Rainer Allgaier

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Monat: April 2011

Im Designer-Look: ‚Die Walküre‘ in der Staatsoper im Schillertheater ***

18. April 2011TheaterkritikenNo Comments

Zur Zeit schmieden Daniel Barenboim und der belgische Regisseur Guy Cassiers einen neuen Wagnerschen ‚Ring‘-Zyklus – als Ko-Produktion zwischen der Berliner Staatsoper und der Mailänder Scala.  Letztes Jahr wurde an beiden Theater zunächst ‚Das Rheingold‘ präsentiert, dem im Dezember an der Scala ‚Die Walküre‘ folgte, die jetzt zu den ‚Festtagen‘ – in einigen Partien umbesetzt – ihr Berlin-Premiere feiert.  In der Spielzeit 2013 soll dann der gesamte Ring seine Vollendung finden.
Guy Cassiers Inszenierung der ‚Walküre‘ wird beherrscht von einem modisch gestylten Bühnenbild (Enrico Bagnoli) und extravaganten Kostümen (Tim van Steenbergen) : rauhe Wandfächen, die durch allerlei Video-Geflimmer ständig Struktur und Farbton wechseln, oder dichte Reihen bühnenhoher Stangen (Achtung:Speer-Symbol!), die – ebenfalls von Video bestrahlt – mal als grüner Wald oder düstere Felsen dienen. Das Wälsungenpaar findet zueinander vor einen Kamin mit digitalem Feuer, die elegante Fricka rauscht im strass-besetzten Abendkleid vor dunklen Pferde-Skulpturen heran, um vom langhaar-perückten Wotan Gerechtigkeit zu fordern, und die acht Walküren stolpern – treppchen auf, treppchen ab – in pompösen 19.Jahrhundert-Roben vor einer Videowand umher, auf der sich Pferde aufbäumen und weisser Rauch aufquillt. Alles sehr schick und sicherlich bedeutsam, aber auch sehr geschmäcklerisch und beliebig. Eine Personen-Regie findet dabei nicht statt : offensichtlich agieren die Sänger so, wie sie es sich selbst ausgedacht haben – was manchmal ja durchaus überzeugt!
Ganz besonders im Fall von Rene Pape: sein Wotan zeigt in differenzierter Mischung Grösse und Autorität, Selbstzweifel und Resignation – ein fast vollkommenes Rollen-Portät. In den grossen, selbstkritischen Monologen entdeckt er zarteste musikalische Nuancen, beim machtvoll ausgesungenen Abschied von Brünnhilde beeindruckt er mit klangschöner, tiefer Bass-Stimme. Rene Papes Wotan ist dank seiner sensibel- musikalischen Darstellung der beherrschende Mittelpunkt der Aufführung. Die Schwedin Irene Theorin ist eine eher solide als bewegende Brünnhilde, der Neuseeländer Simon O`Neill verfügt als Siegmund über einen hellen, kraftvollen, trompeten-engen Helden-Tenor, Anja Kempe ist seine liebende Zwillingsschwester Sieglinde, angenehm im Timbre, jedoch im Forte recht hart klingend. Exzellent sind zwei Nebenrollen besetzt: Ekaterina Gubanova als selbstbewusste, mezzo-satte Fricka und Mikhail Petrenko als ungewohnt jugendlicher und energischer Hunding mit schwarzem Bass.
Daniel Barenboim führt die Staatskapelle mit gewohnter Souveränität durch den langen Abend. Allerdings vermochte er den rasanten Elan mit dem er begann nicht immer aufrecht zu erhalten, Winterstürme und Wonnemond klangen schon erregender als in dieser Aufführung, aber die dramatischen Szenen besitzen grosse Spannkraft und bei Wotans Abschied steigern sich er und das Orchester zu hinreissender Klang-Pracht-Entfaltung.
Ein durchwachsener ‚Ring‘ :  musikalisch-edle Töne und vor modisch-schicker Tapete.

Foto:Monika Rittershaus/Staatsoper Berlin

nächste Vorstellungen: 22. u.25.April 2011

Im Hamsterrad: ‚Wozzeck‘ in der Staatsoper im Schillertheater ****

17. April 2011TheaterkritikenNo Comments

Zum Auftakt der diesjährigen  ‚Festtage‘ erarbeiteten deren musikalischer Leiter Daniel Barenboim und Regisseurin Andrea Breth eine Neuinszenierung von Alban Bergs „Wozzeck“, uraufgeführt 1925 in der damaligen Berliner Staatsoper.
Wenn sich der schwarze Vorhang hebt, sieht der Zuschauer nur einen kleinen, von Lattengittern begrenzten Raum ohne Tür-Öffnung. In diesem düstern Käfig rasiert Wozzeck in gekrümmter Haltung den Hauptmann, zieht er mit seinem Kameraden Andres toten Haasen das Fell ab (im Libretto schneidet er Waiden), besucht er seine Freundin Marie und das gemeinsame Kind, wird er vom Doktor in ein blaues Fass gesteckt und maltätiert, beschläft der halbnackte Tambourmajor roh die willigen Marie. Erst danach öffnet sich die gesamte Bühne und enthüllt die käfigartigen Zimmerchen als Teile eines waagerecht liegenden und sich langsam drehenden Hamster-Rades auf dem Doktor und Hauptmann spazieren gehen, die Soldaten pissen, kotzen und mit ihren Mädchen kopulieren. Später verschwindet auch diese hamsterrad-ähnliche Konstruktion und auf der nun leeren, dunklen Bühne ersticht Wozzeck Marie, tanzt zwischen grotesken, teils musizierenden, düsteren Gestalten (Wirtshausszene) und flieht, blutbefleckt, schliesslich in seinen schwarzen Tod (Bühne:Martin Zehetgruber).
Wie einen expressionistischen ‚Film-Noir’  lässt Andrea Breth die 15 Szenen rasch nacheinander ablaufen, getrennt durch die kurze ‚Schwarzblende‘ des auf-und niedergleitenden Vorhangs, während im Orchester die sehr delikat und transparent musizierten Zwischenspiele die menschlichen Tragödien auf der Bühne musikalisch verdichten. Eine sehr minimalistisch-strenge Inszenierung – angesiedelt in einer abstrakten Gegenwart. Realistisch ausgespielte Details wie die blutige Tierhäutung oder der brutale Umgang der Personen miteinander verhindern jedoch, dass die Aufführung in verharmlosende Stilisierung abgleitet. Eine sehr düster-pessimistische, auch selbst-quälerische Interpretation des „Wozzeck“, die zugleich aber  jede oberflächliche Aktualisierung mit gegenwärtigen sozialen Problemen meidet. Vielleicht ein wenig zu konzept-verpflichtet: warum in der letzten Szene die spielenden Kinder nur aus dem Off (Orchestergraben) zu hören sind und stattdessen der tote Wozzeck in der Mitte des ‚Hamsterrades‘ liegt, während sein Bub sich langsam um ihn herum bewegt, bleibt unklar. Hier unterläuft die karge Szene die gefühls-bewegende Musik, vermag sie kein  ihrem emotionalen Gehalt  entsprechendes Bild zu finden.
Zumal Daniel Barenboim und die exzellent spielende Staatskapelle gerade die spätromantische Herkunft von Bergs atonaler Musik anklingen lassen. Die hoch-komplexe Partitur wird so souverän – delikat in Einzelheiten, klangsatt in den Tutti -  ausmusiziert, dass auch ein nicht vorgebildeter Zuhörer Kraft und Schönheit dieser Oper zumindest erahnen wird. Roman Trekel gestaltet einen schlanken, glatzköpfigen Wozzeck mit hellem Bariton, ein williger, aber von bösen Obsessionen heimgesuchter Mann. Nadja Michaels Marie ist eine junge, temperamentvolle Frau, hin- und hergerissen zwischen widerstreitenden Gefühlen – mit einem in der Mittellage kräftigen, in der Höhe etwas schrillen Sopran. Um die beiden Hauptfiguren herum ein vorzügliches Ensemble: darunter Graham Clark als zwerg-giftiger Hauptmann und Heinz Zednik in der Rolle des silberbeschuhten, weisshaarigen Narren.
Eine musikalisch überzeugende wie szenisch intelligente Aufführung – auch wenn sie theatralisch ein bisschen zu spröde, zu kopflastig ausgefallen ist.

Foto: Bernd Uhlig/Staatsoper Berlin

nächste Vorstellungen: 21. u. 24.April 2011

Jubel im Tanz-Museum: ‚La Esmeralda‘ in der Deutschen Oper ****

16. April 2011TheaterkritikenNo Comments

1844 wurde das romantische Ballett  „La Esmeralda“  in London erfolgreich uraufgeführt, später im Westen vergessen, erlebte aber im kaiserlichen Russland wahre Triumphe, gefiel auch den Machthabern der Sowjetunion und erlebte 2009 am Moskauer Bolschoi-Theater eine Neu-Inzenierung, die die historische Rekonstruktion einer Fassung des wohl berühmtesten Ballett-Meisters der zaristischen Ära, Marius Petipa, in Choreographie und Ausstattung anstrebte. Etwas abgespeckt ist diese Aufführung nun vom Staatsballet Berlin übernommen worden.
„La Esmeralda“ erzählt – etwas simpel – die dramatische Liebesgeschichte der Zigeunerin Esmeralda aus Victor Hugo’s Roman „Der Glöckner von Notre-Dame“ (1831). Wobei der bucklige und humpelnde Glöckner  naturgemäss in einem klassischen Ballett nur eine kleine Nebenrolle spielen kann. Statt dessen:  viel mittelalterliches Volks-Leben in den engen Gassen um Notre-Dame herum und ein verklemmter Priester, der  – um die schöne Zigeunerin zu erringen -  auch vor einem Mord nicht zurückschreckt und diese fiese Tat dann ihr in die schönen (Spitzen-)Schuhe schiebt. Gleichzeitig muss der hübsche Phoebus, Offizier und Kapitän der königlichen Bogenschützen, sich zwischen seiner adligen Verlobten Fleur de Lys und der liebreizenden Zigeunerin (samt ihrer lebenden Ziege) entscheiden und bezahlt diese Entscheidung fast mit seinem Tod. Doch in diesem klassischen Ballettmärchen führen alle Hindernisse und Intrigen zu einem stahlenden ‚Happy End’  – ganz im Gegensatz zu Victor Hugo’s populärem Roman.
Wenn sich in der Deutschen Oper der rote Bühnen-Vorhang teilt, präsentiert sich ein mittelalterlich ausgepinseltes Paris mit allerlei bunt-betrumpften Volk, das aufgekratzt hin – und herwuselt. Esmeralda tanzt einen feurigen Bolero, die Männer schmachten nach ihr einschliesslich des rot-perückten Glöckners und die königlichen Soldaten marschieren dazu entsprechend gravitätisch. Ein ziemlich angestaubtes, altmodisches Kulissen-Theater, das leider auch im weiteren Verlauf des fast dreistündigen Abends den Geist einer vergangenen Epoche nicht verlebendigen kann. Papierene Rekonstruktion statt den Charme alter Kunst mit dem Blick von Heute neu zu entdecken. Zumal das Staatsballett für eine gelungene Wiederbelebung alter Klassiker einige schöne Beispiele im hauseigenen Repertoire besitzt („Schwanensee“- „La Bajadere“).
Dass der Abend dennoch zum umjubelten Triumph wird, liegt ausschliesslich an seinen choreographischen und vor allem tänzerischen Qualitäten. Reizvolle Soli, grosse und kleine Pas-de-deux‘,  Ensembles-Tänze in den unterschiedlichsten Formationen werden zu einer flüssig-abwechslungsreichen Tanz-Erzählung äusserst geschickt verwoben (Yuri Burlaka und Vasily Medvedev). Die rezitativisch-pantomimischen Teile sind auf das notwendige Minimum beschränkt, dafür wird, neben mehreren gossen Pas-de-deux‘,  vor allem den sehr ausladenden und schwungvollen Ensemble-Szenen viel tänzerischer Raum gegeben. Unter Verwendung der Original-Partitur des Italieners Cesare Pugni.
Und die Tänzer, meist aus der zweiten Linie, nützen diese Chance und präsentieren sich in Hochform. Besonders Jana Salenko als mädchenhaft-empfindsame Esmeralda und Mikhail Kaniskin als ihr männlich-kraftvoller Liebhaber Phoebus. Elena Pris verkörpert mit kühler Eleganz die blonde Rivalin Fleur de Lys, Rainer Krenstetter trippelt schüchtern und mit leiser Komik den verliebten Dichter Pierre, während Michael Banzhaf in schwarzer Kutte schlank und stolz als böser Domprobst finster durch die Kulissen schleicht.
Sonderlob für das gesamte, grosse Ensemble, das mal in schwingenden Zigeunerröcken und Samtwämsen, mal in schicken Tütüs und strammen Strumpfhosen mit Schwung und Präzision seiner Tanz-Lust freien Lauf läst. Überzeugend und begeisternd: und hieran zeigen sich Vladimir Malakhov’s Talent, neue und junge Tanz-Begabungen zu entdecken und zu fördern sowie seine Kunst, das Ensemble auf ein tänzerisches Niveau zu führen, das auch international bestens bestehen kann.
Für ihn und seine Tänzer : Chapeau claque!

Foto:Enrico Nawrath/Staatsballett Berlin

Premiere: 09.April 
nächste Vorstellungen: 01./ 06./ 13./ 22.Mai 2011

Little-Horror-Picture-Show: ‚Salome‘ in der Komischen Oper *

10. April 2011TheaterkritikenNo Comments

Richard Strauss‘ Einakter  „Salome“ (UA.:1905),   bassierend auf dem Fin-de-Siecle-Schauspiel von Oscar Wilde, ist ein effektvoller Psycho- und Erotik-Thriller in kunstvoll-artifiziellem Art-Deco-Kostüm, voll sinnlich-farbiger Musik  -  und ein weltweiter Publikumserfolg bis heute.
An der Komischen Oper Berlin glauben jetzt  Regisseur Thilo Reinhardt und sein Team  Neues im alten Stoff zu entdecken:  das Party-Girl Salome lässt sich hier durch die strenge Gläubigkeit des stark tätowierten, religiösen Fundamentalisten Jochanaan faszinieren, schwört dem oberflächlichen Sex- und Luxus-Verhalten ihrer reichen Eltern Herodes und Herodias ab und mausert sich zur pathetischen Neu- Revolutionärin.
Kritikpunkte sieht der Regisseur vor allem in einer aktuellen, fatalen Vermischung von Religion, Sex und Terror : die Militärmacht  USA und der Nahe Osten sind seine aktuellen Bezugspunkte.  Dementsprechend verzichtet seine Inszenierung auf den bekannten Tanz der Salome: statt dessen kreiselt  die Drehbühne,  zeigt ein rasche Abfolge von lebenden Bildern mit vielen Kreuzen und daran gefesseltem Christus, mit sich geiselnden Anhängern, ein Salome-Double bespringt in Clip-Manier den Gekreuzigten,  auch mit allerlei sich revolutionär verklärende  Kalaschnikow-Helden in Che-Guevara-Pose mischen sich dazwischen. Danach schlägt die entnervte Herodias dem Jochanaan eigenhändig den Kopf ab und Salome selbst zieht sich die Revolutions- Basquen-Mütze über die wallenden roten Haare, schultert die MP und trotzt am Schluss in steiler Pose dem – aus dem leeren Hintergrund tönenden -  Tötungsbefehl des Herodes.
Doch der Regisseur kann diese – mehr oder weniger – orginellen Einfälle im comic-haften  und betont grob skizzierten Schwarz-Weiss-Bühnenbild von Paul Zoller überhaupt nicht  umsetzen. Im ersten Teil erzielt er noch einige szenische Effekte mit allerlei plakativen  Bildern und Gesten – Soldaten, die onanierten; grau gekleidete Buchhalter als zänkische Juden – doch bei Salomes grossem Schlussgesang taumeln alle Sänger nur hilflos auf der Vorderbühne hin und her  und wissen nicht, was sie tun sollten: Personenführung desolat!
Sicherlich zeigt diese Neu-Inszenierung einige interessante konzeptionelle Gedanken – sie werden aber überwiegend  allzu platt umgesetzt  (Herodes Palast = Weisses Haus!). Noch bedauerlicher aber ist, dass die musikalische Seite unzulänglich bleibt: in dieser Liga kann die Komische den beiden andern Opern-Häusern Berlins gegenwärtig kaum Paroli bieten. Zwar schlagen sich Orchester und Dirigent (Alexander Vedernikow aus Moskau) noch halbwegs wacker, doch die Sängerin der Salome (Morenike Fadayomi) beeindruckt allein durch darstellerischen Einsatz, stimmliche Leuchtkraft: Fehlanzeige.  Egils Silis prunkt als Joachanan mit kraftvollem Bariton, als tätowierter Revolutions-Guru bleibt er blass (was unter anderem auch an der Strauss’schen Rollen-Vorlage liegt). Das übrige Ensemble bewegt sich und singt im Mittel-Klasse-Feld. Einzig rühmliche  Ausnahme ist der darstellerisch wie stimmlich sehr flexible Andreas Conrad, der den Herodes als geckenhaften Egomanen scharf charakterisiert.
Ein ehrgeiziges Unternehmen – aber zu einer „Salome“ von Strauss-Wilde-schem Format gehören mehr als ein paar  ’nicht-zu-Ende-gedachter‘ Regie-Einfälle – vor allem aber muss eine aussergewöhnliche Sängerin für die Titelrolle zur Verfügung stehen.
Halbheiten sind in diesem Fall der Untergang.

Foto:Monika Rittershaus/Komische Oper Berlin

nächste Vorstellungen:15./ 23./ 29.April 2011 weitere Termine im Mai u.Juni

Amerikas dunkles Herz: ‚Winter’s Bone‘ von Debra Granik ****

7. April 2011FilmkritikenNo Comments

Eine karge, winterliche Berglandschaft in Missouri, USA. Verfallende Häuser,  Autowracks, umherliegender Schrot.  Abweisende Menschen mit verwitterten Gesichtern. In dieser düster-provinziellen (Hinter-) Welt lebt die 17jährige Ree (grossartig: Jennifer Lawrence) mit einer apathisch-stummen Mutter und zwei kleineren Geschwistern. Der Vater stellte – wie fast jedermann in dieser Gegend – billige Drogen her,  wurde verhaftet, und hat dann für seine Freistetzung, die Wohn-Hütte der Familie und den dazugehörigen Wald als Kaution verpfändet. Jetzt ist er verschwunden und der Sheriff teilt Ree mit, dass sie, die Mutter und ihre Geschwister das Haus verlassen müssen, falls sie nicht binnen 8 Tagen den Vater – tot oder lebendig – finden. Ree macht sich auf die Suche: bei Verwandten und Freunden, bei den Vieh-Händler-Clans der Region. Vergeblich: überall prallt sie gegen eine feindselige Schweigemauer. Doch sie gibt nicht auf – trotz Hungers und eines brutalen, körperlichen Angriffs auf sie. Sie versucht als letzten Ausweg, wegen der hohen Freiwilligen-Prämie zur Armee zu gehen:  dort wird sie als Minderjährige aber abgewiessen. Doch Ree’s Zähigkeit und Ausdauer finden am Ende ihren makabren Lohn: die finstere Haushälterin des Clan-Boss’s führt sie nächtlich zu der in einem See liegenden Leiche des ermordeten Vaters.
Der bisher kaum bekannte 48jährigen US-Regisseurin Debra Granik ist ein kleines Meisterwerk gelungen. Jedoch ist nicht die dramatische Geschichte der Vatersuche das Entscheidende an diesem beeindruckenden Film, sondern die genaue, unpathetische Darstellung der ländlichen Kehrseite des amerikanischen Traums, einer unwirtliche Welt harter Männer und rauher Frauen. Billige Drogen spielen eine grosse Rolle, es wird viel ge- und ver.schwiegen, es gibt aber auch eine Art leiser Nachbarschaftshilfe oder wortloser Unterstützung. Emotionale Bindungen oder Familienbeziehungen  werden kaum offen gezeigt, spiegeln sich nur verborgen hinter steinerenen  Gesichtern. Debra Granik zeigt diese dumpfe Welt des „White Trash“ in präzisen, winterlich-bläulichen  Bildern, ohne jeden sozialkritischen oder moralischen Zeigefinger. Ein schwarzer Western, mit Pferden und Banjo, aber ohne jede  romantisch-nationale Verklärung: in diesen rauhen Berglandschaften von Missouri geht es entweder ums nackte Überleben einzelner Familien  oder um die Machterhaltung regionaler Clans. Der filmisch-scharfe Blick auf ein Amerika – ebenso weit weg vom Glamour Hollywoods wie von der Politik Washingtons. Das harte, dunkle Herz eines grossen Landes.

Poster/Verleih: Ascot Elite Home Entertainment GmbH

zu sehen: CineStar Sony Center (OV); Hackesche Höfe Kino (OmU); Odeon (OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Filmkunst 66; Filmtheater am Friedrichshain; Kulturbrauerei; Neues Off

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