Rainer Allgaier

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Monat: April 2009

Schwarzes Ballett-Grusical: „Schneewittchen“ in der Deutschen Oper ***

30. April 2009TheaterkritikenNo Comments

Kein romantisch-kitschiges Kinder-Ballett, sondern ein duester-boeses Tanz-Drama fuer Erwachsene:  der brutale Konkurrenz-Kampf um weibliche Schoenheit und erotische Attraktivitaet zwischen alternder Stiefmutter und jugendlicher Tochter. So zumindest interpretiert der franzoesische Choreograph Angelin Preljocaj das populaere Maerchen der Gebrueder Grimm.
Duester ist schon der Beginn:  die hochschwangere Mutter Schneewittchens stirbt, doch das Kind wird vom koeniglichen Vater gerettet und in mattgold glaenzenden Schloss zur jungen Schoenheit erzogen  – bis zur Verlobung mit einem huebschen Prinzen. Die boese Stiefmutter in Lack und Leder will jedoch Schneewittchen toeten lassen, entsetzt flieht es in den Wald und gelangt zu den sieben Zwergen, die an einer steilen Felsenwand in eleganten Formationen hoch und nieder klettern: moderne Bergarbeiter mit Lichtlein auf dem Helm. Doch auch in dieser zeitgenoessischen Fantasy-Fassung bleibt die Moral der Geschicht die alte:  am Ende muss sich die boese Stiefmutter in gluehend-roten Pantoffeln furios zu Tode tanzen.
Als Musik benutzt Preljocaj einen Mix aus Symphonien von Gustav Mahler (eingespielt vom Tontraeger) : verrutsche Walzer und schraege Volkslieder wechseln mit ausladend- lyrischen Stuecken wie dem beruehmte Adagietto (aus der 5.Symphonie) zum grossen, zweimal getanzten Pas-de-deux der Liebenden. Eine geschickte Wahl, die den fahlen, gespentischen Natur-Ton des Ballett-Maerchens  bestens unterstuetzt.
Nicht ganz so gluecklich ist die Choreographie selbst, auch wenn sie geschickterweise alles Erzaehlend-Pantominische weitgehend vermeidet. Der Tanz bleibt oft der reinen Virtuositaet, dem effektvollen Kunst-Stueck verhaftet – der tiefere, der seelische Ausdruck vermittelt sich in dieser Bewegungs-Sprache kaum. Gelegentlich fuehren Wiederholungen zu choreographischen Laengen, obwohl der pausenlose Abend nur knapp 2 Stunden dauert.
Doch das flotteTempo und die verblueffenden Bild-Erfindungen lassen solche Einwaende in den Hintergrund treten, zumal die phantastisch-bizarren Kostueme des Modeschoepfers Jean Paul Gaultier eine wahre Augenweide sind (leider bei der sehr dunkel ausgeleuchteten Buehne nicht immer deutlich zu erkennen). Und das Ensemble des Staatsballetts zeigt sich in Hochform – sowohl das glaenzend aufgelegte Gruppen-Ensemble wie die vorzueglichen Solisten – auch wenn diesmal nicht die Super-Stars der Malakhov-Kompanie praesentiert werden. Elisa Carillo Cabrera als elegant-biegsames Schneewittchen und Leonard Jakovina als fescher Prinz im Torero-Kostuem bilden ein anmutiges Paar und Beatrice Knop pfeffert eine mitreissend daemonische Stiefmutter auf die meist duester-leere Tanz-Buehne (von Thierry Leproust).
Eine attraktive Ergaenzung im Repertoire des Staatsballetts: rabenschwarz und sexy.

Foto: Staatsballett / Enrico Nawrath

Oppulentes Musiktheater ohne Hits: „Marie-Victoire“ in der Deutschen Oper **

17. April 2009TheaterkritikenNo Comments

Berliner Erstauffuehrung einer unbekannten Oper des italienischen Komponisten Ottorino Respighi (1879 – 1936), geschrieben in den Jahren 1912/13,  aber erstmals 2004 in Rom aufgefuehrt.
Es ist ein Liebes- und Ehedrama vor dem Hintergrund der franzoesischen Revolution. Die Adlige Marie de Lanjallay wird denunziert und verbringt die letzte Nacht vor ihrer Hinrichtung zusammen mit dem Freund ihres verschollenen, totgeglaubten Ehemanns im Gefaengnis. In ihrer Angst und Verzweiflung erliegt sie den Verfuehrungen des jungen Mannes. Doch am naechsten Morgen ist Robespierre tot und alle Verurteilten sind frei.
Sechs Jahre spaeter. Marie hat den Hutsalon „Marie Victoire“ in Paris eroeffnet, um sich und ihrem kleinen Sohn – Zeugniss ihrer Schwaeche im Gefaengnis – den Lebensunterhalt zu sichern. Da erscheinen ploetzlich gleichzeitig der einstige Kurz-Liebhaber und der vermisste Ehemann in Maries Geschaeft : es kommt zu dramatischen Szenen zwischen der treuen Marie, dem gedemuetigten Liebhaber – einem bekennendem Royalisten – und dem eifersuechtigen Ehemann. Doch am Ende triumphiert in einer breit ausgespielten Gerichts-Szene der adlige Edelmut.
Urspruenglich ein franzoesisches Schauspiel von Edmond Guiraud, liess Respighi sich die Geschichte vom Autor selbst in ein Opernlibretto umgestalten. Doch ein packendes Buehnenwerk ist nicht entstanden: Respighi komponierte zwar eine klangpraechtig aufrauschende Partitur, jedoch ohne praegnante Arien oder Ensembles fuer die Saenger. Alles Geschehen, alle Psychologie vollzieht sich ausschliesslich im Orchester, die Saenger duerfen nur – wenn auch sehr melodioes – deklamieren. Auch die effektvoll auftrumphenden Akt-Finali machen aus dieser Orchester-Oper kein dramatisches Musiktheater – es bleibt ein langatmig ausgepinselter Ruehr-Schmarren (Dauer fast vier Stunden!), gebettet auf einer sehr schoenen, farbenreichen Musik.
Die Auffuehrung der Deutschen Oper unterstreicht – unfreiwillig? – Staerke und Schwaechen dieses vergessenen Werkes. Die konventionelle Inszenierung (Johannes Schaaf) in Papp-Gemaeuer-Kulissen, Rokoko-Peruecken und Reifrock geraet allzu bieder und brav, waehrend Michail Jurowski – ganz Kapellmeister alter Schule – das Orchester der Deutschen Oper praechtig aufbluehen laesst: ekklektische Spaetromantik, gemischt mit einem Schuss Jugenstil, ein wahres Fest oszillierender Toene.
Aus dem grossen Chor- und Solisten-Ensemble beeindruckt -  neben Markus Brueck als Ehemann und Stephen Bronk als treuem Diener -  vor allem die dunkelhaeutige Takesha Meshe Kizart : mit fruchtigem Timbre und leuchtender Hoehe gelingt ihr ein ueberzeugendes und anruehrendes Portraet der schuldig-unschuldigen Adligen Marie.
Fazit: eine rein konzertante Begegnung mit „Marie-Victoire“ waere sicherlich sinnvoller und erfolgreicher gewesen. Vielleicht auch preiswerter.

Foto: Barbara Aumueller/Deutsche Oper

Liebesraserei: „Armida“ in der Komischen Oper ****

6. April 2009TheaterkritikenNo Comments

Eine selten gespielte Oper von Christoph Willibald Gluck,  geschrieben in der Tradition der franzoesischen „tragedie lyrique“,  uraufgefuehrt 1777 in Paris. Das Libretto schildert die ungluecklich endende Liebesgeschichte zwischen der Zauberin Armida und dem Kreuzritter Rinaldo. Gluck gestaltet daraus das – fuer seine Zeit – ungewoehnlich scharfe Psychogramm einer maechtigen Frau, die alle und alles beherrscht; die sich aber widerwillig verliebt und, als sie verlassen wird,  in Wut und tiefe Verzweiflung faellt.
Der katalanische Regisseur Calixto Bieito („Die Entfuehrung aus dem Serail“, Komische Oper 2003/04) sieht diese Liebestragoedie gleichsam durch die Brille eines zeitgenoessischen Marquis de Sade. Er zeigt eine schoene, blonde und sehr selbstbewusste Frau, die sich jede sexuelle Freiheit nimmt: nackte Maenner umschwirren sie, wie die beruehmten Motten das Licht. Den huebschen Rinaldo, der zunaechst kein Interesse an ihr zeigt, bedroht sie deshalb mit dem Revolver, doch abzudruecken vermag sie nicht: langsam geraet ihre Selbstkontrolle ins Wanken, zumal auch Rinaldo ihr gegenueber schwach wird – Sex und Liebe triumphieren. Doch Rinaldo wird von Freunden gesucht und verlaesst mit ihnen Armidas kuehl-weisse Wohnlandschaft, nicht ohne diese zuvor brutal zu verwuesten. Allein und zurueckgelassen sitzt die einst so selbstbeherschte Frau buchstaeblich vor den Truemmern ihrer Liebe, doch als Rinaldo (entgegen dem Libretto) noch einmal kurz zurueckkehrt, schlagen Armidas Enttaeuschung und Verzweiflung in blanke Rachsucht um – sie erschiesst den ungetreuen Liebhaber.
Bewundernswert ist die Stringenz mit der Bieito diese Liebesraserei vorfuehrt. Die phantasievolle theatralische Umsetztung, die Genauigkeit der Personenfuehrung, das raffiniert-einfache, aber variable Buehnenbild (Rebecca Ringst), die eleganten Kostueme (Ingo Kruegler)sowie eine effektvolle Lichtgestaltung (Franck Evin) lassen ueber manch leerlaufende Aktion der nackten Statisten hinwegsehen. Vor allem aber dient Bieito’s Regie der Musik. Unter dem Spezialisten fuer historische Auffuehrungspraxis, Konrad Junghaenel,  laeuft das Orchester der Komischen Oper zur Hochform auf: trocken im Ton, mal zaertlich, mal rauh malen die Musiker Armidas Lust und Qual detailfreudig und kraftvoll aus. Ein schnelles Tempo wird vorgegeben: kurze Arien, Duette, Ensemble- und Chorszenen fliesen fast ineinander – die Oper scheint durchkomponiert – eine vorweggenommene Gross-Form.
Im Mittelpunkt der Auffuehrung: die Schwedin Maria Bengtsson. Mit hohem Einsatz – darstellerisch wie musikalisch – zeichnet sie das Psychogramm Armidas vielschichtig, wandlungsfaehig und aeusserst attraktiv. Das uebrige Ensemble bleibt huebsche Staffage.
Ein grosser Minuspunkt dieser Produktion aber ist die mangelnde Textverstaendlichkeit. Wenn heute die Saenger leider nicht mehr genau zu artikulieren verstehen, dann muessen mindestens deutsche Uebertitel fuer ein Mindestmass an textlicher Kenntnis sorgen. Dafuer ist die Leitung des Hauses verantwortlich.
Doch trotz solcher Einwendungen: sicherlich eine der besten Inszenierungen der Komischen Oper in juengster Zeit.

Foto: Komische Oper/David Baltzer

Kasperle-Theater mit Schwanenfeder: „Lohengrin“ in der Staatsoper **

5. April 2009TheaterkritikenNo Comments

Die Geschichte vom mittelalterlichen Schwanenritter, der einer edlen Jungfrau zu Hilfe kommt aber ihr verbietet, nach seinem Namen zu fragen, scheint heutigen Regisseueren erhebliche Schwierigkeiten zu bereiten. Weder Goetz Friedrich (Deutsche Oper) noch Harry Kupfer (Staatsoper) konnten in juengerer Zeit mit ihren Inszenierungen ueberzeugen. Jetzt versucht es Daniel Barenboim bei seinem zweiten Lohngrin-Dirigat an der Staatsoper mit einem neuen, jungen Regisseur – dem mit viel Bayreuther Vorschuss-Lorbeer („Parsifal“, 2008) bedachten Norweger und Wahl-Berliner Stefan Herheim.
Herheim und sein Team bieten keine romantische Interpretation, sondern wollen die Oper und ihre Rezeptions-Geschichte kritisch befragen. Der Trick:  alle Darsteller – Solisten wie Chor, im heutigen Gewand – fuehren Marionetten in historischer Kostuemierung vor, demonstrieren gleichermassen die Oper als mueales Puppentheater. Im 2.Aufzug allerdings schluepfen alle Personen rasch in die konventionellen, historischen Kleider, auf einem Podium werden ein paar Papp-Kulissen aufgerichtet und nun spielen alle pathetisch ueberzogen den Gang zum -  und den Streit der Frauen vor dem Muenster. Im 3.Akt erscheinen die Puppen und ihre Spieler nun wieder im heutigen Freizeit-Look – nur Lohengrin bleibt stehts der silbern geruestete Schwanenritter, entschwebt am Schluss – gleich einer Marionette – in den Buehnenhimmel, um wenige Sekunden spaeter mit Getoese herunterzufallen: black-out.
Kritisches Theater oder klamottige Parodie – jeder darf sich selbst seinen Reim auf die aufwendige und mit allerlei Video-Projektionen durchmischte Interpretation machen:  zwischen gehoerntem Germanen-Helm und schraegem Wagner-Barret. Viel gedacht (im Programmbuch), aber wenig davon im quirligen Gewusel auf der Buehne zu erkennen. Eine einzelne Schwanenfeder, auch wenn sie sehr dekorativ herabsinkt, entraetselt noch keinen „Lohengrin“, dazu bleibt dieses Musikdrama viel zu komplex.
Die unklare Linie dieser Neu-Inszenierung macht sich auch musikalisch bemerkbar: die Staatskapelle scheint gelegentlich unkonzentriert, Barenboim dirigiert sehr pauschal und oft zu laut, der Chor wirkt akustisch oft unguenstig plaziert. Klaus Florian Vogt singt den Lohengrin mit hell toenender Trompeten-Stimme, gut gefuehrt aber einfarbig – ein gewoehnungs-beduerftiger Tenor. Dorothea Roeschmann dagegen ueberzeugt als lebhafte, jugendlich-dramatische Elsa, waehrend Michaela Schuster als Disney-boese Ortrud (besonders im 3.Akt) an die Grenze ihres Stimmvermoegens gelangt. Gerd Grochowski ist ein grauer, blasser Telramund,  Kwangschul Youn dagegen beeindruckt als Koenig durch einen schoenen und markantem Bass. Der Heerrufer des Arttu Kataja praesentiert sich etwas stimm-schmal  im Fell einen Berlin-Baeren vor einenem Plakat mit der Aufschrift: „Und das ist gut so“ ! ?
Im Ansatz interessant, aber in der Umsetztung – szenisch wie musikalisch -  schwach : Richard Wagners romantische Oper bleibt nach wie vor eine hart zu knackende Nuss.

Foto:Karl Forster/Staatsoper

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