Rainer Allgaier

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Monat: November 2007

Chaos auf dem Kinderspielplatz: „Die Verurteilung des Lukullus“ in der Komischen Oper *

26. November 2007TheaterkritikenNo Comments

lukullus.jpgDer roemische Feldherr Lukullus ist tot. Ein Staatsbegraebnis wird angeordnet. Im Totenreich aber muss Lukullus sich vor einem Schoeffengericht rechtfertigen: Held fuers Vaterland oder Verraeter ?  Aufgewogen werden 80-tausend Kriegs-Tote gegen die Einfuehrung des Kirschbaum und so lautet das Urteil :“Ins Nichts mit ihm!“ Unter dem Eindruck des 2.Weltkrieges beschaeftigte sich Brecht erstmals mit dem Stoff, 1951 wurde daraus gemeinsam mit Paul Dessau die Oper: Die Verurteilung des Lukulls. Sie loeste eine grosse Kulturdebatte innerhalb der DDR aus und gehoerte spaeter zu den Standartwerken innerhalb des sozialistischen Kunstkanons. Die Neuinszenierung an der Komischen Oper sollte nun ihre Lebensfaehigkeit auf heutiger Buehne ueberpruefen. Die gelingt jedoch nur bedingt. Regisseurin Katja Czellnik und ihr Team entfesseln einen modernen Kindergeburtstag in einem silber-wattierten, wuerfelartigen Raum, dessen Decke sich ab und zu senkt. Ein Bewegungs-Chor in haesslichen Freizeit-Klamotten zappelt zwischen Mappet-Taenzchen und Koch-Show hin und her; es werden rote Clowns-Nasen verteilt oder Riesen-Kirschen auf nackten Baeuchen zerquetscht. Dazwischen versucht der blonder Lukullus als Entertainer im weissen Anzug Ordnung in diese wilde Pixel-Party zu bekommen. Doch da – Hauptuebel des Abends – kaum deutlich gesungen oder gesprochen wird, versteht man nur Bahnhof, uebrig bleibt ein farbig-schrilles Chaos. Ein Lehr- oder Leer-stueck ?
Ganz im Gegensatz dazu die Musik von Paul Dessau, die an diesem Abend ungewohnt frisch wirkt. Sie verbluefft mit grotesken  Militaer-Marschen, puccini-parodierende Arien und pfiffig-schraegen Ensembles. Dirigent Eberhard Kloke, das schlagwerk-starke Orchester und der Chor bringen diese effektvolle Partitur zu wirkungsvoller Entfaltung. Kor-Jan Dusseljee als Lukullus mit einigen Heldentenor-Toenen, Jens Larsen als bass-grummelnder Totenrichter und Markus John in der Rolle des kasperleartigen Kommentator vermoegen sich am eindrucksvollsten zu profilieren. Der Rest verschwand im kunterbunten Treiben der Papp-Kameraden zwischen Video-Clips und Pop-Theater. Ein harmloses Vergnuegen.

Foto:Komische Oper Berlin

Grossartig und beklemmend: „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“ von Cristian Mungiu*****

25. November 2007FilmkritikenNo Comments

2_tage.jpgRumaenien 1987. Zwei Studentinnen einer polytechnischen Hochschule teilen sich ein Wohnzimmer im Studentenheim. Die eine plant einen illegalen Schwangerschaftsabbruch, die andere leistet ihr Hilfsdienste; besorgt ein Hotelzimmer, schleusst den Arzt dorthin, beseitigt schliesslich den Foetus. Zwischendurch muss sie noch auf die feucht-froehliche Geburtstagsfeier der Mutter ihres etwas biederen Verlobten. Am Ende sitzen zwei ernuechterte Frauen an einem Restaurant-Tisch, deren Freundschaft fast an den unwuerdigen, haesslichen und teils selbstverschuldeten Ereignissen zerbrochen waere.
Der an einem Tag und in einer Nacht spielende Film gleicht einer Reportage, die praezise und ohne jede Larmoyanz die gefaehrlichen Ereignisse vorfuehrt. Zugleich ist der Film ein Abbild der damaligen rumaenischen Diktatur und ihre furchtbaren Auswirkung auf das menschliches Verhalten im alltaeglichen Leben: Demuetigungen, Unterdrueckung, Bespitzelung, Korruption – und der Zurueckzug ins Private, wo man seine Persoenlichkeit, seine Individualitaet weitgehend noch ohne staatliche Ueberwachung ausleben konnte. Dabei enthaelt sich die Regie jeglicher moralischen Wertung der einzelnen Personen und ihrer Handlungen: keiner ist boese oder gut, alle spiegeln nur in unterschiedlichen Reaktionen die Auswirkung der politischen Verhaeltnisse: die harschen Empfangsdamen in den Hotels, der intelligente und gleichzeitig brutale Arzt, die scheinbar ueber Banalitaeten plaudernde Familie des Verlobten, die Schwarzhaedler im Studentenwohnheim. Auch die beiden Studentinnen sind scharf charakterisiert: die eine aengstlich, unpraktisch und etwas konfus, die andere voll zielstrebiger Enegie, dabei aber hoch sensibel und empfindsam. Die Kunst des Regisseurs besteht – neben der brillianten filmischen Umsetzung – in der messerscharfen Balance zwischen kuehler Beobachtung und emotionaler Anteilnahme – Meisterstueck einer gesellschaftlichen Analyse und eines menschlich packenden Dramas. Kein Unterhaltungs-Kino – aber ein leidenschaftlicher Film.
Goldene Palme in Cannes 2007.

Foto/Verleih: Concorde

Spannende Diskussion: Robert Redford’s „Von Loewen und Laemmern“ ***

19. November 2007FilmkritikenNo Comments

lionsforlambs_poster_2.jpgDrei kurze Geschichten verknuepft auf indirekte Weise Regisseur (und Darsteller) Robert Redford in seinem neuen Film. Eine erfahrene Journalistin (Meryl Streep) interviewt in Washington einen aufstrebenden Senator der republikanischen Partei (Tom Cruise): er will seine neue Taktik der Kriegsfuehrung in Afghanistan mit ihrer Hilfe der Oeffentlichkeit vermitteln. Doch sie zoegert, die Taktik kommt ihr bedenklich vor, auch will sie sich nicht von dem ehrgeizigen Politiker als Sprachrohr benutzen lassen. Zur gleichen Zeit waescht an einer kalifornischen Universitaet ein aelterer Professor (Robert Redford) einem wohlhabenden und jugendlich-laessigen Studenten den Kopf: wirft ihm Interesselosigkeit an seiner Umwelt und mangelndes gesellschafts-politisches Verhalten vor. Und in den verschneiten Bergen Afghanistan’s kaempfen verzweifelt zur gleichen Stunde zwei junge Soldaten, Studenten eben jenes Professors, die sich aus armen Verhaeltnissen bis zum Universitaets-Abschluss hochgearbeitet haben, gegen eine Gruppe langsam sich naehernder Taliban-Krieger. Ein US-Kommandant versucht die beiden zwar in einer waghalsigen Hubschrauberaktion zu retten, aber vergeblich.
Redford zeigt ein verunsichertes Amerika,das nicht nur versucht des weltweiten Terrors Herr zu werden, sondern das auch sein eigenes Verhalten moralisch in Frage stellt. Welche politischen Mittel sind gerechtfertigt, welche Rolle spielen die Verantworlichen, welche die Presse und wo bleibt das Engagement der Buerger, der befeuerende Idealismus einer studetischen Generation ? Naturgemaess ist ein solcher Film sehr dialog-lastig, doch da auf schwarz-weiss Zeichnung verzichtet wird und stattdessen mehrere unterschiedliche Standpunkte einander  gegenueber gestellt und durchdisskutiert werden, verlaufen diese Auseinandersetzungen aeusserst spannend. Die ausgezeichneten Darsteller, die kluge Dramaturgie und eine zurueckhaltende Regie verstaerken den positiven Gesamteindruck: eine packende Diskussion um die „richtige“ Politik im Amerika Bush’s. Am Ende steht eine stumme – sehr filmische – Szene: mit dem Taxi faehrt die zweifelnde Journalistin durch Washington, vorbei am Lincoln-Memorial, am Weissen Haus und an den tausenden Graebern des Friedhofes von Arlington – im Kopf lauter offene Fragen.

Plakat/Foto: Twentieth Century Fox

Glueckliches Ende: Gluck’s „Paride ed Helena“ im Konzerthaus ****

10. November 2007TheaterkritikenNo Comments

zagrosek.jpgRundum gelungen ist der 3. und abschliessende Abend eines Gluck-Projektes, das Lothar Zagrosek und sein Konzerthausorchester innerhalb von nur vier Wochen praesentierten. Nach „Orpheus“ und „Alkeste“ jetzt die dritte Reformoper von Gluck, das sehr selten gespielte Drama per musica „Paride ed Elena“(1770). Obwohl inhaltlich Konzessionen an die adligen Auftraggeber gemacht werden mussten, behielten Gluck und sein Librettist die von ihnen zuvor eingefuehrten Neuerungen in der Oper bei. Also Wahrhaftigkeit und Natuerlichkeit statt Prunk und Pomp. Frei nach der antiken Vorlage wird hier der Triumph einer alle Konventionen durchbrechenden Liebe geschildert (der trojanische Prinz erobert die sproede Spartanerin, die hier nur verlobt ist!) – ohne langatmige Secco-Rezitative und ohne barocke Da-capo-Arien. Dafuer eine Vielfalt kurzer,melodiengesaettigter Musiknummern, die schnell und kontrastreich ineinandergreifen. Schoenste Ariosi, vom Orchester in ungewoehlicher Vielfarbigkeit begleitet. Lothar Zagrosek feuerte sein Konzerhausorchester kraeftig an, lies vor allem die solistischen Instrumental-Begleitungen bluehen und sorgte temperamentvoll fuer dramatische Spannung. Ruth Ziesak gestaltete eine bezaubernde Helena mit glockenklarer Hoehe, Marius Brenciu ueberzeugte nicht nur sie, sondern auch das Publikum, durch seinen flexibel gefuehrten, lyrischen Tenor. Als Liebesstifter Amor bewaehrte sich Jutta Boehnert aufs Charmanteste, klangschoen ergaenzt vom Rias-Kammerchor. Musikalisch ein Volltreffer, die szenischen Beigaben (arrangiert von Joachim Schloemer) mit Video-Waenden und kleineren oder groesseren Wanderungen der Saenger durchs Orchester oder den Saal bleiben Geschmacksache. Dennoch: der Abschluss des Gluck-Projektes erwies sich als echtes „Happy End“.

Bild: L.Zagrosek /Foto: Konzerthaus

Hacke-Beil und schwarzer Sand: „Cassandra/Elektra“ in der Deutschen Oper ***

10. November 2007TheaterkritikenNo Comments

elektra.jpgSpielzeit-Eroeffnung mit antikem Doppel-Projekt: der unbekannte Einakter „Cassandra“ des italienischen Komponisten Vittorio Gnecchi und Richard Strauss‘ viel gespielte „Elektra“. Beide Werke entstanden um die gleiche Zeit, haben aber ausser der antiken Stoff-Vorlage wenig miteinander zu tun. „Cassandra“ schildert in rund 50 Minuten, die Rueckkehr des Agamemmnon aus dem trojanischen Krieg und dessen Ermordung durch seine Frau Klytaemnestra, die damit die fuehere Opferung der Tochter Iphigenie raechen will. Die Musik gleicht einem „Puccini-light“ und gipfelt am Ende in einem grossen Monolog der Cassandra, die kommendes Unheil voraussieht. Die polnische Mezzo-Sopranistin Malgorzata Walewska gestaltet dies sehr eindrucksvoll. Ansonsten braves Rampemsingen vor goldener Torwand.
Das Schwergewicht des Abends bleibt die Strauss’sche „Elektra“. Kirsten Harms, die den gesamten Abend regielich betreut, liess sich einen steilen, bronzefarbenen Schacht bauen, dessen Boden mit dunklem Sand bedeckt ist. Darin wuehlt sich ausgiebig Elektra, durch diesen muessen alle anderen Personen mehr oder weniger geschickt stapfen: die Maegde in schwarzen Pumps, Klytaemnestra im roten Feder-Mantel.Und immer wird das langstilige Beil mit herumgeschleppt : dick aufgetragenes Symbol – ebenso wie blutverschmierte Haende und Gesichter. Am Ende kriechen weisse Lemuren wuermergleich durch den blutbeflekten Sand – doch die theatralische Erkenntnis bleibt bescheiden. Leopold Hager, Musikchef der Wiener Volksoper, betont die lyrischen Momente der Strauss-Musik, bemueht sich um Transparenz und sorgt auf diese Weise dafuer, dass die Saenger sich entfalten koennen und nicht vom klanggewaltigen -gut spielenden- Orchester ueberdeckt werden. Jeanne-Michele Charbonnet (Amerikanerin aus New Orleans): eine intensiv spielende Elektra, Jane Henschel als Klytaemnestra, Manuela Uhl in der Rolle der mehr fraulichen Schwester – zusammen mit dem uebrigen Saengern bilden sie ein ueberzeugendes Darsteller-Ensemble, solide und wohlklingend. Das Aussergewoehnliche aber bleiben Inszenierung und musikalische Praesentation schuldig. Was nicht nur fuer „Elektra“ zutrifft, sondern fuer den gesamten Abend: ein Antiken-Projekt als Hausmannskost.

Foto:Barbara Aumueller/Deutsche Oper Berlin

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