Rainer Allgaier

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Monat: März 2009

Zeitgeistig: „Dialoge 09“ von Sasha Waltz im Neuen Museum***

24. März 2009VerschiedenesNo Comments

Eine schoene Idee:  das soeben fertiggestellte, „kritisch“ restaurierte Neue Museum mit Musik- und Tanz der Oeffentlichkeit vorzustellen. Sasha Waltz laesst ihre Taenzer, das Vocalconsort Berlin und das Solistenensemble Kaleidoskop die vielen noch leeren Raeume in fliegenden Wechsel bespielen: mit kurzen taenzerischen Sequenzen, mit klangschoenen Chorgesaengen und – ueberwiegend – zeitgenoessischer Kammermusik (Ligeti,Kurtag,Xenakis u.a.)  Das Publikum darf waehrend der zweieinhalb-stuendigen Performance frei durch das Museum wandern, den Taenzer, Choristen und Musikern zuschauen oder zuhoeren, kann aber auch an ihnen vorbei in den naechsten Saal oder ins naechste Stockwerk schlendern. Oder in der grossen Bar im Keller eine Erfrischung geniessen, denn Sitzgelegenheiten sind – bis auf wenige kleine (Heizungs-)Baenke -  rar. Besonders wirkungsvoll ist ein Zwischenspiel der gesamten Ensembles im monumentalen Treppenhaus:  hier bewirkt der alte Theatertrick mit der Show-Treppe verblueffende und faszinierende Effekte. Eher sentimental bleibt dagegen das Schluss-Tableau -ebenfalls in der Treppenhalle: zum Adagio aus Bruckners Streich-Quintett betten sich alle Mitwirkenden dekorativ um die Musiker herum wie zur erhabenen Kunst-Andacht.
Ueberhaupt: die einzelnen Tanz-Sequenzen scheinen oft beliebig,  jeder Zuschauende darf – so er Lust dazu verspuert – in die Bewegungsablaufe Bezuege zu den jeweiligen Raumen hinein-deuteln. Manche der meist elegant-schlichten Kostueme und Kopfbedeckungen geben dazu auch Anlass; viellfach aber schwanken die Szenen zwischen Minimalismus und grosser Geste, Pathos und leiser Ironie, Kunst und Kunstgewerbe. Der heilige Ernst mit dem die Taenzer durch die bewusst als Ruinen gelassenen Raeume schreiten oder sich drehen, wirkt eher komisch als kuenstlerisch,, manchmal droht die Grenze zum Bedeutungs-Kitsch.
Fabelhaft aber ist die akustische Seite der Vorstellung und der exzellente Vocalconsort sowie die flexiblen  Musiker des Ensembles Kaleidoskop hinterlassen die besten Eindruecke. Insgesamt ein zeitgeistig-vielschichtiger, aber auch etwas praetenzioesen Abend.

Foto: Bernd Uhlig

Nur noch bis 30.Maerz 09; alle Vorstellungen sind ausverkauft

Bunt und mitreissend: „Slumdog Millionaire“ von Danny Boyle *****

21. März 2009FilmkritikenNo Comments

Tempo,Tempo: Jamal Malik, etwa 20 Jahre alt, ist „Chai-Wallah“, Teeholer in einem Call-Center in Bombay. In der Fernsehshow „Wer wird Millionaer“  hat er es unerwartet bis zu letzten Frage gebracht. Doch nun wird er des Betrugs verdaechtigt und von der Polizei mit folteraehnlichen Methoden verhoert. Jamal erzaehlt, wie er die richtigen Antworten bisher fand: es sind Zufaelle, die seinem elenden Lebenslauf in den Slums der Grossstadt geschuldet sind: kaleidoskop-schnelle, filmische Rueckblenden.  Den Namen des beruehmten Filmstars weiss er, weil er als munteres Kind ein Autogramm von ihm ergattert hat; die gesuchte Person auf dem 100-Doller-Schein praegt er sich unfreiwillig ein, als ein finsterer Menschenhaendler versucht,  ihn und seine Kameraden zu Bettelkinder zu verkrueppeln. Das gesamte Leben Jamals erweist sich als hektische Flucht durch das indische Elend, auf Muellbergen,  in Zuegen,  zwischen gigantischen Hochhaus-Neubauten. Die Mutter wird bei religioesen Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Hindus erschlagen,  ihre beiden kleinen Kinder muessen sich seitdem allein durchs brutale Leben schlagen: ob als Touristen-Diebe im Taj Mahal,  ob als Klein-Zutraeger von lokalen Gangstern. Jamal’s innerer Antrieb, all diese Widrigkeiten robust und clever zu ueberstehen, ist seine Kindheits-Liebe zur schoenen, aber versklavten Gangstergespielin Latika, die ihm jetzt im Fernsehn bei der letzten und entscheidenden Frage zuschaut, so wie das die Massen in ganz Indien tun.  Das Happy End im Stil von Bollywood mit Gesang und Tanz laesst nicht lange auf sich warten.
Die mitreissende Vitalitaet des Films gelingt dem britischen Regisseur Danny Boyle vor allem durch staendige Bewegung. In atemberaubenden Tempo und knalligen Kontrasten wechseln die bunten Bilder, durch virtuose Kamerafahrten und raffinierte Schnittfolgen entfaltet sich so ein fantastisches Maerchen aus dem heutigen Indien, das aeusserst geschickt und intelligent Realitaet und Fiktion ausbalanciert. Alle Klischees ueber den Subkontinent und seine Lebensweise werden bedient und in ihrer oft grausamen Realitaet gezeigt, werden aber gleichzeitig als schoene Traum- und Kinowelt auf liebeswurdige Weise ueberhoeht. Und grossartigen Darsteller, besonders die Kinder, verhelfen dem vor Energie strotzenden Film zu anruehrenden Charme, der durch sanfte Ironie jeglichen Kitsch vermeidet.

Foto/Verleih: Prokino

zu sehen: Odeon (OmU); Hackesche Hoefe (OmU); CineStar in SonyCenter (OF); Delphi; International; Kulturbrauerei; Zoo-Palast u.a.

Zwiespaeltige Abrechnung: „Gran Torino“ von Clint Eastwood ****

8. März 2009FilmkritikenNo Comments

Walt Kowalski  lebt als Witwer und Rentner in einer etwas heruntergekommenen Einfamilienhaus-Siedlung, am Rande von Detroit. Veteran des Koreakrieges und lebenslanger Arbeiter bei Ford – ein verbitterter Haudegen mit Knarre im Schrank,  schroff und abweisend gegen die eigenen Spiesser-Soehne und modisch gepierceten Enkelkinder ebenso wie gegenueber den neuen Nachbarn, asiatischen Fluechtlingen :  „Schlitzaugen“ wie er sie nennt.  Neben dem Bier-Trinken auf seiner Terasse bildet die Pflege seines alten „Gran Torino“ (den er aber kaum jemals faehrt) seine Hauptbeschaeftigung. Clint Eastwood spielt selbst diesen alten Rassisten : in einer ueberzeugenden Mischung aus boesem Grantlertum und kraftvoller Eigenwilligkeit, die diese Figur zugleich abstossend und symphathisch macht. Er freundet sich widerwillig mit den asiatischen Nachbarn an, unterstuetzt den verschuechterten Sohn der Familie, Tao, verhilft ihm zu Selbstvertrauen (- eine koestliche Szene beim Friseur -)  und zu Arbeit auf einer Baustelle.
Doch im letzten Drittel wird aus der ironischen Komoedie, die der Film knapp, witzig und anruehrend schildert,  ein blutiges Drama. Eine jugendliche, asiatische Gang drangsaliert und vergewaltigt Tao und seine schlagfertige Schwester Sue mit solcher Brutalitaet,  dass Walt nun seinerseits einen seltsamen „Opfergang“ antritt und sich von der Gang erschiessen laesst, um dadurch Tao und seine Familie von der Gewalt des Boesen zu „erloesen“.  Hier arbeitet Regisseur Eastwood einerseits mit religioesen Anspielungen und christlichen Bildern. Andererseits laesst er alte rassistische Klischees wieder miteinfliessen – wenn auch indirekt und ungewollt (der aufrechte Amerikaner, die boese asiatische Gang).
Clint Eastwood rechnet in diesem Film deutlich mit Schuld und Schattenseiten Amerikas ab, weist dabei auch auf die Staerke des Landes zur staendigen Erneuerung hin, verheddert sich jedoch am Ende in der eigenen kritischen Ambition. Trotzdem: ein (besonders von ihm) hervorragend gespielter, tempo- und actionreicher, anregender Film.

Foto/Verleih: Warner

zu sehen: Neues Off (OmU); Hackesche Hoefe (OmU); Astor; Cubix am Alex; CineStar im SonyCenter; UCI Colosseum; Filmkunst 66; UCI Zoo-Palast;u.a.

Mit harten Bandagen: „The Wrestler“ von Darren Aranofsky ****

1. März 2009FilmkritikenNo Comments


Vor vielen Jahren war der Wrestler Randy ein Star seiner Zunft,  jetzt tritt er nur noch an Wochenenden in kleinen, schaebigen Hallen auf:  irgendwo an der amerikanischen Ostkueste. Sein massiger Koerper ist ruiniert von Aufputschmitteln wie von den groben, oft blutigen Kaempfen (auch wenn die Wrestler sich vorher absprechen). Nach einem besonders brutalen Show-Auftritt erleidet er einen Herzinfarkt. Der Arzt verbietet weiteres Auftreten. Randy,  der einsam in einem gemieteten Wohnwagen haust,  versucht sich als Verkaeufer  in der Feinkostabteilung eines Supermarkts (die langen blonden Haare unterm Schutz-Netz), scheitert aber rasch. Er sucht seine studierende Tochter (Evan Rachel Wood) auf, obwohl er sich bisher nie um sie gekuemmert hat. Die zunaechst erfolgreiche Wiederannaeherung misslingt aber durch eigene Fahrlaessigkeit. Die zweite Frau, zu der Randy eine Beziehung herzustellen versucht, ist die Stripperin Cassidy (zurecht oscarnominiert: Marisa Tomei). Fast spiegelbildlich zu ihm scheint auch sie fuer ihren Beruf zu alt. Verbittert darueber weisst sie – trotz Symphatie – ihn so lange ab, bis es zu spaet ist, und Randy zu einem letzten, fatalen Kampf in den Ring -  zu seinem Kumpels,  zu seinem Publikum – zurueckkehrt.
Eine boese Abrechnung mit Fitness-Wahn und Koerperkult,  die nicht nur in Amerika gegenwaertig so hohen Stellwert besitzen. Wer alt wird, wessen Fleisch nicht mehr straff anzuschauen ist, wird ausgemustert und einsam. Der 56-jaehrige Schauspieler Mickey Rourke ist die ideale Verkoerperung dieses Wrestlers. In den 80er Jahren einer der schoenen jungen Maenner Hollywoods („The Year of the Dragon“, „Barfly“) ruinierte er seine Karriere durch Boxkaempfe, Schoenheitsoperationen und Drogen-Exzesse. Sein ganzer Koerper ist gezeichnet und verleiht der dargestellten Figur eine fast unheimliche Praesenz. Die Kamera folgt ihm in den Kaempfen,  in den Aufwaerme-Raeumen wie in den trostlosen, winterlichen Stadtlandschaften hautnah und entwickelt dadurch einen reportage-artigen Erzaehl-Stil, der ebenso mitreissend wie authentisch wirkt. Auch wenn die Grundmuster des Drehbuchs gelegentlich etwas klischeehaft erscheinen:  der Furor der Bilder und die Intensitaet von Mickey Rourke’s Spiel gewinnen daraus eine ebenso kitische,  wie glaubhaft-pralle Film- und Lebenswirklichkeit. Nur fuer starke Nerven!

Foto/Verleih: Kinowelt

zu sehen: Babylon Kreuzberg (OmU); CineStar im SonyCenter (OF); Kulturbrauerei; Colosseum; Kurbel; Zoo-Palast u.a.

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