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Monat: Mai 2017

Kunstvolle Ekstase: ‚Medea‘ in der Komischen Oper****

22. Mai 2017TheaterkritikenNo Comments

Aribert Reimanns jüngste Oper „Medea“ wurde 2010 als Auftrag des Hauses an der Wiener Staatsoper erfolgreich uraufgeführt, jetzt ist die Tragödie erstmals in seiner Heimatstadt Berlin – und zwar in der Komischen Oper –  zu sehen.  Als Vorlage und Text dient Reimann das gleichnamige Stück von Franz Grillparzer, das im Gegensatz zum Schauspiel des  Euripides oder der Oper von Cherubini nur noch selten gespielt wird. Grillparzer endet damit, daß Medea nach der Tötung ihrer beiden Kinder das geraubte Goldene Fließ an seinen Ursprungsort Delphi zurückbringen und sich dem Urteil der dortigen Priester stellen will.

Reimann sieht hier Paralellen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Seine Einrichtung dieses Stoffes wird zu einer Kammeroper für sechs Solisten und großes Orchester. Wie immer konzentriert sich der vielgespielte Komponist auf die Möglichkeiten der menschliche Stimme und entwickelt besonders für Medea und ihren treulosen Mann Jason sehr viruose, wild gekurvte Gesangspartien, die vom Orchester durch volle Streicher- oder heftige Schlagwerk-Akkorde kraftvoll akzentuiert oder gar kommentiert werden. Dabei gehen die Koloratur-gespickten, deklamatorisch-geprägten Gesangslinien bis an die Grenzen der stimmlichen Bereiche, jedoch nie darüber hinaus, so daß fast der Eindruck einer unkonventionellen „Belcanto“-Oper entsteht. Auch wenn diese stimmliche Virtuosität gelegentlich auf Kosten des musikalischen Ausdrucks geht.

Entsprechend diesen Vorgaben stehen die Sänger im Mittelpunkt der Aufführung an der Komischen Oper. Nicole Chevalier verkörpert diese Medea mit größter Intensität, meistert harsche Intervall-Sprünge und höchste Spitzentöne mit vollen, runden Sopranklang und weicher, leichter Stimme. Ihr ebenbürtig – auch wenn die Rolle einfacher angelegt ist – der Jason von Günter Papendell, der mit einem kraftvollen, wohlklingenden Bariton einen schwachen Menschen darstellt.. Im übrigen Ensemble bewähren sich Anna Bernacka als blonde Rivalin Kreusa, Nadine Weissmann als zurückhaltende Amme Gora und der Counter-Tenor Eric Jurenas in der merkwürdig kostümierten Rolle des Herolds (Minirock und Glatze!). Der Dortmunder Generaldirigent Steven Sloane, bewährt für zeitgenössische Musik, koordiniert straff und souverän die komplexen Abläufe zwischen Solisten und den konzentriert spielenden Musikern, zwischen Bühne und dem bis ins Parkett erweiterten Orchestergraben.

Der australische Regisseur Benedict Andrews – vielbeschäftigt in Sidney, London und Berlin (an der Schaubühne) – pendelt in seiner Inszenierung zwischen Abstaktion im Dekor, psychologischer Personenführung und allerlei symbolistischen Details. Johannes Schütz hat die dunkle Bühne fast leer geräumt, aber den Boden mit viel grobem Mulch bedeckt, in dem Medea nicht nur das Goldene Vließ vergräbt, sondern  auch ihren rötlichen Kopf-Schleier, den sie auf Geheiß Jasons ablegen muß. Daß die beiden Kinder nur als Puppen herumgetragen werden, überzeugt ebensowenig wie die merkwürdige Neon-Lampe, die auf halber Höhe ganz langsam an einer dünnen Strippe zweieinhalb Stunden lang über die Bühne gezogen wird.

Trotz (oder wegen?) der außergewöhnlichen, musikalischen und darstellerischen Kunstfertigkeit, läßt diese „Medea“ über weite Strecken hin kalt. Erst in der letzten Szene, wenn nach der Ermodung der Kinder Jason verzweifelt am Boden liegt und Medea sich langsam rückwärts in den dunklen Hintergrund bewegt, wird die Musik leise und sanft, wandelt sich das laute und grauenvolle Geschehen zu einem  großen lyrisch-innigen,  fast zärtlichen  Moment:  ein Ende, das berührt.

Nebulös: ‚Der fliegende Holländer‘ in der Deutschen Oper Berlin**

13. Mai 2017TheaterkritikenNo Comments

Holländer DOBSchon zu Beginn der Ouvertüre fährt der glatte, graue Vorhang in die Höhe und gibt den Blick frei auf einen großen, dunkeln Raum. Nebel wallen vom Bühnenhimmel herab, Regen tropft laut in die Musik hinein. Am Boden kauert eine kaum erkennbare, männliche Gestalt offenbar von bösen Erinnerungen heimgesucht. Es ist – wie später klar wird – der Jäger Erik im grünen Wams, der nach Ende des Vorspiels an der Bühnenseite sitzen- oder stehen bleibt und das soeben erlebte Drama um den fremden Seemann und seine Braut Senta gleichsam in einer großen Rückblende nocheinmal miterlebt.

Richard Wagners „Fliegender Hollander“ (UA Dresden,1843) diesmal nicht wie schon öfters aus Sicht Sentas sondern aus der ihres Verlobten Eriks. Neue Erkenntnis über das eigenwillige Erlösungsdrama bringt das aber kaum.

Dafür spielten sich die Ereignisse zweieinhalb pausenlose Stunden in Dämmerlicht und Bühnennebel ab, nur ab und zu von grellen Lichtblitzen durchzuckt. Sentas Stube ist eine Art (zum Zuscher hin) offenes Zelt aus Segeltuch, wo sich dunkel gekleideten Frauen heftigst an alten Nähmaschinen betätigen. Sie und auch die ebenfalls dunkel kostümierten Matrosen bilden meist blockartige Gruppen, die fast tänzelnd gegen einander verschoben werden: der Regisseur Christian Spuck ist nämlich im Hauptberuf Chef des Balletts in Zürich. Verstärkt durch Komparsen inszeniert er hier gleichsam ‚düster-expressionistisches‘ Tanztheater.

Die übrigen Personen wie Kapitän Daland, seine Tochter Senta, der meist Kapuzen tragende Holländer sowie der gelegentlich sich einmischende Erik singen und spielen eher konventionell an der Rampe, wo sie immerhin klare Sicht in den Orchestergraben haben. Dort waltet Generaldirigent Donald Runnicles seines Amtes mit viel Gespür fürs dramatische Geschehen im feuchten Bühnennebel, zwar recht pauschal und aber bestens unterstützt von seinem Orchester, das die häufig gespielte Wagner-Partitur sicher beherrscht.

Der Koreaner Samuel Youn gilt als einer der führenden Interpreten des Holländers, litt in den ersten Vorstellungen jedoch unter leichter Indisposition, auch fehlt ihm darstellerisch die bühnen-beherrschende Ausstrahlung. Die Schwedin Ingela Brimberg bietet als Senta eine attraktive Figur und gleisenden Stahl in der Kehle – und muß am Ende diesmal durchs Messer sterben. Thomas Blondelle spielt den verzweifelten Liebhaber Erik mit Ausdruck und Tobias Kehrer überzeugt als Daland durch seinen runden Baß. Der Chor der Deutschen Oper zeigt sich durch die choreografische Regie zwar ungewohnt beweglich, doch musikalisch bleiben einige Wünsche offen – zu robust, zu laut.

Dieser neuer „Fliegende Holländer“ – grau in grau – ist zwar kein totaler Schiffbruch, aber doch recht unsanft gelandet –  oder gestrandet.

Foto: Ingela Brimberg als Senta / c. Thomas Jauk /Deutsche Oper Berlin

Premiere: 7.Mai, weitere Vorstellungen: 11./16./20.Mai // 4./10.Juni 2017

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