Rainer Allgaier

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Monat: April 2007

Hollywood vergoldet Paris: „Manon“ in der Staatsoper ****

30. April 2007TheaterkritikenNo Comments

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Ein Abend des perfekten Marketing: die derzeitigen Weltstars der Opernszene, Anna Netrebko und Rolando Villazon, beehren Berlin. Der Hoerfunk uebertraegt, das Fernsehn schneidet mit und eine DVD sowie CD kuendigen sich an. Auch sind alle folgenden Vorstellungen ausverkauft. Trotz dieses Medien-Rummels kam eine wunderbare Opern-Auffuehrung im traditionsreichen Musentempel unter den Linden zustanden.

Jules Massenets „Manon“ wurde 1884 uraufgefuehrt. Regisseur Vincent Paterson verlegte die Neuinszenierung – ein Ko-Produktion mit Los Angeles – in die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts. Hollywood dreht gleichsam ein Melodram in Paris, eine tragische Love-Story in chicen Dior-Kleidern unterm Eiffelturm. Ein goldener Vorhang und immer wieder hereingefahrene Scheinwerfer oder Kameras setzen allzudeutlicher Sentimentalitaet eine Grenze und doch bleibt – dank der Musik – viel Raum fuer Gefuehl. Hoehepunkt ist Manons Tod: im dunklen Schatten-Riss traegt der Liebhaber sie vor weitem Horizont einem rot-gluehenden Sonnenaufgang entgegen. Musiziert wird auf hoechstem Niveau: Daniel Barenboim laesst nach anfaenglichen Schwierigkeiten die eher an deutsche Kost gewoehnte Staatskapelle leicht und transparent spielen. Anna Netrebko ist eine kindliche, naive Manon mit strahlenden Toenen, Rolando Villazon ein jungenhafter Liebhaber mit dramatischen Akzenten. Das hauseigene Saenger-und Chor-Ensemble ergaenzt aufs Angenehmste. Diese neue glamouroese „Manon“ ist sicherlich keine Jahrhundert-Sensation ( dazu haette es eines ueberragenden Regisseurs bedurft), aber ein optisch schoener und musikalisch glaenzender Opernabend wie man ihn gerne oefters erleben wuerde.

Foto:Staatsoper

Zwischen Baum und Borke: „Sylvia“- Ballett in der Deutschen Oper ***

27. April 2007TheaterkritikenNo Comments

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Grosser Auftritt des Berliner Staatsballetts in der Deutschen Oper – auch der Bundespraesident und seine Frau waren unter den Gaesten. Doch der Beifall hielt sich in Grenzen: Herzlich und bewundernd fuer die Taenzer, reserviert gegenueber dem Werk und seiner optischen Darbietung.

„Sylvia“ (Paris,1876) gehoert nicht zu den populaeren Klassikern, besitzt aber eine wunderbare Musik (Leo Delibes) und ein an den Haaren herbeigezogenes Libretto um eine pseudo-antike Love-Story zwischen einer Nymphe und einem Hirten. Herausgeputzt mit allerlei – fuer die damalige Zeit – hochmodischen Exotika. 1952 schuf der grosse britische Choreograph Frederick Ashton eine neue Version des beruehmten Stueckes fuer die damalige Londoner Primaballerina Margot Fonteyn. Diese Fassung hat nun das Berliner Staatsballett uebernommen, aber dabei einen grundlegenden Fehler begangen: gute Choreographien sind zeitlos, aber Austattungen unterliegen dem gleichen rapiden Verfall wie die aktuelle Mode. Das heisst: Ashtons Tanzerfindungen sind heute wie gestern von grosser Erfindungskraft und schier unglaublich eleganter, fluessiger Erzaehlweise. Aber seine Ausstattung wirkt wie eine Mischung aus Wedgwood und Queen-Mum – stockkonservativer alt-englischer Geschmacks-Plunder. Schade, die taenzerischen Hoch-Leistungen von Polina Semionova (Sylvia), Vladimir Malakhov (Aminta) oder Ibrahim Oenal (Orion) haetten bei pfiffigerem und modernerem Buehnenbild und Kostuem zu einem weitaus besseren Gesamt-Eindruck verholfen – denn, ums noch mal zu betonen, Ashtons Tanz-Inszenierung ist nach wie vor genial – auch wenn „Sylvia“ nicht unbedingt zu den ganz grossen Klassikern gezaehlt werden muss. Eine (leider) zur Haelfte verschenkte Chance!

Foto:E.Nawrath

Iphigenie im Folterkeller: Gluck-Tragoedie in der Komischen Oper **

23. April 2007TheaterkritikenNo Comments

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Ein schruntiges Felsen-Relief begrenzt die dunkle Buehne, davor schneidet eine Frau mit fettigem Haar und blutverschmierter Bluse mehreren gefesselten Maennern die Kehle durch, brutale Soldaten in Tarn-Anzuegen fotografieren das grausame Geschehen. So plakativ-heutig beginnt Glucks klassische Reform-Oper „Iphigenie in Tauris“ in der Inszenierung des australischen Regisseurs Barrie Kosky an der Komischen Oper. Ein Skandal ?

Die im Vorfeld der Premiere beschworene Aufregung blieb aus – am Endes des kurzen, pausenlosen Abends spendete das Publikum heftigen Applaus. Mit dickem Regie-Pinsel zeichnet Kosky das Schicksal von Iphigenie und Orest als grelle Horror-Story. Ein Dutzend (fast) nackter Statisten im Renten-Alter geistert als Furien und Vergangenheits-Gespenster etwas willkuerlich umher.Ein sadistischer Thaos, die beiden Freude Orest und Pylades mit offenen Folter-Wunden bedeckt und eine durch ihre blutige Taetigkeit am Rande des Nervenzusammenbruch stehende Iphigenie – am Schluss sitzen sie ( ausser dem erschossenen Thoas) erschoepft an der Rampe – ratlos! Eine theatralisch-packende Auffuehrung, aber doch sehr vordergruendig. Dem entspricht die musikalische Gestaltung durch den englichen Dirigenten Paul Goodwin – kraftvoll treibt er das vorzuegliche spielende Orchester zu expressivem Ausdruck. Die Saenger verkoerpern ihre Rollen geradezu leidenschaftlich und ueberspielen dadurch manch stimmliche Maengel. Besonders Geraldine McGreevy beeindruckt als fiebrig-erregte Iphigenie (trotz Hoehen-Probleme) ebenso wie das leicht homoerotisch gezeichnete Freundespaar Pylades – Orest ( Peter Lodahl – Kevin Greenlaw). Exzellent die Choere, insbesondere die der Frauen, die auch leisere Toene in die sonst ueberlaute Schreckens- und Folter-Oper einbringen. Effektvolles Musik-Theater – aber ohne feinere Nuancen.

Foto: Barrie Kosky/ Komische Oper

Unter den Daechern von Paris: „Herzen“ von Alain Resnais****

4. April 2007FilmkritikenNo Comments

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Leise und andauernd rieselt der Schnee auf das neue, schicke Wohnviertel um die National-Bibliothek. Ein Paar im mittleren Alter sucht eine Wohnung,aber eigentlich ist der Punkt erreicht, sich eher zu trennen. Der eingeschaltete aeltere Makler seinerseits macht seiner Sekretaerin schoene Augen. Die aber verdingt sich zusaetzlich als Nacht-Pflegerin beim grantigen Vater eines Barkeepers – Bibel und Latex-Kleid in der Tasche. Gleichzeitig sucht die junge Schwester des Maklers per Annoncen ihren Traummann. Lauter eisame Herzen im winterlichen Paris

Regisseur Alain Resnais (84) zeigt eine raffinierte Versuchsanordnung. Sechs Personen suchen die grosse Liebe und bedienen sich dazu allerlei Tricks und Macken. Am Ende aber bleiben alle allein wie zu Beginn. Vorlage ist ein engliches Theater- stueck (von Alan Ayckbourn) und Resnais laesst darum mehrmals die exquisiten Innenraeume deutlich als Kulissen erkennen. Auch die Personen changieren zwischen psychologischem Realismus und stilisierten Verhaltensmustern. Farcenhafte Zuege wechseln bruchlos mit fast tragischen Momenten: ein intelligentes Spiel um Einsamkeit, Kontaktschwierigkeiten und Verzweiflung, aber immer mit leichtem Augenzwinkern beobachtet. Die in vielen Filmen von Resnais bewaehrten Darsteller wie Sabine Azema, Pierre Arditi oder Andre Dussollier bilden zusammen mit einigen neuen Gesichtern wiederum ein ausgewogenes Schauspieler-Ensemble, das Ernst und Ironie mit Witz und Charme virtuos verbindet. Kein Happy End – und so bleibt ( das ist neu bei Resnais) trotz aller Leichtigkeit und Eleganz ein ungewohnt nachdenk- licher und bitterer Unterton zurueck.

„Junebug“: Film-Portraet der amerikanischen Provinz*****

3. April 2007FilmkritikenNo Comments

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Eine junge Frau, Galerie-Besitzerin in Chicago und frisch verheiratet, faehrt in die Provinz, nach Nord-Carolina, um erstens einen bizarr- versponnenen Maler zu verpflichten, und zweitens die Familie ihres Ehemanns zu besuchen und kennenzulernen.

Nichts Aussergewoehnliches passiert: am Ende gelingt es, den Maler exklusiv zu verpflichten, die Schwaegerin erleidet eine Fehlgeburt und das junge Paar reist etwas ernuechtert in die Grossstadt zurueck. Zu Beginn erscheinen die Menschen in diesem Suedstaaten-Landstrich wie Horrorgestalten: verschlossen,abweisend und bigott. Erst allmaehlich im Lauf der alltaeglichen Handlungen und Begeben- heiten, lernt der Zuschauer – gleichsam mit den Augen der Grossstaedterin – unter die Oberflaeche zu schauen, die verborgenen Seiten der Personen erkennen, ihre Hoffnung, ihre Verzweiflung, ihr einfacher Gott-Glaube, ihre Mitmenschlichkeit. Ein wunderbar ausgewogenes Portraet zwischen Drama und Komoedie, eine treffliche Milieuschilderung der Menschen im „Bible-Belt“ ohne Ueberheblichkeit oder Herablassung. Manchmal komisch, manchmal traurig oder auch erscheckend. Nie macht sich der Regisseur Phil Morrison uber seine Personen lustig, vielmehr zeichnet er sie wohlwollend ohne die Distanz zu ihrem oft merkwuerdigen Verhalten zu verlieren. Grossartige Darsteller und eine eigenwillige Dramaturgie, die oft bewusst Leer-Stellen zulaesst, Bilder oder Verhaltensweisen scheinbar nicht aufklaert, verleihen dem Film auch formal-aesthetisch einen ungewoehnlichen Aspekt. Einer der schoensten Indpendent-Filme ueber das provinzielle Amerika seit langem: kritisch und beruehrend zugleich.

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