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Monat: Dezember 2010

Anregender Einblick: ‚La danse – Das Ballett der Pariser Oper‘ von Frederick Wiseman****

31. Dezember 2010FilmkritikenNo Comments

Zweieinhalb-stündiger Dokumentarfilm über das Ballett der Pariser Oper. Einblicke in das tägliche Training der Tänzer, in das vielfältige Wirken der Werkstätten und des Managements. Man erlebt die harte Arbeit der Solisten wie des Ensembles, begleitet sie sowie ihre Lehrer und Choreographen von der ersten Probe bis zur Premiere einer Produktion. Man sieht wie Kostüme entworfen und genäht werden, wie die passenden Perücken und Requisiten gesucht und in den riesigen Magazinen gefunden werden. Man wird auch mit den Schwierigkeiten und Problemen einzelner Tänzer konfrontiert, beobachtet sie im Gespräch mit Kollegen oder der überaus wortgewandten Direktorin der Truppe. Und man wird Zeuge, wie diese Chefin geschickt verhandelt: sowohl mit neu zu engagierenden Choreographen, Bühnenbildnern, Musikern  – meist (sensible) Berühmtheiten der internationalen Szene – , aber auch mit den gestandenen Leitern der einzelnen Abteilungen des Hauses und vor allem – sehr köstlich! – mit den cleveren Leuten des Marketings : wie Sponsoren – vorzugsweise reiche Amerikaner – gefunden und gewonnen werden und was man ihnen für ihr finanzielles Engagement als Gegenleistung bieten muss (bevorzugte Zuschauerplätze, Partys mit den „Etoiles“ u.ä.).
Vor allem aber hat man die seltene Gelegenheit das Innenleben des berühmten „Palais Garnier“ mit seinen vielen Räumen und verzweigten Gängen kennenzulernen, das historischen Haus der Pariser Oper – auch wenn manche der Produktionen im modernen Gebäude an der Place Bastille aufgeführt werden.
Autor dieser spannenden Blicke hinter die Kulissen des Pariser Balletts (als Institution unabhängig von der in den gleichen Häusern arbeitenden „Opera“) ist der Amerikaner Frederick Wiseman. Berühmt für seine Methode, den Filmdokumenten keinerlei schriftlichen oder verbalen Kommentar hinzuzufügen. Er zeigt nur die direkt gefilmten (und äusserst geschickt montierten) Bilder, verzichtet aber auf jede zusätzliche Erklärung oder gar Analyse. Der Zuschauer soll sich selbst seine Meinung über das Gezeigte bilden.
Wiseman, geboren 1930, ursprünglich Rechtsanwalt in Boston, drehte seit 1967 in den USA viele abendfüllende, lange  Dokumentarfilme  u.a. über  Schulen, Gefängnisse, Model-Agenturen, Gerichte oder  – sein neuestes Werk -  über einen Box-Club. 
Doch so belehrungsfrei und undogmatisch Wiseman’s Methode ist, weil sie nie direkt den Zuschauer ideologisch überzeugen oder beeinflussen will, so hat diese speziellen Art des rein beobachtenden Dokumentarfilms auch ihre Grenzen. Im Fall des Balletts der Pariser Oper zeigt die Dokumentation zwar den ganzen, faszinierenden Organisations- und Produktions-Apparat, der erst die grossen Tanzabende möglich macht – worin aber das tänzerische Profil und die künstlerische Qualität dieses Ensembles und seiner einstudierten Werke besteht, kann der Film nicht erklären. Denn hierzu wären fachliche Deutung und kritische Wertung nötig.
Ob die im Repertoire befindlichen Klassiker nur verstaubte Museums-Stücke sind, ob die modernen Werke mehr als nur modischen Chic bieten, kurz: ob das Ballet der Pariser Oper immer künstlerisch  Un-oder Aussergewöhnliches leistet, dies vermag der Film nicht zu zeigen.  Auch sind die eingefügten Ausschnitte aus Arbeiten von Rudolf  Nurejew (Nussknacker),  Pierre Lacotte (Paquita),  Mats Ek (Bernarda Albas Haus) oder Sascha Waltz (Romeo und Julia) viel zu kurz, um ihre künstlerische Bedeutung und Qualität einschätzen zu können.
Dennoch : als Einblick hinter den Vorhang einer der grössten und berühmtesten Tanz-Bühnen
der Welt und der dort hart arbeitenden Menschen strahlt Frederick Wiseman’s umfangreiche Dokumentation grösste Faszination aus. Und weckt möglicherweise auch neues Interesse für die flüchtige Kunst des Tanzes.

Poster/ Verleih: Kool

zu sehen: fsk (OmU), Hackesche Höfe Kino (OmU); nur Matinee: International, Cinema Paris

Ins Abseits gestylt: ‚The Rake’s Progress‘ in der Staatsoper (im Schillertheater)*

30. Dezember 2010TheaterkritikenNo Comments

Igor Strawinsky’s englische Oper „The Rake’s Progress“ (Libretto: H.W.Auden und Chester Kalman) wurde 1951 mit grossem Erfolg in Venedig uraufgeführt – eine raffinierte Mischung aus alten Formen und zeitgemässem Ausdruck. Mozart,  Rossini,  Bellini standen musikalisch Pate, kontrastiert oder gebrochen vom typisch „tockenen“ Strawinsky-Ton. Die Bewunderung für das Vergangene trifft auf die ironischen Haltung der Gegenwart. Die Musik bleibt tonal, aber das kleine Orchester würzt mit schrägen Klängen und Rhythmen;  das Libretto schillert zwischen nüchternem Sentiment, frecher Ironie und bissiger (Gesellschafts-)Satire.
Erzählt wird im Stil einer englischen Moritat vom faustischen Pakt zwischen dem naviven Land-Ei Tom Rakewell und dem teuflichen Verführer Nick Shadow. Tom verlässt Heimat und seine geliebte  Anne, verliert sich im Londoner Lasterleben, das ihm geschickt Nick Shadow ermöglicht;  doch als der Pakt nach einem Jahr böse endet, verliert Tom den Verstand und stirbt im Irrenhaus – auch Anne’s unverbrüchliche Treue kann ihn nicht zu retten. Die augenzwinckernde Moral: „Wo Faule sind auf dieser Welt, der Teufel find’t sein Feld bestellt“.
Die Neuinszenierung der Staatsoper wurde dem – als Starregisseur gehandelten – Polen Krzysztof Warlikowski anvertraut, dessen französische Paraphrase auf Tenessee Williams „Endstation Sehnsucht“ vor einigen Wochen (innerhalb der Gastspielreihe „Spielzeit Europa“) allein durch die grossartige Isabelle Huppert gerettet wurde. Auch bei Strawinsky:  weniger eine Interpretation der Vorlage als eine modisch gestylte Performance zu einigen Aspekten der Oper – meist sehr schräg und eigenwillig.  Strawinskys spielerisches Zitieren vorgefundener Formen und ihr Kombinieren mit Gegenwärtigem findet keinerlei szenische Entsprechung, dafür vage und oft unverständliche Andeutungen von allerlei modischen Ideen und Maschen. Warum z.B. muss der Vater von Anne hier an ihr ein sexuelles Interesse haben?  Was soll die schwule Komponente zwischen Tom, Nick und den vielen Drag-Queens ?  Welche Absicht verfolgt in der Auktions-Szene der herumkletternde Spiderman ? Was bringt der altmodische Regie-Gag, das Ganze sei eine  TV-Aufzeichnung ?  Ohne Kenntnis der Librettos dürfte kaum ein Zuschauer die Story noch ihre Ausdeutung kapieren.
Die offene Bühne ist ein dunkler Kasten mit schwarz-glänzendem Boden, gerahmt von spiegelnden Türen und farbigen Neonröhren, einem Disco-Club ähnlich.  Im oberen Teil des Hintergrunds ein bühnenbreiter Rang, auf dem der Chor sitzt, der gelegentlich singend kommentiert, manchmal auch kleine Spielchen untereinander treibt. Tom ist in Gestalt von Tenorbuffo Florian Hoffmann ein schlacksiger Junge in Jeans und Turnschuhen, Nick Shadow – von Gidon Saks mit kraftvollem Bass-Bariton vital verkörpert – ähnelt zunächst einer Kopie von Andy Warhol, die treue Anne gleicht eher einer Grossstadt-Göre als einem einfachen Mädchen vom Land – die mit klarem Sopran singende Anna Prohaska  hat deshalb darstellerisch sichtlich Schwierigkeiten einen stimmigen Charakter zu formen . Und ob es ein glücklicher Einfall war, die Rolles der Türken-Bab (einem Jahrmarkts-Monster) mit dem schmalen Counter-Tenor  Nicolas Zielinski zu besetzen, mag dahingestellt sein.
Leider kann Dirigent Ingo Metzmacher die bunte, aber flache Aufführung nicht wirklich retten, zu sehr muss er sich bemühen, die oft ungünstig platzierten Darsteller, den weitentfernten Chor und die – trotz schöner Details eher brav spielende – Staatskapelle „unter einen Hut zu bringen“,  zu sehr lenken die vielen Aktionen, Videobilder und Camcorder-Fahrten von der Musik ab – Metzmacher kommt dagegen kaum an: die Musik bildet nicht das Zentum des Spektakels, erfährt deshalb auch keine persönlich-prägende Interpretation.
Alte Erfahrung: Prominente Namen allein sind keine Garantie für eine gelungene Aufführung.

Foto: Ruth Walz/Staatsoper

Nett und belanglos: ‚Ich sehe den Mann deiner Träume‘ von Woody Allen ***

29. Dezember 2010FilmkritikenNo Comments

„Sie werden einem grossen, dunklen Fremden begegnen“ („You Will Meet A Tall Dark Stranger“ -so der Originaltitel)  raunt die Wahrsagerin der frisch geschiedenen, ältlichen Helena zu, deren vermögender Gatte Alfie auf seine alten Tage noch einmal seine Manneskraft mit Hilfe einer jungen Blondine erproben möchte. Tochter Sally arbeitet in einer schicken Galerie, ihre bisher gewollt-kinderlose Ehe mit dem Erfolgs-Autor Roy jedoch kriselt, zumal dessen neuer Roman vom Verleger gerade abgelehnt wird. Roy sucht deshalb Trost bei der gegenüber wohnenden Musikstudentin Dia, die daraufhin ihre bevorstehende Hochzeit mit einem Brüssler Jung-Diplomatem zum Entsetzen der beiden Familien platzen lässt …
Liebes- und Eheprobleme unter gut situierten Mittelständlern im heutigen London. Am Ende scheint die Wahrsagerin fast Recht zu behalten: Helena trifft zwar nicht den geheimnisvollen, dunklen Fremden, aber einen kleinen Dicken ihres Alters, der ebenso an die esoterischen Fügungen glaubt wie sie. Demgegenüber landen die eher nüchtern denkenden und handelnden Personen wie Sally, Roy, Alfie oder Dia bei ihrer anstrengend-turbulenten Jagd nach dem Glück im Aus: Partner fort, Ehe futsch – was nun?
Mit filmischer Eleganz verfolgt Woody Allen seine Protagonisten bei deren Suche nach dem richtigen Partner durch ein sommerlich-mondänes London, schildert mit Witz und Ironie wie Paare aller Generationen Schein und Wirklichkeit verwechseln. Doch so richtig zünden wollen die verschiedenen, lose miteinander verbundenen Geschichten nicht – eine Erzähler-Stimme aus dem Off muss alles zusammenhalten. Man amüsiert sich über geschliffene Dialoge und satirische Details, aber je länger die diversen Ehe- und Sex-Geplänkel sich hinziehen, je uninteressanter und langweiliger erscheint dieses – oft komische und meist vergebliche -  Hasten nach dem persönlichen Glück.
Was den Film dennoch ansehnlich macht, ist das von Woody Allen mit wunderbarem Gespür zusammengestellte Star-Ensemble. Jede Rolle perfekt besetzt, ist es eine Wonne, dem Spiel der unterschiedlichen Typen zuzusehen. Gemma Jones als ängstlich-unsichere Helena, der Esoterik wie dem Wisky zugeneigt;  Anthony Hopkins als viagra-schluckender Möchtegern-Macho Alfie; Naomi Watts, eine nervös zwischen Galerie-Ehrgeiz und Ehe-Pflichten lavierende Sally;
Josh Brolin überzeugt als bulliger Versager-Autor Roy,  Antonio Banderas als elegant-glatter Galerist;  Freida Pinto zeigt gute Figur als exotisch-hübsche Gitarrenspielerin ebenso wie Lucy Punch als scharf-kalkulierende, blonde Nutte.
Man kann sich diesen neuen Woody-Allen-Fim ansehen, man muss es aber nicht. Scherz, Satire. Ironie – hier ohne tiefere Bedeutung.

Poster/Verleih:Concorde

zu sehen: u.a CineStar im Sony Center (OV); Babylon Kreuzberg (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Filmkunst 66; CinemaxX Potsdamer Platz; Kino in der Kulturbrauerei

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