Berlinale 2007: Was mir gefiel…

57_ifb_plakat_wettbewerb.jpgDer Zufall bestimmt die Auswahl: der Besuch der meisten Vorfuehrungen ist fuer das zahlende Publikum lediglich bedingt moeglich (da das Karten- Kontingent beschraenkt ist und nur Tag fuer Tag durch langes Anstehen erworben werden kann). Viele der von mir – also zufaellig – gesehenen Filme erwiesen sich als uninteressant oder als Durchschnittsware. Was in meiner Erinnerung blieb:

1. „Bushi no Ichibun“(Love and Honor) von Yoji Yamada / Japan / PANORAMA Kammerspiel um einen jungen, erblindeten Samurai, der nur schwer mit seinem Unfall und seiner Umgebung fertig wird. Schluss-Teil einer kritisch gesehenen Trilogie ueber die Geschichte und Gesellschaft Japans. Sehr konzentrierte Inszenierung in lansamen, ruhigen Bild-Sequenzen, getragen von intensivem Spiel ausgezeichneter, junger Darsteller. Knuepft an die grosse japanische Film-Tradition an. 2. „A casa de Alice“ (Alice’s House) von Chico Teixeira / Brasilien / PANORAMA Der Alltag einer Familie in Sao Paolo: Vater ist Taxifahrer, Mutter Alice arbeitet in einem Kosmetikgeschaeft, drei Soehne lungern den ganzen Tag herum und Oma kuemmert sich um Haushalt und Essen. Lliebevolle und zugleich kritische Zeichnung vom Lebens im heutigen Brasilien, bestechend durch genaue Beobachtung der Schwaechen und Macken ganz normaler Durchschnittbuerger. Menschliches und Allzu-Menschliches eingefangen mit Witz und Unterhaltsamkeit. 3. „The Bubble“ von Eytan Fox / Israel / PANORAMA Bewegendes Drama aus Israel und Gaza. Wie in einer „Luftblase“ leben junge Leute im heutigen Tel Aviv zwischen Beruf, Sex und Disco – hektisch ihre scheinbare Freiheit geniesend. Oder verdraengen sie nur den „Kriegszustand“, in dem das Land mit seinen arabischen Nachbarn lebt? Als der Israeli Noam eine Liebesgeschichte mit dem Palaestinenser Ashraf beginnt, kommt es zur Tragoedie – die politischen, kulturellen und moralischen Unterschiede lassen ein Happy End nicht zu. Ein spannender,aber bitterer Film ueber die gefaehrliche,anscheinend unloesbare Situation in Nahost. 4. „Ne touchez pas la hache“ von Jacques Rivette / Frankreich / Wettbewerb Altmeister Rivette hat die Novelle „Die Herzogin von Langeois“ kongenial in wunderbare Farbbilder umgesetzt: er haelt sich eng an die Vorlage und behaelt gleichzeitig die epische Struktur bei. Inserts mit kleinen Sentenzen,Orts- und Zeitangaben verknuepfen die langen Dialog-Szenen in den (historischen) Salons des Paris der nach-napoleonischen Aera. Ein frivoles, aber gnadenloses Liebes- Spiel um Geist,Macht,Freiheit,Besitz und Abhaengigkeit zwischen der Herzogin und einem hohen Offizier. Kluge,gebildete Menschen, scheinbar unabhaengig von sozialen oder gesellschaftlichen Reglementierungen. Doch das Spiel miss- lingt. Ein facettenreiches,psychologisches Lehrstueck von geschliffener Eleganz.