Superb musiziert: „L’etoile“ in der Staatsoper ****

Emmanuel Chabrier (1841-1894) hatte und hat als Opern-Komponist wenig Glueck, keines seiner Werke findet sich heute noch im Repertpoire goesserer Haeuser. Was zum gossen Teil an den Libretti liegt,  aber auch an Chabriers feingesponnener Musik, die mehr auf Eleganz und Raffinement als auf populaere, schlagkraeftige Melodien setzt.
Die 1877 in Paris uraufgefuehrte Opera-bouffe  „L’etoile“ (Der Stern) erzaehlt die komische Geschichte des kleinen Koenigs Ouf, der anlaesslich seines Namenstages das Volk mit einer Hinrichtung begluecken will, aber ueber keinen Deliquenten verfuegt – bis er in einem Clochard namens Lazuli das passende Opfer findet, wegen (ungewollter) Majestaetsbeleidigung. Doch der Hof-Astrologe raet nach neuer Berechnung der Sterne vom Vorhaben ab und loest dadurch grosse Verwirrungen aus, in die auch die als Braut vorgesehene Prinzessin Laoula verwickelt wird.
Das Ganze: eine bizarre Farce mit allerlei satirischen Anspielungen. Und musikalisch eine charmante Mischung aus mal lustigen, mal melancholischen Chansons, kleinen, flinken Ensemble-Nummern und drei schwungvollen Finali.
Ob der amerikanische Regisseur (und Bariton) Dale Duesing gut beraten war, die grotesk-ueberdrehte Komoedie aus dem Paris des spaeten 19.Jahrhunderts in eine doppelstoeckige, karge Hotelhalle mit Treppe und Fahrstuhl im Stil der Sixties des 20.Jahrhunderts zu verlegen, mag dahingestellt sein. Dass ihm aber nur ein paar angedeutete Tanzschritte fuer den Chor und einige musical-synchrone Handbewegungen fuer die Solisten einfiel, und dass er sich ansonsten auf altbackenes Rampen-Theater verlies, macht aus der leichten, franzoesischen Komoedie ein ziemlich schwerfaelliges, deutsches Lustspiel (trotz franzoesischer Sprache).
Gluecklicherweise lassen die klangschoen spielende Staatskapelle und ihr fulminanter Gast-Dirigent Sir Simon Rattle schnell darueber hinweg-hoeren. Subtil, duftig und elegant – ein Schwelgen in raffinierten Rhythmen und zarten Melodien, aber auch – wenn noetig – mit belebend-zupackendem Schwung – besser kann Chabriers Musik nicht praesentiert werden. Dazu ein Ensemble handverlesener Solisten, allen voran Magdalena Kozena mit geschmeidigem, hell timbrierten Mezzo in der Hosenrolle des kecken Clochards Lazuli,  sowie der herrlich tenor-kraehende Jean-Paul Fouchecourt als spleeniger, kleiner Koenig. Auch die uebrigen Saenger bezaubern durch beschwingtes Spiel und pointiertes Singen: Stella Doufexis, Juanita Lascarro, Douglas Nasrawi, Giovanni Furlanetto, Florian Hoffmann. Und mit schoenem, delikatem Klang: der Staatsopernchor (wenn auch szenisch schlecht gefuehrt und haesslich gekleidet).
„L’etoile“ wird durch diese Inszenierung wohl kaum in den Himmel des Opern-Repertoires aufsteigen, aber eine musikalische Stern-Stunde fuer Chabrier war der Abend dank des Ehepaares Rattle-Kozena schon – vielleicht sass ja ein williger Schallplatten-Produzent im begeisterten Publikum.

Foto: Monika Rittershaus/ Staatsoper Unter den Linden

naechste Vorstellungen: 19./ 23./ 27./ 30. Mai