Rainer Allgaier

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Monat: Juni 2009

Von Schiller zu Wagner: eine Baustellenbesichtigung

29. Juni 2009VerschiedenesNo Comments

Am 3.Oktober 2010 soll im umgebauten Schillertheater der Vorhang erstmals fuer die Staatsoper hochgehen – dann beginnt ein rund 3-jaehriges Gastspiel der verschiedenen Ensembles des Hauses unter den Linden in der alten Staatlichen Schauspiel-Hochburg an der Bismarckstrasse. Waehrend dieser Zeit wird das Staatsoperngebaeude vollstaendig renoviert und auf den neusesten technischen Stand gebracht, der Zuschaerraum – nach heftiger oeffentlicher Diskussion – im Stil des Wiederaufbaus von 1955.
Seit Anfang dieses Jahres bevoelkern etwa 30 Fachfirmen mit 80 Mitarbeitern das Schillertheater, reissen Bauteile ab und bauen andere auf, verwandeln ein Sprech- in ein Musik-Theater, was in erster Linie eine veraenderte Akustik bedeutet:  aus einem relativ trockenem Auditorium mit kurzem Nachhall wird mit allerlei technischen Hilfen ein sehr viel machtvollerer Klang-Raum fuer grosses Orchester, Chor und Saenger. Was unter anderem zur sichtbaren Folge fuehrt, dass die schwarze Wandfarbe im Zuschauerraum (ein haessliches Ueberbleibsel der Gobert-Intendanz) abgekratzt und der alte helle Natur-Holzton wiederhergestellt wird.
Die ersten Parkettreihen sind bereits entfernt, ein riesiges Bauloch laesst den kuenftigen Orchestergraben fuer bis zu 120 Musiker ahnen – allerdings veringert sich dadurch die Anzahl der dann zur Verfuegung stehenden Zuschauerplaetze auf auf nicht ganz 1000 (wobei die alten Sessel  – frisch aufgepolstert – erhalten bleiben).
Auch Foyers und Garderroben sollen im alten Glanz wiedererstrahlen – leider laesst der fuer diesen Umbau auf rund 23 Millionen Euro begrenzte Etat eine vollstaendige Rekonstruktion des alten Theaters, wie es sich so stimmig im Stil der 50er Jahre unter Boleslaw Barlog praesentierte, nicht zu. Doch die Leitung der Staatsoper und die Senatsbauverwaltung sind optimistisch, dass die bauliche Umgestaltung sehr attraktiv fuer Kuenstler wie Publikum ausfallen wird und auch rechtzeitig beendet werden kann, um ab Herbst 2010 einen normalen Repertoire-Betrieb aufnehemen zu koennen – Neuinszenierungen (u.a. Wagner’s „Ring“) wie Uebernahmen aus den alten Haus,  einschliesslich Konzert und Ballett.

Und wenn die Staatsoper dann  nach 3 Jahren ins frisch renovierte Stammhaus unter den Linden zurueckkehrt, soll – so die momentane Planung – die Komischen Oper in das Schillertheater einquartiert werden, denn auch das Haus  in der Behrenstrasse bedarf einer laengeren, gruendlichen Sanierung.
Schiller macht’s moeglich.

Foto: Senatsverwaltung fuer Stadtentwicklung

Getanzte Soap-Opera: „Das flammende Herz“ in der Staatsoper **

26. Juni 2009TheaterkritikenNo Comments

Der engliche Dichter Percey Shelley (1792-1822) fuehrte das, was man heute ein „romantisches“ Leben nennt. Heitere Jugend, Studium in Oxford, revolutionaere Poeterei, Kuenstlerfreundschaften und freizuegiges Liebesleben, abenteuerliche Reisen und frueher Tod beim Segeln im italienischen Mittelmeer. Ideale Vorlage fuer ein gefuehlvolles Melodram – in diesem Fall auf der Ballettbuehne.

Der franzoesische Choreograph Patrice Bart, der schon mehrmals fuer das Staatsballett gearbeitet hat, inszeniert Shelley’s Leben brav chronologisch in zwei Teilen: der erste spielt in England, der zweite in Italien. Natuerlich liest oder schreibt Shelley haeufig in einem Buch, meistens aber umtanzt er eine seiner zahlreichen weiblichen Musen. Die Buehnenbilder (Ezio Toffolutti) – meist aus wehenden Vorhaengen bestehend – deuten die sich rasch wandelnden Schauplaetze nur abstrakt an: Salons in England, Gassen in Venedig, den Hafen in La Spezia. Kombiniert mit den eleganten, historischen Kostuemen (Luisa Spinatelli) ergeben sich so bunte Bilder , die die Taenzer mit fliessenden Bewegungen und klassischen Posen beleben. Alles sehr huebsch anzusehen, aber doch sehr oberflaechlich und glatt. Der Dichter und seine Frauen als gefaelliges Relief, Charackterzeichnung oder psychologische Tiefen werden ausgespart. Sattdessen schreitet eine Taenzerin mit langer, roter Seidenschleppe (Nadja Saidakowa) immer wieder bedeutungsschwanger durch einzelne Szenen und verleiht so als „das Schicksal“ dem Leben Shelley’s die pathetische, hoehere Weihe…
Vladimir Malakhov, Intendant und erster Solist des Staatsballetts, verkoerpert selbst den romantischen Poeten  -  mit seinen 40 Jahren immer noch ein bewundernswerter Taenzer, aber er laesst doch inzwischen jugendliche Spannkraft und strahlende Attraktivitaet etwas vermissen. Zumal bei dieser Choreographie, die ausschliesslich auf gefaelligen Glanz und Schaueffekte setzt.
In dieser Hinsicht lassen die weiblichen Stars (u.a.Polina Semionowa, Beatrice Knop, Elena Pris) kaum Wuensche offen, wie auch das gesamte Ensemble sich von seiner besten Seite zeigt.
Der amerikanische Dirigent Ermanno Florio hat aus Kompositionen von Felix Mendelssohn-Bartholdy einen passenden musikalischen Teppich gewoben und die Staatskapelle mit bewaehrter Routine angeleitet – romantischer geht’s nimmer!
Ein romanhaft bewegter Lebenslauf,  ein konservativ choreographiertes „Bio-Pic“, leider ohne Biss und Tiefenschaerfe, aber elegant getanzt : der Kassenerfolg scheint garantiert.

Foto: Enrico Nawrath/Staatsballet Berlin    Naechste Vorstellungen: 28.6./ 2.7.

Treppauf / Treppab: „Hamlet“ in der Komischen Oper ***

22. Juni 2009TheaterkritikenNo Comments

Urauffuehrung einer neuen Oper in der Behrenstrasse: der in Berlin lebende Komponist Christian Jost (Jahrgang 1963) hat sich nach Shakespeare’s Tragoedie eine eigene Fassung – bassierend auf der Schlegel’schen Uebersetzung – geschrieben und vertont. In 12 Kapiteln oder Bildern schildert er die Ereignisse am daenischen Hof als eine Reise des jungen Hamlet zu sich selbst, als bestuertzende Erfahrungen mit einer boesen Welt, schillernd zwischen Traum und Wirklichkeit,  zwischen „Sein und Nichtsein“. Der Text (ueberwiegend deutsch, gelegentlich im englichen Original) ist verkuerzt, Nebenhandlungen sind gestrichen, der Geist von Hamlet’s Vaters wird in mehrere Personen aufgespalten, Hamlet selbst von einer Frau gesungen.
Die Musik begleitet und kommentiert das Geschehen, atonal grundiert, aber den saengerischen Moeglichkeiten und Raffinessen wird breiter Raum gegeben.  Das gross-besetzte Orchester legt dramatisch-effektvolle Klangflaechen aus, vermag aber auch sanft-lyrische Stimmungen zu erzeugen. Traditionelles und Zeitgenoessisches werden geschickt und publikumsfreundlich verbunden: intelligent, professionell, ohne zu schockieren.
Intendant Andreas Homoki inszeniert die – vom Haus in Auftrag gegebene – Urauffuehrung hoechstpersoenlich, sein staendiger Buehnenbildner Wolfgang Gussmann entwirft die Gesamt-Ausstattung. Der schwarze Buehnen-Raum wird von einer riesigen weissen Scheibe beherrscht, die von einer ebenfalls weissen Wendeltreppe durchbohrt wird. Da die Scheibe mal hochgezogen mal herabgefaehren wird, entsteht der Eindruck eines mehrstoeckigen Hauses oder Palastes. Alle Personen sind gleich gekleidet: weiss von Kopf bis Fuss, lediglich Koenig Claudius traegt gelegentlich eine Krone, Rosenkranz und Gueldenstern spielen mit (natuerlich) weissen Schirmen. Die Beleuchtung taucht die traumhaften Szenen in magisch-blaeuliches Licht, ansonsten hetzten alle Personen staendig die Wendeltreppe auf und ab. Und aus deren Tiefe tauchen immer wieder lemurenartige,schwarze Wesen auf, ein duesterer Chor innerer Stimmen oder Sprachrohr fuer den Geist von Hamlet’s Vater. Aesthetisch ist diese abstakt-minimalistische Inszenierung sehr schoen anzusehen, aber auf die Dauer – immerhin fast 3 Stunden – tritt sie auf der Stelle und ermuedet durch staendige Wiederholungen – trotz des hektischen Treppauf – treppab.
Stella Doufexis, Ehefrau des Komponisten, singt den Hamlet als betont jungen Mann, mit stroemend-hellem Mezzosopran, gleichsam ein Bruder des Rosenkavalier-Octavian – wenn auch mit schrecklichem Ende. Daneben die dramatische Gertrud Ottenthal als Mutter und Koenigin, Jens Larsen als bass-fieser Claudius sowie Karolina Andersson, ueberzeugend mit gestochen-hohen Koloraturen als wahnsinnige Ophelia. Besonderes Lob gebuehrt dem schwarz verhuellten Chor, der sehr differenziert den duesteren Hinter- oder Untergrund-Sound gestaltet,  wie auch dem Orchester der Komischen Oper, das unter Generalmusikdirektor Carl St.Clair ebenso dramatisch-vielfarbig wie atmosphaerisch-einfuehlsam spielt.
Zeitgenoessisches Musiktheater, auf hohem Niveau geschrieben und inszeniert –
vielleicht eine Spur zu glatt , zu kunst-handwerklich.

Foto: Komische Oper        Naechste Auffuehrungen: 27.6. // 2./7./12./ 19.7

Wilde Klamotte: Donizetti’s „Viva la mamma“ im Magazin der Staatsoper **

21. Juni 2009TheaterkritikenNo Comments

Der italienische Original-Titel lautet „le convienze ed inconvienze teatrali“, was so viel wie „Sitten und Unsitten am Theater“ bedeutet. Gaetano Donizetti macht sich in diesem Einakter, den er 1827 fuer Neapel schrieb, ueber die damaligen Zustaende von italieneschen Operntruppen lustig – eher liebevoll als boesartig. Haupt-Gag der kleinen Farce mit gesprochenen Dialogen (im neapolitanischen Dialekt) war die Besetzung der Rolle von Mamma Agata mit einem Bass-Bariton – damals wie heute amusiert sich das Publikum ueber diese gelungene Travestie. Ihre beiden Arien sind neben denen der „Primadonna“ das komische Zentrum der Oper, ansonsten bezaubert diese anderhalb-stuendige Buffa vorrangig durch spuehende Ensemble-Szenen.
Leider erweist sich die schmale, hohe Innenhalle des Magazins fuer die leichte, „trockene“ Art der Musik Donizetti’s durch ihren langen Nachhall als problematisch: differenzierte Abstufungen verschwimmen in einem allgemeinen, lauten Sound (wobei davon die einzelnen Sitzreihen des flachen Parketts unterschiedlich betroffen sind). Doch das kleine Orchester aus Mitgliedern der Staatskapelle und ihrer Orchesterakademie kaempft tuechtig dagegen an, vor allem dank der schwungvollen Leitung seines sueafrikanischen Dirigenten Neville Dove. Und die Saenger legen ihrem musikalischen und darstellerischem Temperament keine Zuegel an; mit Volldampf werfen sie sich ins turbulente „Theater auf dem Theater“ – allen voran der ukrainische Bariton Viktor Rud als resolute Mamma Agata sowie die kroatische Sopranistin Evelin Novak als blond-zickige Primadonna mit ausladender Koloratur. Daneben vermag sich noch der Argentinier Fernando Javier Rado als jugendlich-ungestuemer „Maestro“ profilieren. Die uebrigen Saenger hat Donizetti solistisch ziemlich stiefmuetterlich behandelt und sie nur in den Ensembles zu Geltung kommen lassen. Was ein bisschen schade ist, da alle Mitwirkenden der Auffuehrung  Angehoerige des Internationalen Opernstudios der Staatsoper sind und mit ihren schoenen und flexiblen Stimmen das hohe musikalische Niveau dieser Nachwuchfoerderung eindrucksvoll unter Beweis stellen.
Schwachpunkt des musikalischen Spasses zum Abschluss der Saison ist die Regie (Hinrich Horstkotte). Statt einer ausziselierten Komoedien-Choreographie – zappelige Turbulenz. Statt einer Parodie auf alte Theater-Unsitten – ein laienhafter, platter Schwank in modischer, wenig eleganter Freizeitkleidung. Ein paar witzige Anspielungen in den gesprochenen Dialogen (etwa auf die misslungene „Lustige Witwe“ der Staatsoper) und einige effektvolle Auftritte, die den weiten Raum des Magazin ausnutzen, koennen kaum verhindern, dass – was die Regie betrifft – Donizetti’s huebsche Farce zur bieder-platten, deutschen Klamotte missraet.
Viva la musica !

Foto: Monika Rittershaus/Deutsche Staatsoper

Durchs Schluesselloch: Blick auf die Surrealisten in der Neuen Nationalgalerie****

17. Juni 2009VerschiedenesNo Comments


Die Nationalgalerie am Potsdamer Platz praesentiert in diesem Sommer eine kaum bekannte private Sammlung. Zusammengetragen in den letzten 40 Jahren vom Berliner Ehepaar Ulla und Heiner Pietzsch, konzipiert und finanziert vom „Verein der Freunde der Nationalgalerie“. Titel der umfangreichen Ausstellung: „BilderTraeume“ (die eigene Sammlung klassischer Moderne verschwindet deshalb im Depot – eine nicht unproblematische Entscheidung). Es handelt sich um erstmals in Berlin gezeigte Arbeiten von Max Ernst, Rene Magritte, Paul Delvaux, Salvatore Sali, Juan Miro, Andre Masson, Yves Tanguy, Hans Bellmer u.v.a.  Diese Surrealisten und ihre Verwandten (z.B.Leonor Fini, Frida Kahlo) bilden den Schwerpunkt der ueber einen leichten Parcour sich erschliessenden, sehr geschickt inszenierten Ausstellung. Daneben ueberrrascht eine bisher wenig beachtete, aber wichtige Verbindung zu amerikanischen Kuenstlern der 40er Jahre, die von den Errungenschaften der aus Europa exilierten Malern und Skulpteuren profitierten: Jackson Pollock, Ad Reinhardt, Mark Rothko, Robert Motherwell, Barnett Newman. Werke dieser damals noch jungen Maler – bevor sie ihren eigenen Stil zur anerkannten Meisterschaft entwickelt haben.
Ergaenzt wird die oppulente Schau, die vor allem die Vorlieben und Moeglichleiten ihres Sammler-Ehepaares dokumentiert, durch historische Kunst-Zeitschriften und beruehmte Portraet-Fotos der ausgestelltem Kuenstler, unter anderm von Man Ray, Brassai oder Cartier-Bresson.
„Eine Sammlung aus Leidenschaft und Liebe“  – so Christina Weiss, die Vorsitzende der „Freunde“ -, die hoffentlich von vielen Kunst-Freunde und -Interessierte in diesem Sommer (19.6. – 22.11.) bestaunt wird – denn im Winter sollen die Bilder, Skulpturen und Mobiles wieder in die schoene Villa zurueckkehren, die sich Ulla und Heiner Pietzsch in Berlin fuer diese Werke erbaut haben.

Foto:F.Friedrich/Staatliche Museen zu Berlin

Eigenwillig, aber spannend: „Die Entfuehrung aus dem Serail“ in der Staatsoper ****

12. Juni 2009TheaterkritikenNo Comments

Ein dunkler Buehnenkasten – auf halber Hoehe horizontal geteilt:  oben der ganz in Weiss gekleidete Bassa Selim (Sven Lehmann) und seine Gefangene Konstanze (Christine Schaefer), ebenfalls in einem eleganten weissen Gewand. Unten treibt Osmin (Maurizio Muraro), eine Art Hausmeister in Trainingshosen und mit blutroten Handflaechen, sein grobes Spitzel- und Bewachungsgeschaeft. Oder er geht brutal dem hier schwarzhaarigen Blondchen (Anna Prohaska), einer frechen Goere im pinkfarbenen Babydoll, an die Waesche. Kein heiteres Lustspiel in einem bilderbuch-bunten Orient, sondern eine eher heutige, duestere menschliche Tragoedie. Die Paare finden kaum zueinander: der blonde Belmonte (Pavol Breslik) sieht seiner Konstanze nur selten in die Augen, diese wiederum demuetigt mit ihren scharfen Koloraturen (in der beruehmten Martern-Arie) den sich auf dem Boden kruemmenden Bassa. Pedrillo (Florian Hoffmann) ist ein schmaechtiger Rotschopf in schwarzen, kurzen Hosen, aufsaessig zwar, aber machtlos. Am Schluss bruellt der Bassa seine grossmuetige Begnadigung den vier Gefangenen frustiert ins Gesicht, bevor er tuerenknallend durch den Zuschauersaal verschwindet. Die beiden Paare stehen verwirrt und ratlos vor den geschlossenen Proszeniumslogen, waehrend in der Buehnenmitte der Chor als schwarz-dunkle Masse sein Loblied auf den Bassa lautstark intoniert.
Regisseur Michael Talheimer, der die gesprochenen Dialoge sehr geschickt auf das Wichtigste reduziert hat, deutet Mozarts deutsches Singspiel streng-pessimistisch. Nicht nur die Paare finden innerlich kaum zueinander, fast alle Beziehungen sind gestoert – besonders wenn sie wie hier in einer Fremde spielen, die keinerlei exotischen Reiz besitzt, sondern ausschliesslich als abzuwehrende Bedrohung erscheint.
Man muss diese Interpretation von Michael Talheimer nicht teilen, doch die klare, aesthetisch hochsensible Inszenierung,  die sparsam-raffinierte Choreographie der Personen in den weiten, leeren Raeumen (Buehne: Olaf Altmann)  ergeben einen ebenso beeindruckenden wie spannenden Theaterabend.
Dirigent Philippe Jordan und die Staatskapelle untersteichen mit zupackend-dramatischem Gestus auch musikalisch die herbe Lesart dieser „Entfuehrung“ und die Saengerdarsteller erfuellen ihre Rollen durchweg sehr ueberzeugend,  kleinere gesangliche Einwaende eingeschlossen.
Dennoch: etwas einseitig und gelegentlich ueberzogen bleibt Talheimers Mozart – aber immer auf hohem und anregendem Niveau.

Foto:Monika Rittershaus/Deutsche Staatsoper

Zwischen Kitsch und Kunst: Haendel in Halle 2009 ****

7. Juni 2009TheaterkritikenNo Comments


Klar, dass sie Stadt an der Saale, und vor allem ihr Touristenbuero, den weltweit gefeierten 250.Todestag ihres beruehmtesten Sohnes mit hohem Aufwand begeht: Georg Friedrich Haendel (1685 – 1759). Ueberall kleine, kunstgewerbliche Stelen aus Gold-Draht und blauer Pappe, in der gesamten Stadt verteilte Hinweise auf die vielen, teils exotischen Veranstaltungsorte und am Abend der bunt angestrahlte Marktplatz mit restauriertem Haendel-Denkmal. Ihre britische Majestaet Elizabeth II. und der Bundespraesident haben – hochoffiziell und eher virtuell – die Schirmherrschaft uebernommen, waehrend in den unterschiedlichsten Konzertsaetten wie Gaerten, Kirchen und Theatern ein gut buergerliches, international durchmischten Publikum die verschiedenartigen Musikdarbietungen interessiert verfolgt.
Das Opernhaus steuert die Neu-Inszenierung einer fast unbekannten Haendel-Oper bei:
„Il Floridante“ – ein „drama per musica“, das 1721 in italienischer Sprache am Londoner King’s Theater uraufgefuehrt wurde. Das Festspielorchester Halle spielt auf historischen Instrumenten, vom Englaender Christopher Moulds kompetent angeleitet, eine junge, hochbegabte Saengerschar ueberzeugt durch schoene Stimmen und stilistischen Geschmack (besonders Mariselle Martinez in der Titelrolle). Szenisch bemueht sich -  mit einigem Erfolg -  ein franzoesisches Regieteam (Vincent Boussart,Vincent Lemaire, Stephanie Zani) die etwas blutleere Story um einen Tyrannen und zwei liebende Paare im antiken Persien sanft stilisiert, aber psychologisch einsichtig zu verdeutlichen: elegante Arrangements vor matten Spiegelwaenden oder dem haeufig herabgelassenenen, die Szenenfolge teilenden eisernen Vorhang. Viel Beifall und einige Buhs fuer die Regie.
Ungebremster Jubel dagegen im kleinen, historischen Goethe-Theater des benachbarten Bad Lauchstaett. Wolfgang Katschner und seine bewaehrte LautenCompagney praesentieren die

komische Oper „Serse“ als knall-buntes, ironisches Pop-Spektakel im hochgestylten Zuhaelter-Milieu mit blonden Peruecken und dunklen Sonnenbrillen sowie allerlei VideoEinspielungen: von Obama bis Ahmadineschad,  von Disney’s „Alice im Wunderland“  bis zu blutigen Sequenzen aus japanischen Horrorfilmen. Ein bisschen beliebig und gedanklich schlicht, aber die putzmunteren, durchweg guten Saenger (Xerxes:: Susanne Keusch) und das blendend gelaunte Orchester machen aus der parodierenden Buehnenklamotte (Regie:Andre Buecker) eine recht unterhaltsame Begegnung mit dem deutsch-britischen Jubilar Georg Friedrich Haendel.
(Die Auffuehrung des „Serse“ ist eine Koproduktion mit Hannover-Herrenhausen und dem markgraeflichen Theater in Bayreuth).

Foto: Ausschnitt aus dem Plakat der Haendelfestspiel 2009

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