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Monat: Mai 2016

Entgiftet: ‚Geschichten aus dem Wiener Wald“ in der Komischen Oper Berlin***

23. Mai 2016TheaterkritikenNo Comments

Geschichten Wiener WaldSommertag an einem großen Fluß: im Hintergrund wird dieser Strom von einer riesigen Beton-Brücke überspannt, im Vordergrund parken Autos, sonnen sich Leute in Liegestühlen, grillen, lassen Papierdrachen steigen oder fotografieren. Eigentlich soll zwischen Marianne, der jungen Tochter des Puppenhändlers Zauberkönig, und dem Metzger Oscar Verlobung gefeiert werden, aber die Braut überlegt’s sich anders und brennt mit dem Filou Alfred, dem Ex-Lover der Tankstellenpächterin Valerie, durch. Später bekommt Marianne ein Kind von Alfred, gibt’s zur Pflege ihrer Großmutter in der Wachau, die lässt es aber umkommen. Marianne trennt sich von Alfred, gerät ins Rotlichtmilieu und auf Grund falscher Anschuldigung ins Gefängnis. Und am Ende landet sie – resigniert – doch noch in des Metzger Oscars Armen.

Ödön von Horváth erfand dieses teils satirische, teils bitterböse Kleinbürger-Drama, in der sich schon die kommenden brauen Zeiten andeuten, am Ende der 1920er Jahre. Der österreichische Komponist HK Gruber hat das viel gespielte Theaterstück 2014 für die Bregenzer Festspiele in eine zeitgenössische Oper verwandelt: ein musikalischer Mix aus harten, aktuellen Klängen und schrägen Zitaten von der Klassik bis heute, eine mal brutale, mal lyrisch-sanfte Musik, die den Sängern aber viel Parlando mit gelegentlich ariosen Einschüben bietet. Strawinsky, Weill oder Eissler scheinen zusammen mit dem Wiener Walzer durch einen modernen Fleischwolf gedreht! Nicht jeden wird dieser Cocktail überzeugen!

Der polnische Regisseur Michal Zadra und sein Ausstattunges-Team verlegen die „Geschichten aus dem Wiener Wald“ in eine nicht genau geortete Gegenwart: die Autos sind schon etwas ältere Modelle, tragen Berliner Kennzeichen, die Freizeit-Klamotten zeigen aktuellen Schnitt und Farbe, gezahlt wird bei der Tankstelle aber in Schilling. Die bei Horváth noch deutliche, bissige Gesellschafts-Kritik tritt in den Hintergrund zu Gunsten der privaten Personen und ihrer Gefühle, die sich in der Musik weit treffender entfalten können als gesellschaftliche oder politische Zustände. Zugleich ist der Regisseur ein überzeugter Anhänger der Brechtschen Verfremdungstechnik, weshalb er die die verschiedenen Handlungen und Figuren einerseits realistisch an- oder ausspielen lässt, andererseits aber immer wieder Bühnenarbeiter und Maskenbildner den Darstellern die notwendigen Requisiten überreichen, Kulissenteile umherschieben oder vor allem die Autokarossen ständig rein- oder rausziehen müssen. Trotz dieser drehbar-aufwendigen Bühnenszenerie, trotz der raffinierten Autofahrten mittels Video und trotz der effektvoll arrangierter Ensemble-Nummern fügt sich die Inszenierung nicht zu einem kritischen und warnenden Volkstheater (gerade heute!), sondern lediglich zu einer bunt-pittoresken Show mit mehr oder weniger berührenden Momenten. Horváth entschärft und entgiftet.

Musikalisch wird der Abend von baltischen Dirigenten Hendrik Vestmann bestens geleitet, das Orchester der Komischen Oper bewährt sich in dieser Mischung unterschiedlichster Musikstile hervorragend und das Sängerensemble ist durchwegs gut bei Stimme, wenn auch nicht immer rollen-typisch besetzt. Tom Erik Lie als Alfred besitzt einen schönen Bariton aber kaum den Charme eines Strizzi. Mit seinem hellem Tenor bleibt Adrian Strooper als Metzger Oscar ein netter junger Mann ohne jede Bösartigkeit. Ursula Hesse von den Steinen spielt die abgebrühte „Trafikantin“ Valerie etwas klischeehaft, überzeugt aber durch prachtvollen Mezzosopran. Baß Jens Larsen verkörpert den „Zauberkönig“ als zwiespältig-schillernde Vaterfigur. In der winzigen Nebenrolle der Großmutter beweist Karen Armstrong ihre bekannte Bühnenpräsenz. Herausragend aber singt und spielt Cornelia Zink die zentrale Figur der Marianne: ein Sopran der (auch in extremen Höhen) leuchtenden und klaren Töne, darstellerisch treffend das Porträt einer zu Beginn lebenslustigen, am Ende durch schlimme Erfahrungen fast gebrochenen jungen Frau.

Freundlicher Beifall für alle Mitwirkenden einschließlich des anwesenden Komponisten, ein paar Buhs für die Regie und Ovationen für Cornelia Zink.

Premiere: 22.Mai 2016                                                                                                                    Foto: Iko Frese/drama-berlin.de/Komische Oper

Grau in Grau: ‚Morgen und Abend‘ in der Deutschen Oper Berlin***

4. Mai 2016TheaterkritikenNo Comments

Die Story: Im Morgengrauen wartet der Fischer Olai auf die Geburt seines Sohnes. Aus dem Nebenzimmer dringen ab und zu die Schreie seiner in den Wehen liegenden Frau. Olai vollzieht in Gedanken die Geburt des Sohnes mit. Die Hebamme überbringt die Nachricht vom glücklichen Ausgang: Mutter und Kind sind wohlauf. Wie soll der Sohn heißen? Johannes antwortet Olai. Viele Jahre später. Der Sohn Johannes hat sein Leben ebenfalls als Fischer verbracht. Jetzt – in der Abenddämmerung – ist er alt, sein toter Freund Peter, mit dem er gemeinsam auf Fang war, erscheint und plaudert mit ihm, ebenso sein tote Frau Erna. Als aber die (noch lebende) Tochter Sigune nach ihrem alten Vater schauen will, findet sie ihn mehr im Haus vor. Johnnes erkennt – gelassen und heiter -, daß er schon gestorben ist. Diese Geschichte erzählt der – vor einigen Jahren vielgespielte – norwegische Stückschreiber und Buchautor Jan Fosse in seinem im Jahr 2000 erschienen Roman „Morgen und Abend“, den er selbst für den österreichischen Komponisten Georg Freidrich Haas(geb.1953) zum Libretto umgestaltet hat. Haas hat – im Auftrag von Covent Garden London und der Deutschen Oper Berlin – ein zweiteiligen, aber pausenlos ineinander verschränktes Musiktheater von rund 90 Minuten Länge geschaffen. Die durchaus harmonisch empfundene Musik besteht aus langen, oszillierenden Klangflächen, die mal laut, mal leise an- und abschwellen, sich über kaum wahrnembare Viertel- oder Sechzehntel Tonstufen hoch- oder in die Tiefe schrauben. Darüber in gemäßigter Deklamation die Sänger-Darsteller, manchmal mit ariosen Einschüben. Zwei umfangreiche Schlagwerke, die rechts und links neben der Bühne aufgebaut sind, sorgen immer wieder für laut und kräftig dazwischen fahrende Akzente. Doch so vielschichtig und farbenreich die Partitur im Detail ausgearbeitet ist, insgesamt bleibt sich der Eindruck beim Zuhörer/schauer über die ganzen anderthalb Stunden recht ähnlich und scheint sich in leicht abgestuften Wiederholungen zu verlieren. Die Bühne ist ein offener, nur karg bestückter Raum mit heller Rückwand, auf die der deutsch-gesungene Text in unterschiedlichen Zeilen- und Buchstabenformen projeziert werden (und wegen ihrer Helligkeit nur schwer zu lesen sind). Eine frei stehende Türe, ein Bett, ein Stuhl und ein Boot – alles Grau in Grau. Ebenso farblos die Kostüme, deren einfacher Schnitt den 1950er Jahren entstammen könnte (Ausstattung: Richard Hudson). Graham Vick, der für die Inzenierung in London wie Berlin zeichnet, führt die Personen einsichtig, ruhig und klar, Dramatisches bleibt außen vor, karge Aktion in matter Farbe beherrscht die sich im Schneckentempo bewegende Dreh-Bühne. Olai, der Vater, der die Geburt seines Sohne verfolgt, ist als Sprechrolle angelegt: Klaus Maria Brandauer zeichnet ihn mit melodramatisch gesetztem Akzent als leicht dementen alten Mann. Dem in seinen Tod wandelnden Sohn Johannes verleiht der Sänger Christoph Pohl mit seinem (für diese Rolle) fast zu kräftig-kernigen Bariton markante Züge. Von den kleinen Nebenrollen wirkt Sarah Wegener als Hebamme am überzeugendsten (in ihrer zweiten Rolle als Tochter bleibt sie blasser), Will Hartmann ist der tenorale, tote Freund, Helena Rasker die verstorbene Ehefrau. Michael Boder leitet den unsichtbaren, Vocalisen singenden Chor (Einstudierung: William Spaulding) und das im Graben befindliche Orchester sorgt – zusammen mit den Akteueren auf der Bühne – für einen ausgeglichenen und ansprechenden Gesamteindruck dieser deutschen Erstaufführung von Georg Friedrich Haas‘ neuer Oper. Musiktheater zum Thema Tod, ohne jede religiöse Überhöhung, aber auch ohne „theatraliches“ Leben: purer Minimalismus, Grau in Grau. Premiere:29.April; weitere Vorstellungen: 03.,11.,22.Mai 2016

Grau in Grau: ‚Morgen und Abend‘ in der Deutschen Oper Berlin***

4. Mai 2016AllgemeinNo Comments

Die Story: Im Morgengrauen wartet der Fischer Olai auf die Geburt seines Sohnes. Aus dem Nebenzimmer dringen ab und zu die Schreie seiner in den Wehen liegenden Frau. Olai vollzieht in Gedanken die Geburt des Sohnes mit. Die Hebamme überbringt die Nachricht vom glücklichen Ausgang: Mutter und Kind sind wohlauf. Wie soll der Sohn heißen? Johannes antwortet Olai. Viele Jahre später. Johannes hat sein Leben ebenfalls als Fischer verbracht. Jetzt – in der Abenddämmerung – ist er alt, sein toter Freund Peter, mit dem er gemeinsam auf Fang war, erscheint und plaudert mit ihm, ebenso sein tote Frau Erna. Als aber die Tochter Sigune nach ihrem alten Vater schauen will, findet sie niemanden mehr im Haus vor. Johnnes erkennt, daß er gestorben ist – heiter und gelassen. Diese Geschichte erzählt der – vor einigen Jahren vielbeachtete – norwegische Stückschreiber und Buchautor Jan Fosse in einem Roman, den er selbst für den österreichischen Komponisten Georg Freidrich Haas zum Libretto umgestaltet hat. Haas hat – im Auftrag von Covent Garden London und der Deutschen Oper Berlin – ein zweiteiligen, aber pausenlos ineinander verschränktes Musiktheater von rund 90 Minuten Länge geschaffen. Die durchaus harmonisch empfundene Musik besteht aus langen, oszillierenden Klangflächen, die mal laut, mal leise an- und abschwellen, sich über kaum wahrnembare Viertel- oder Sechzehntel Tonstufen hoch- oder in die Tiefe schrauben. Darüber in gemäßigter Deklamation die Sänger-Darsteller, gelegentlich mit ariosen Momenten. Zwei umfangreiche Schlagwerke, die rechts und links neben der Bühne aufgebaut sind, sorgen immer wieder für laut und kräftig dazwischen fahrende Dramatische Akzente. Doch so vielschichtig und farbenreich die Partitur im Detail ausgearbeitet ist, der Gesamt-Höreindruck bleibt über die ganzen anderthalb Stunden sich ähnlich, scheint sich in leicht abgestufter Wiederholung zu verlieren. Die Bühne ist ein offener, nur karg bestückter Raum mit heller Rückwand, auf die der deutsch-gesungene Text in unterschiedlichen Zeilen- und Buchstabenformen projeziert werden (und wegen ihrer Helligkeit nur schwer zu lesen sind). Eine frei stehende Türe, ein Bett, ein Stuhl und ein Boot – alles Grau in Grau auf dem sich im Scheckentempo drehenden Boden. Ebenso die Kostüme, deren einfacher Schitt den 1950er Jahren entstammen könnte (Ausstattung: Richard Hudson). Graham Vick, der für die Inzenierung in London wie Berlin zeichnet, führt die Personen einsichtig, ruhig und klar, Dramatisches bleibt außen vor, karge Aktion in blasser Farbe beherrscht die Bühne. Olai, der Vater, der die Geburt seinen Sohne verfolgt, ist als Sprechrolle angelegt: Klaus Maria Brandauer verleiht ihr mit melodramatischen Akzent leicht demente Züge. Dem in den Tod wandelnden Sohn Johannes verleiht der Sänger Christoph Pohl mit seinem (für eine alten Mann) fast zu kräftig-kernigen Bariton markante Züge. Von den kleinen Nebenrollen wirkt Sarah Wegener als Hebamme am überzeugendsten (in der Rolle der Tochter bleibt sie blasser), Will Hartmann ist der tenorale, tote Freund, Helena Rasker die verstorbene Ehefrau. Michael Boder leitet den unsichtbaren, Vocalisen singenden Chor und das im Graben befindliche Orchester und sorgt für – zusammen mit den Akteueren auf der Bühne – für einen ausgeglichenen und ansprechenden Gesamteindruck dieser deutschen Erstaufführung von Georg Friedrich Haas‘ neuer Oper. Musiktheater zum Thema Tod, ohne jede religiöse Überhöhung, aber auch ohne „theatraliches“ Leben: purer Minimalismus, Grau in Grau.

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