untereinander umher – und dann wird der Abend zur überdrehten Klamotte. Sänger und Chor mimen heftig mit, vermögen jedoch bei dem ständigen szenischen Trubel, der sie zum Chargieren zwingt, nur wenig individuelles Profil gewinnen (auch stimmlich nicht).: Wolgang Ablinger-Sperrhacke mimt den verschmitzter Blaubart, Peter Renz den kahlköpfiger König Bobèche und Tom Erik Lie ist ein listiger Giftmischer. Beeindruckend in ihrer Präsenz dagegen die beine Rahmen-Figuren: Rüdiger Frank als beweglicher Cupido und Wolfgang Häntsch als komisch-bedrohlicher Gevatter Tod.

Das Publikum spendet nach über drei Stunden freundlichen Beifall.

(P.S. Vor einem halben Jahrhundert schuf Walter Felsenstein mit „Blaubart“ eine seiner legendären Inszenierungen und bestätigte damit den internationalem Ruhm der Komischen Oper.. Dies sollte – für kritische Betrachter – bedacht werden, auch wenn Vergleiche oft ungerecht sind und „hinken“!)

Foto: Iko Freese/drama-berlin.de / Komische Oper Berlin

Premiere: 23.3.2018, weitere Vorstellungen: 24.3./ 31.3./ 22.4./ 27.4.2018