Rainer Allgaier

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Monat: September 2013

Zwölfton-Petitesse: ‚Vertrauenssache‘ in der Schiller-Werkstatt (Staatsoper)***

26. September 2013TheaterkritikenNo Comments

1945 erhielt der emigrierte, österreichische Komponist Ernst Krenek (1900-1991) in New York von der Metropolitan Opera den Auftrag für eine kleine, musikalische Komödie. Krenek schrieb noch im gleichen Jahr das nur knapp 45 Minuten lange Stück „What Price Confidence“, in dem zwei Paare im London der Jahrhundertwende über Ver- und Misstrauen diskutieren, einen falschen Scheck und teuren Schmuck einlösen und anschliessend den Partner tauschen. Doch die in modernen Musik-Stilen komponierte Komödie wurde nie von der Metropolitan gezeigt, erst 1962 fand die Uraufführung in Saarbrücken statt – vom Komponisten selbst unter dem Titel „Vertrauenssache“ ins Deutsche übertragen.
Die jetzt von der Staatsoper in der Schiller-Werkstatt erarbeitete Neuinszenierung versucht erfolgreich die scheinbare Kluft zwischen der leichten, amerikanisch-geprägten ‚Screwball-Comedy‘ und der kaum melodiösen, nur gelegentlich ironisch gebrochenen Zwölfton-Musik zu überwinden – und das mit einigem Erfolg. Regisseur Neco Celik hält die beiden Sänger-Paare (Narine Yeghiyan und Timothy Sharp, Maria Hilmes und Kim Schrader) -  in einem weissen Kubus und auf einem schrumpeligen Bodenbelag aus Styropor  -  zu ins Komische und Groteske getriebenen Posen und Bewegungen an, mal aufgeplustert erstarrt wie Bodybuilder, mal gespreizt schreitend wie ein Storch. Dadurch wird der herkömmliche Boulevard-Komödien-Realismus vermieden und reibt sich nicht an der dodekaphonen Musiksprache, sondern ergänzt sie vielmehr auf hübsch-witzige Art. Wie schon urspünglich in New York vorgesehen, wird das Orchester durch einen Flügel ersetzt – Günther Albers leitet von diesem Instrument aus das musikalische Geschehen mit Temperament und spieltechnischer Überlegenheit. Herzlicher Beifall für alle Mitwirkenden.
Keine bedeutende Entdeckung, aber verdienstvolle Erinnerung an einen von den Nazis vertriebenen, nur noch selten gespielten Musiker.

Foto: Stephanie Lehmann/Staatsoper Berlin

Premiere war am 21.9. – weitere Vorstellungen: 25./28./29.September/ 5./6.Oktober 2013

Gefährliche (Sex-)Spiele: ‚Der Fremde am See‘ von Alain Guiraudie****

25. September 2013FilmkritikenNo Comments

Südfrankreich. Hochsommer. Ein abgelegener, türkisfarbener See in einem Waldgebiet. Nackte Männer am hellen Kiesstrand. Sie sonnen, schwimmen oder langweilen sich, haben schnellen Sex im dahinterliegenden Wald. Franck (Pierre Deladonchamps), ein junger Mann, der täglich hierherkommt, lernt Henri (Patrick d’Assumcao) kennen, einen immer abseits sitzenden, etwas dicklichen Sonderling, der offensichtlich am sexuellen Treiben kein Interesse hat – stattdessen führen die beiden freundliche Gespräche. Francks erotischer Blick richtet sich dagegen auf den typischen Schwulen-Schönling Michel (Christophe Paou); doch muss er eines Abends beobachten, wie dieser einen Freund beim Schwimmen umbringt. Franck schwankt zwischen Entsetzen und Begehren, als am Tag darauf Michel ihn anmacht. Auch als die Leiche entdeckt wird und ein Polizei-Inspektor Nachforschungen aufnimmt, verrät Frank nichts. Aber die zunächst so heitere Atmosphäre am See beginnt zu kippen: die Polizei scheint mehr zu wissen, als Franck lieb ist, und auch der scheinbar unbeteiligte Henri macht seltsame Bemerkungen…
Dem französischen Regisseur Alain Guiraudie ist ein kleiner, raffinierter Thriller gelungen, der psychologisch Untergründiges in schönen, heiteren Bilder sichtbar werden lässt. Der Film konzentriert sich ausschliesslich auf einen einzigen Ort – den Strand am See und das dahinterliegende Wäldchen. Es gibt keine dramatisierend unterlegte Musik, nur das Rauchen des Windes, Vogelschreie, das Plätschern der Wellen oder – einmal – das laute Geräusch des die Leiche suchenden Helicopters; sonst nur das Plaudern der Männer am Strand oder ihr leises Stöhnen beim Sex. Erzählt wird die Geschichte  in langsamen und ruhigen Bildern, die sich im Verlauf des Films ziemlich verdüstern – vom sonnenüberflutenden Bade-Idyll des Beginns bis zum tragischen Ende in nachtsschwarzer Finsterniss. Dabei wechseln immer wieder (und fast unmerklich) distanziert beschreibende, objektive Bild-Sequenzen mit einem sujekiven Kamera-Blick, der zeigt, wie Franck das Geschehen erlebt – seien es die breit ausgespielten Sex-Szenen, Natur-Aufnahmen oder die sich plötzlich rasch entwickelnden, dramatischen Geschehnisse. Der Schwachpunkt des Films ist allein die Schluss-Lösung des Krimi-Plots mit ihren unerwarteten Doppel-Morden – hier wirkt das Psycho-Drama über sexuelle Gier und tödliche Gewalt überzogen und reichlich konstruiert. Und auch der ‚offene‘ Schluss bleibt deshalb dramaturgisch unbefriedigend.
Dennoch – von diesen letzten 10 Minuten abgesehen – ist dieser „Fremde am See“ ein intelligent  inszenierter  und spannender Psycho-Krimi  – auch wenn er in einem für den Durchschnitts-Kinogänger etwas absonderlichen Milieu angesiedelt ist.

Foto/Poster: Alamode Film Verleih

zu sehen: Cinema Paris (OmU); International (OmU); Neues Off (OmU); Odeon (OmU); Filmtheater am Friedrichshain; Kant-Kino; Yorck-Kino

Schriller Kinder-Geburtstag: ‚Ein Sommernachtstraum‘ in der Komischen Oper Berlin**

16. September 2013TheaterkritikenNo Comments

Statt des Shakepeare’schen Zauberwaldes: eine steile Felsenschlucht mit dunklen Höhlen. Oberon und Titania, in blass-blauer Seide, streiten sich nicht um einen schönen Knaben, sondern um eine winzige Baby-Puppe, ihr Hofstaat, die Elfen (vom Komponisten für Kinderchor geschrieben) gleichen einer verhuschten Schar greisenhafter Liliputaner. Puck ist ein grauhaariger Herr in kurzen Hosen, der einem Plüsch-Teddybär das rote Herz entreisst und mit dessen Blut für die Liebes-Verwirrung bei Titania und den beiden jungen – hier in die Steinwüste geflohenen – Liebespaaren bewirkt. Die Handwerker, die für die fürstliche Hochzeit das (scheinbar) tragische Spiel von ‚Pyramus und Thisbe‘ proben, erweisen sich als schräge Totengräber, die die vielen herumgeworfenen und malträtierten Kuschel-Teddys unter die Erde bringen. Und wenn sich dann nach zwei langen Akten die Verwechslungen wieder gelöst und die in Windeseile gealterten Paare gefunden haben, dürfen alle – vor nacht-schwarzer Wand – einen grellen Kindergeburtstag feiern: in pop-bunten Hängerchen und mit grotesken Schleifen im Haar. Während Zettel und seine Kumpel – jetzt in schwarzen Trikots mit weiss aufgemaltem Skelett – dazu einen deftigen Komödien-Stadl vorführen.
Benjamin Brittens „Sommernachtstraum“, 1960 bei seinem eigenen Festival in Aldeburgh uraufgeführt und kurz darauf in einer berühmten Inszenierung von Walter Felsenstein an der Komischen Oper nachgespielt, ist bestimmt nicht sein bestes Bühnenwerk. Aber eine durchaus ansprechende und repertoire-taugliche Oper, die vor allem mit vielen lyrisch-zarten Passagen bezaubert.  Das Orchester der Komischen Oper unter der Leitung von Kristiina Poska kostet solch fein instrumentierte Passagen delikat aus, weiss aber auch das grosse Sängerensemble an den dramatischen Höhenpunkten kraftvoll zu unterstützen. Ein bisschen pauschal und vordergründig bleibt allerdings alles, das Raffinement, auch das Geheimnisvolle von Brittens Sommernacht ist nicht immer hörbar.
Die vielen Sänger haben es in dieser Oper schwer, individuelles Profil zu entwickeln.  Am überzeugensten gelingt es dem quick-lebendigen Zettel des Stefan Sevenich oder der sopran-flinken Titania von Nicole Chevalier. Doch als  Ensemble-Leistung (einschliesslich des prächtigen Kinderchores) bestätigt der Abend durchaus überzeugend das hohe Niveau des Hausen in der Behrenstrasse.
Leider lässt sich das von der Regie des Gastes aus Lettland, Viestur Kairish, nicht sagen. Viele Einfälle, die als Ideen klug oder einsichtig wirken, verpuffen bei ihrer Umsetzung ins Unklare oder Alberne. Und gelegentlich sogar ins Dümmlich-Zotige, etwa das Spiel mit Zettels überlangem Penis als Esel. Aus dem vielschichtigen und doppeldeutigen „Sommernachtstraum“ wird so ein kruder Mix aus übersteigerter Groteske, verquaster Küchen-Psychologie und plattem Schwank. Bei drei Stunden Spieldauer ziemlich ermüdend. Schade.

Foto: Komische Oper Berlin

nächste Vorstellungen: 21./29.Sept.//4./10./26.Okt.2013

Solide: ‚Nabucco‘ in der Deutschen Oper Berlin***

13. September 2013TheaterkritikenNo Comments

Wer kennt ihn nicht, den berühmten Chor der gefangenen Hebräer aus Verdis früher Oper über den wahnsinnig werdenden, babylonischen Herrscher Nebukatnezar: „Va, pensiero, sull’ali dorate“ (gebräuchliche deutsche Übertragung: ‚Flieg Gedanke, von Sehnsucht getragen‘)?
Die Popularität dieser grandiosen Chor-Nummer sichert dem ansonsten etwas kruden Musikdrama seine dauerhafte Präsenz auf den Bühnen der Welt – seit seiner triumphalen Uraufführung an der Mailänder Scala im März 1842. Verdi war damals ein noch relativ unbekannter Komponist, dem der dortige Impressario ein von anderen bereits abgelehntes Textbuch zu Vertonung überliess – und Verdi nutzte seine Chance.
Die recht unwahrscheinliche Story mischt biblische Geschichte mit allgemein-menschlichen und politischen Motiven, zeigt wie der Tempel in Jerusalem zerstört und die Juden in babylonische Gefangenschaft geraten, führt den Machtkampf der ehrgeizigen Nabucco-Tochter Abigail um dessen Thron vor und lässt schliesslich den fast irre gewordenene König Babylons sich zum jüdischen Glauben bekennen und die versklavten Hebräer in ihre Heimat zurückkehren. Dazu noch ein kleines Liebes- und Eifersuchsdrama – auch hier mit glücklichem Ausgang.
Verdis Musik besitzt noch nicht die (spätere) Sensibilität in der Schilderung menschlicher Emotionen, aber sie hat viel dramatische Kraft und melodiöse Energie. Es sind vor allem die grossen Chor-Ensembles, die das Geschehen beherrschen, denen gegenüber die solistischen Nummern (Arien, Duette) zurücktreten und die eher sparsam gesetzte Ruhepunkte im ereignisreichen, gesamt-szenischen Ablauf sind.
Der renommierte britische Regisseur Keith Warner setzt in seiner Inszenierung für die Deutsche Oper auf gediegene Moderne – so wie sie hier zu Zeiten Götz Friedrichs gepflegt wurde. Auf dunkler Drehbühne werden immer wieder Kulissenteile rein und raus gefahren – eine steile Wendeltreppe oder ein hoher, begehbarer Kasten, gleichsam Tempel oder Haus. Alle tragen Kostüme der Verdi-Zeit, weit-schwingende Reifröcke die Frauen, dunkle Gehröcke die Juden, helle, uniform-ähnliche die Babylonier. Spruchbänder und – auf einer hübschen, alten Druckmaschine erstellte -  Plakate symbolisieren Auflehnung und Widerstand der Juden, Scherengitter und Gewehre die militärische Macht der Babylonier. Effektvoll arrangiert sind die zahlreichen, unterschiedlichsten Auf- und Abgänge des Chores.
Dieser – von William Spaulding perfekt einstudierte – Chor steht auch musikalisch ganz im Mittelpunkt des Abends – vom hauchzarten Piano bis zum wuchtigen Forte vermag er alle erfoderlichen Emotionen überzeugend und klangvoll zu gestalten. Eine prachtvolle Leistung!
In der Titelrolle des Nabucco macht der dänische Bariton Johan Reuter darstellerisch wie stimmlich gute Figur, besitzt aber nicht die enorme Durchschlagskraft seiner Bühnen-Partner. Besonders Anna Smirnowa als Gift und Galle speiende Abigail beeindruckt durch ihren koloraturgespickten Furor, während Vitallj Kowaljow die Autorität des jüdischen Oberpriesters Zaccaria mittels seines tiefen Basses machtvoll hörbar werden lässt. Das hebräisch-babylonische Liebespaar ist durch Jana Kurucova (Fenena) und Yosep Kang (Ismail) mit strahlenden Stimmen bestens besetzt.
Am Dirigentenpult: der noch sehr junge, aber international aufstrebende Italiener Andrea Battistoni – zupackend und aufs Tempo drückend leitet er das gut disponierte Orchester der Deutschen Oper – allerdings (noch?) ohne persönliche Note.
„Nabucco“ – zum Verdi-Jahr in der Deutschen Oper neu präsentiert, sicherlich kein Höhepunkt, aber ein solider Abend fürs alltägliche Repertoire.
Foto: Bernd Uhlig/Deutsche Oper Berlin

nächste Vorstellungen: 15.Sep.//3./5./8./13.Okt./19./22.Dez.2013 (teils unterschiedliche Besetzung)

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