Rainer Allgaier

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Monat: Oktober 2012

Ein Kessel Buntes: ‚Hoffmann’s Erzählungen‘ im Staatstheater Cottbus***

29. Oktober 2012TheaterkritikenNo Comments

Jacques Offenbach konnte sein letztes Bühnenwerk „Les contes d‘ Hoffmann“ nicht mehr selbst vollenden, es wird deshalb seit seiner Uraufführung (Paris 1881) in unterschiedlichen Fassungen gespielt. In Cottbus hat sich der Intendant und Regisseur Martin Schüler für die heutzutage bevorzugte Einrichtung von Fritz Oeser (Kassel 1978) entschieden, behält aber einige der dort (als nicht von Offenbach stammend) ausgeschiedene Musik-Stücke bei, wie etwa die berühmte ‚Diamanten‘-Arie des Dapertutto.
Schüler erzählt die vier turbulenten, jedoch scheiternden Liebes-Affairen des Dichters E.Th.Hoffmann als effektvollen Bilderbogen und betont dabei vor allem die komischen oder grotesken Momente. In Luthers Weinkeller – mit hübschem Blick auf den Gendarmenmarkt – veranstaltet eine Bande Degen-bewaffneter Studenten im Burschenschaft-Outfit ein grotesk-überschäumendes Besäufnis und eine wilde Saalschlacht; die wie Pippi Langstrumpf rotbezopfte Puppe Olympia untermalt ihre Staccato-Koloraturen mit dem Bügeleisen; der dämonische Arzt Miracel benebelt die sangessüchtige Antonia mit weissen Dämpfen aus einem Kindersarg; der skurile Diener Franz entpuppt sich als leidenschaftlicher Tänzer auf Spitzenschuhen, nur die erotischen Bemühungen und die Ausstattung der Kurtisane Giulietta fanden ihr Vorbild wohl eher in deutschen Sex-Shops als in venezianisch-eleganten Luxus-Bordellen.
Diese hübsch – zwischen Biedermeier-Zylinder und modernem Stöckelschuh – verpackten Regie-Einfälle werden von einem gutgelaunten Sänger-Ensemble flott serviert, bestens unterstützt von Even Christ und dem schwung- und klangvoll musizierenden Philharmonischen Orchester. Darüberhinaus gelingt es dem amerikanischen Chef-Dirigenten, das melancholisch-romantische Pathos dieser „phantastischen Oper“ in den grossen Finali (3.und 5.Akt) voll zu entfalten.
Debra Stanley’s Olympia gleicht mit ihren resoluten Koloraturen einer kecken Barbie-Puppe, Cornelia Zink entfaltet als blonde Antonia lyrische Kraft und Gesine Forberger ist (trotz ihres unvorteilhaften Kostüms) eine souveräne Giulietta. Wortverständlich und mit leiser Ironie verköpert der Bariton Andreas Jäpel den dämonischen Hoffmann-Gegner in vierfacher Gestalt, mit köstlicher Geschmeidigkeit verwandelt sich Hardy Brachmann die skurilen Dienerrollen an. Dagegen tut sich Marlene Lichtenberg als Muse und Freund Niklas mit Offenbachs flinken Couplets sehr schwer, erst in den lyrischen Partien nach der Pause vermag sie ihren Mezzo klangschön einzusetzten.
Und auch Jens Klaus Wilde als Hoffmann gelangt gelegentlich an seine stimmlichen Grenzen, doch überzeugt er insgesamt durch eine ebenso temperamentvolle wie kluge und rollendeckende Gestaltung.
„Hoffmann’s Erzählungen“: eine freundlich-nette Unterhaltung, auch wenn die Cottbusser Leseart mehr an ‚Operette‘ als an ‚Grosse Oper‘ denken lässt.

Foto: Staatstheater Cottbus/Marlies Kross

nächste Vorstellungen:18.Nov./ 16.und 26.Dez.2012

Extase am Kletter-Felsen: ‚Parsifal‘ in der Deutschen Oper Berlin ***

26. Oktober 2012TheaterkritikenNo Comments

Eine Jubiläums-Inszenierung sollte es werden  -  zum 100. Geburtstag des Charlottenburger Opernhauses, das einst pünktlich zur Freigabe des „Parsifal“ dieses letzte Werk Richard Wagners am 1.Januar 1914 erstmals in Berlin vorgestellt hat. (Bis dahin durfte ‚Parsifal‘ nur im Bayreuther Festspielhaus  aufgeführt werden).
Gleichzeitig ist diese Neueinstudierung die erste Gross-Produktion des neuen Leitungs-Teams der heutigen Nachfolgerin an der Bismarkstrasse, der ‚Deutschen Oper‘, auf der in den letzten Jahren technisch-renovierten Bühne.
Der dafür engagierte Regisseur Philipp Stölzl hat bereits mit „Rienzi“ vor 3 Jahren an gleicher Stelle einen beachtlichen Erfolg erzielte. Von Hause aus ist er ursprünglich Designer, Bühnenausstatter, Werbe- und Videoclip-Filmer. Und auch für den neuen „Parsifal“ entwarf er das alle Akte prägende (Einheits-)Bühnenbild: eine wilde Felsen-Landschaft mit schruntigem Boden, steilen Aufstiegen und hohen Plataus. Deutlich aus Pappmasche und von weissen Neon-Röhren – meist schwach – beleuchtet. Die Gralsritter sind eine ekstatische Büsser-Sekte, die in mittelalterlichen Kutten sich mit Peitschen geiselnd durch Felsenspalten drängt oder ihren leidenden Ober-Guru Amfortas in einer Felsen-Nische deutlich sichtbar heil-badet. Der von dieser Sekte abgefallene Klingsor ist dagegen zu einem Azteken-Priester mutiert, der offensichtlich Menschenopfer-Rituale pflegt. Was Wunder, dass Parsifal im modernen Büro-Anzug mit korrekt sitzender Krawatte etwas unbeholfen und deplaziert zwischen diesen seltsamen Sektierern herumirrt.
Doch damit er – und auch das Publikum im Zuschauerraum -  die seltsame Religions-Gemeinschaft richtig verstehen, werden immer wieder ‚lebende Bilder‘ eingeblendet, die Szenen aus der Vergangenheit darstellen – angefangen (während des langen Vorspiels) mit der Kreuzigung und dem Tod Christi‘, wie seine Leiche danach mit einer Lanze durchbohrt und wie ein Jünger das austropfende Blut in einem Kelch auffängt. Und Lanze und Kelch so zu Reliquien der Gralsgemeinschaft werden.
„Parsifal“ als schillernde Bilderfolge zwischen Oberammergau und kritischer Beleuchtung christlich-religiöser Auswüchse – mal in klug beobachten Details (die Charakterisierung der Kundry), mal in effektvollen, aber kunstgewerblichen Arrangements (Blumenmädchen, die sich geiselnden Rittermassen). Das Ergebnis, gedanklich kaum originell, ist zwiespältig.
Musik-Chef Donald Runnicles leitet umsichtig das bestens aufgelegte Orchester der Deutschen Oper:  bevorzugt rasche Tempi,  sorgt für einen satten, aber durchsichtigen Klang, bleibt immer souverän in der Koordination von Bühne und Orchester. Die Delikatesse seines „Tristan“ erreicht er hier allerdings nicht.
Der Chor unter William Spaulding klingt je nach Situation wuchtig oder ätherisch, hat gelegentlich aber (akustische) Schwierigkeiten beim Kraxeln auf den Felsen.
Von den Sängern gebührt die Palme dem altbewährten Matti Salminen: immer noch ein Gurnemanz von grosser Eindringlichkeit und Ausdruckskraft. Der gefeierte Klaus Florian Vogt überzeugt als Parsifal durch seine knabenhaft, helle Tenorstimme, bleibt aber darstellerisch etwas blass. Eindrucksvoll: Evelyn Herlitzius – eine schlanke Kundry in schwarzem Chiffon, mit zwar reifem, aber klug gestaltendem Sopran. Solide ergänzen Alejandro Marco-Buhrmester (Amfortas), Thomas Jesatko (Klingsor)und Albert Pesendorfer (Titurel) das Solisten-Ensemble.
Am Ende wird der saloppe Parsifal – nun im dunklen Anzug – zum neuen Gralshüter gekrönt, Amfortas aber tötet sich – im Gegensatz zum Original – selbst mit der heiligen Lanze, während Kundry am Leben bleibt und in der Menge verschwindet :  von der hehren Glaubens- zur fundamentalen Sektierer-Gemeinschaft, so präsentiert sich Wagners ‚Bühnenweihfestspiel‘ heute nach 100 Jahren  -  in Charlottenburg!

Poster/Foto: c.Stan Hema/Deutsch Oper Berlin

nächste Vorstellungen: 28.Oktober/ 4.November 2012

Zwischen Berg und Blues: ‚American Lulu‘ in der Komischen Oper ***

7. Oktober 2012TheaterkritikenNo Comments

Der Komponist Alban Berg (1885-1935) hat seine dreiaktige Oper „Lulu“, deren Libretto er selbst nach den Dramen von Frank Wedekind gestaltete, unvollendet hinterlassen: vom Schluss-Akt existieren nur Skizzen und einige kurze Instrumental-Passagen.
Mehrere Ergänzungsversuche liegen zwar vor, doch jetzt beschritt die rennomierte, österreichische Komponistin Olga Neuwirth (geb.1968) einen ganz anderen Weg, indem sie Text und Musik zu einem neuen dritten Akt erfand. Dieser spielt im New York der 1970er Jahre und zeigt die reich gewordene Edelprostituierte Lulu, die sich in einer grossen Rückblende an ihre Vergangenheit im  – von Rassenunruhen beherrschten -  New Orleans der 1950er Jahre erinnert: dies sind dann die überarbeiteten Akte 1 und 2 der Oper von Berg.
Olga Neuwirth hat jedoch Bergs Paritur für Jazz-Orchester uminstrumentiert, auch einige neue Klänge hinzugefügt, das Libretto verkürzt und Szenen umgestellt. In den (Umbau-)Pausen dazwischen lässt sie Texte von Martin Luther King oder der Lyrikerin June Jordan sprechen. Der neue dritte, in New York spielende Akt zeigt dann eine sehr selbstbewusst gewordene Lulu und gipfelt in einer dramatischen Aussprache mit der ebenfalls ihres Wertes bewussten Eleanor (ex: Gräfin Geschwitz), die Lulus Escarpaden nicht länger dulden will und sich stolz von ihr trennt. Lulu bleibt allein zurück. Ob sie ermordet wird, ist offen.
Die Komponistin collagiert in ihrer englisch gesungenen Lulu-Version allzu Vielerlei. Musikalisch: Bergs Musik übermalt, eigene Töne, Jazz, folkloristisches Idiom (Mississippi!);  inhaltlich: feministischer Blick auf die Lulu-Figur, soziale Diskriminierung und (amerikanischen) Rassismus. Von allem etwas, raffiniert gestaltet, aber nicht zwingend oder berührend.
Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov, der auch Bühne und Kostüme entwarf, zeigt – mit Hilfe schwarz/weisser Video-Überblendungen – eine kühl-gläserne Welt, anspielend auf Bilder von Edward Hopper, in der sich grau-bemäntelte Männer flink und anonym durch die jeweiligen Szenen bewegen. Im Mittelpunkt zwei farbige Sängerdarstellerinnen: Marisol Montalvo – eine schlanke, elegante Lulu je nachdem im schmalen weissen Abendkleid, im knappen Pailletten-Bikini mit Federboa oder im grau-seidenen Hosen-Anzug: überzeugend durch klare Gesangslinie und perlende Koloratur. Als attraktiver Gegenpart profiliert sich Della Miles als Eleanor mit Afro-Look-Perücke und einer rauchigen, blues- gesättigten Stimme. Die Männer bleiben – wenn auch stimmlich präsent – als Personen eher blass: Claudio Otelli als Dr.Bloom (Dr.Schön), Rolf Romei als Jimmy (Alwa) oder der bass-brummige Farbige Jacques-Greg Belobo in der Rolle des Clarence (Schigolch).
Die Verpflanzung des europäischen Mythos Lulu in eine amerikanische Umgebung: ein interessanter Versuch – aber nicht ganz überzeugend. Dass jedoch im Haus in der Behrenstrasse in der (englichen) Originalsprache gesungen wird, kommt einer kleinen Revolution gleich – und dies bei einer ursprünglich deutschen Oper : eine hübsche Pointe.

Foto:Gunnar Geller/Gestaltung:Blotto Design/Komische Oper Berlin
nächste Vorstellungen:10.Oktober/ 06.und 17.November

2012

Verirrt im Pixel-Wald: ‚Siegfried‘ in der Staatsoper (im Schillertheater)**

4. Oktober 2012TheaterkritikenNo Comments

Fortsetzung von Richard Wagners ‚Ring des Nibelungen‘, der seit 2010 – als Ko-Produktion mit der Mailänder Scala -  von Daniel Barenboim und dem belgischen Regisseur Guy Cassiers geschmiedet wird. (Die abschliessende ‚Götterdämmerung‘ soll im April des nächsten Jahres folgen). Bisher (‚Rheingold’und ‚Walküre‘) war’s vor allem ein Erfolg der musikalischen Seite, die szenische Realisierung dagegen umstritten.  Auch der ‚Siegfried‘ setzt diese Linie fort.
Guy Cassiers, der auch sein eigener Bühnenbildner ist, klotzt mit digitalen Oberflächenreizen. Auf grossen Videowänden flimmern – mal schwarz/weiss, mal in Farbe – rauschende Laubwälder, Vogelschwärme, Flammen oder meist mehr oder weniger abstrakte, sich ständig verändernde Zeichen. Davor bewegt sich Siegfried in Lederkluft, während Alberich, Wotan, Mime und vor allem die Damen Brünnhilde, Erda und Waldvogel in voluminösen Fantasie-Gewändern aus (scheinbar) kostbar-luxuriösen Stoffen mit meterlangen Schleppen hin- und herschreiten. Und zu allem Überfluss huschen 5 Tänzer in dunklen Anzügen um Siegfried in kunstgewerblichen Eurythmie-Bewegungen herum (im 2.Akt): so symbolisierend mal mit heftig geschütteltem Leintuch den Drachen, mal mit gekreuzten Schwertern die Tarnkappe. (Choreographie – man glaubt es kaum – der berühmte Sidi Labri Cherkaoui aus Antwerpen).
Das Ganze: oberflächlich-dekorativ als wär’s ein schickes, modisches Event für eine (gutbetuchte) ‚Jeunesse doree‘.
Bei solch langweilig-äusserlichem Arrangement ist der Abend ein Heimspiel für Daniel Barenboim und seine grossartige Staatskapelle: nach etwas verhaltenem Beginn entfalten Dirigent und Musiker die dramatische Klangpracht Richard Wagners satt und samtig: von den stählernen Schmiedelauten in Mimes Werkstatt, vom zarten Waldweben und den grummelden Tönen vor Fafners Drachen-Höhle, bis zur strahlend-leuchtenden Liebes-Glut der von Siegfried wachgeküssten Brünnhilde in seliger Höh‘.  Das grosse Plus des Abends!.
Das Ensemble der Sängerdarsteller: gemischt. Am Besten: Johannes Martin Kränzle als fies-lauernder, textverständlicher (!) Alberich. Der Kanadier Lance Ryan als attraktiver, dunkelhaariger Siegfried hat zwar einige Schwierigkeiten mit der Ton-Schönheit, beeindruckt aber durch das (bis zur letzten Szene) gezeigte, erstaunliche Durchhaltevermögen seines kräftig-hellen Tenors.  Anna Larsson ist – in ihrem Kurz-Auftritt – die bewährte, dunkelstimmige Erda, der Engländer Peter Bronder ein solider Mime ohne besonderes Profil und Mikhail Petrenko leiht den wenigen Gesangs-Takten des Drachen Fafner seinen tiefen Bass.
Allzu spitz dagegen klingen die Töne des Waldvogels (Rinnat Moriah), grell gellen Brünnhildes hohen Töne durch das Schillertheater (Irene Theorin) und entäuschend blass bleibt der finnische Bariton Juha Uusitalo als wandernder Wotan.
Ein zwiespältiger Abend:  er erweckt Zweifel, ob sich dieser deutsch-italienische ‚Ring‘ noch zu einem nicht nur hörenswerten, sondern auch szenisch-attraktiven Schmückstück zu Ende schmieden lässt.

Foto: Monika Rittershaus/Staatsoper Berlin

nächste Vorstellungen: 06.und 10.Oktober 2012 // 27.März, 07.und 18.April 2013

Erhellend: ‚Liebe‘ von Michael Haneke*****

2. Oktober 2012FilmkritikenNo Comments

Ein wohlsituiertes, altes Paar in einer grossen, bürgerlichen Wohnung in Paris: Anne (Emmanuelle Riva) und Georges (Jean-Louis Tritignant), beide einst mit klassischer Musik beschäftigt, beide um die 80 Jahre alt. Unerwartet erleidet Anne einen Schlaganfall, eine Operation misslingt, als halbseitig Gelähmte kommt sie im Rollstuhl nach Hause zurück und bittet ihren Mann, sie niemals wieder in ein Krankenhaus zu bringen. Georges pflegt Anne hingebungsvoll, auch gegen den Willen der gelegentlich zu Besuch aus dem Ausland kommenden Tochter Eva (Isabelle Huppert), die ihre Mutter wohl eher in einem Altenheim unterbringen würde. Ein weiterer Schlaganfall folgt, Anne vermag nicht mehr zu sprechen, stösst lediglich unartikulierte Laute aus, lässt sich nur unter schwierigen Umständen füttern und windeln. Eine rasch engagierte Pflegerin erweist sich als unsensible, grobe Frau, Georges muss sie wieder entlassen, gerät jedoch selbst an die physische und psychische Grenze seiner Kraft.
Michael Haneke erzählt diese alltägliche Geschichte ganz unsentimental und ohne jede Larmoyanz, aber zugleich voller Emphatie. Und zwar ausschliesslich mit künstlerischen Mitteln: einer raffinierten, stark elliptischen Erzählstruktur und in langen, ruhigen Einstellungen. Es gibt keine untermalende, die Emotionen des Zuschauers beeinflussende Musik, nur natürliche Alltagsgeräusche. Dennoch spielt Musik eine wichtige Rolle: Anne hat einst junge Pianisten ausgebildet – einer ihrer erfolgreichen Schüler (der Pianist Alexandre Tharaud als er selbst) kommt zu Besuch und spielt auf ihren Wunsch noch einmal eine der Beethovenschen Bagatellen: in diesen Momenten wird Anne schmerzlichst bewusst, das sie sterben wird – und sie wird keine Musik mehr anhören. Klug entgeht Haneke auch der erzählerischen Falle, zwei auschliessliche ‚Gut-Menschen‘ zu porträtieren: immer wieder zeigt er Spannungen und Verärgerung zwischen den beiden alten Menschen, vor allem Georges Verzweiflung und (teilweise) Überforderung, die sich in eingeblendeten Alpträumen kundtut oder in zwei Szenen, in denen eine Taube sich (durch den Luftschacht) in die Wohnung verirrt – und Georges vor die Alternative gestellt ist, sie frei zu lassen oder zu töten.
Michael Haneke bebildert keine Thesen oder diskutiert szenisch über Alter und Tod – er erzählt einfach eine Geschichte, wie sie sich täglich und überall ereignen kann – wenn auch jeweils unter anderen Begleitumständen.
Das Grossartige an Hanekes Film ist dabei die künstlerische Umsetzung: die intelligent-ziselierte Erzählstruktur, die delikate und diskrete Kamera (Darius Khondji) und die hochsensible Führung der exzellenten Schauspieler: all dies dient dem schnörkellosen Sichtbarmachen von etwas, das über das eindrucksvoll-bewegende Dokumentieren des körperlichen Verfalls hinausgeht: die Beschreibung menschlicher Gefühle und Empfindungen, die mit dem ebenso schlichten wie in diesem Zusammenhang verblüffendem Titel des Films umschrieben werden: „Liebe“.

Poster/Verleih: X Film

zu sehen: Hackesche Höfe Kino (OmU); Cinema Paris (OmU); Blauer Stern; Capitol Dahlem; Delphi; International; Kino in der Kulturbrauerei; Yorck; Thalia Potsdam

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