Rainer Allgaier

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Monat: Juli 2011

Exotischer Chic: ‚Matsukaze‘ in der Staatsoper im Schillertheater ***

16. Juli 2011TheaterkritikenNo Comments

Eine ‚Choreographische Oper‘ nennt Sasha Waltz ihre neue Arbeit, die im Mai dieses Jahres in Brüssel uraufgeführt wurde und jetzt in Koproduktion mit der Berliner Staatsoper im Schillertheater gezeigt wird.
„Matsukaze“ basiert auf einem alten, japanischen Stück des No-Theaters, in dem ein Mönch bei seiner Pilgerfahrt an der Meeresküste von Suma auf die nächtlichen Geister eines Schwestern-Paares stösst, das vor vielen Jahrhunderten sich in einen Edelmann aus der Hauptstadt verliebte, der aber nach drei Jahren zurück musste und kurz darauf starb. Die Geister-Schwestern bitten den Mönch um Erlösung, es kommt zu hoch emotionalen Szenen.  Als die Sonne aufgeht, ist der phantastische Spuk vorbei, der Mönch wandert weiter.
Der renommierte japanische Komponist Toshio Hosokawa (geb.1955), dessen Werke zur Zeit von vielen Orchestern in aller Welt (Cleveland, Wiener- und Berliner Philharmoniker) aufgeführt werden, hat diese elegische Parabel mit einer Mischung aus fernöstlichem Idiom und westlich-atonaler Avantgarde wirkungsvoll unterlegt und coloriert. Meeres- und Wind-Geräusche, japanische Glöckchen, sanfte Streicher-Cascaden und mächtige Blech-Gewitter verweben sich mit den wohlklingenden Stimmen der beiden toten Schwestern zu einem attraktiven Klang-Bild.
Sasha Waltz inszeniert das märchenhafte Geschehen als elegant-stilisierten Traum. 14 Tänzer in schicken Hosen-Röcken, changierend  zwischen schwarz und weiss, huschen in hohem Tempo über die zunächst leere Bühne, recken die Arme in die Höhe, gruppieren sich zu massiven, eindrucksvollen Skulpturen. Effektvoll schiebt sich dann ein dunkler Vorhang aus wild verknüften Fäden an die Rampe, in dem die beiden Schwestern, hell gewandet, wie phantastische Insekten herumklettern. Leichte Stäbe fallen wie bei einem Mikado-Spiel aus dem Bühnenhimmel und formen sich dann zu mattenartigen Umhängen der Tänzer.
Sasha Waltz verzichtet so auf alle naturalistischen Details und erfindet stattdessen eine abstrakt-poesievolle Bilderwelt, die dem Spiel einen tieferen, gedanklichen Horizont öffnet.  Dass dabei gelegentlich die Grenze zum Kunst-Gewerbe gestreift oder überschritten wird, liegt in der Natur einer solchen Inszenierung.
Herrausragend sind die Interpreten: die fabelhaft singenden und tanzenden Darstellerinnen der beiden Schwestern: Barbara Hannigan (Sopran) und Charlotte Hellekant (Mezzo), sonor als Bass, aber etwas steif in der Personenführung Frode Olsen als Mönch. Perfekt die Tänzertruppe von Sasha Waltz, geschmeidig die acht Chorsänger des Vocalconsort Berlin und äusserst präsent die Staatskapelle unter dem jungen, aufstrebenden Spanier Pablo Heras-Casado.
Welche Bedeutung und Bühnen-Laufbahn diese ost-westliche „Matsukaze“ besitzt, mag die Zukunft erweisen. Dass das aktuelle, choreographische Kostüm, das Sasha Waltz ihr verpasst hat, den Geschmack und die Erwartung des augenblicklichen Publikums perfekt trifft, beweist der grosse Erfolg der Aufführung  – in Brüssel wie in Berlin.

Foto:Bernd Uhlig/ Staatsoper Berlin

Vorstellungen: 15./ 16./ 17.Juli 2011

Exotischer Chic: ‚Matsukaze‘ in der Staatsoper im Schillertheater ***

16. Juli 2011AllgemeinNo Comments

Eine „Choreoraphische Oper“ nennt Sasha Waltz ihre neue Arbeit, die sie im Mai dieses Jahres in Brüssel uraufführte und jetzt als Koproduktion mit der Staatsoper Berlin im Schillertheater zeigt. „Matsukaze beruht auf einem alten japanischen Stück des No-Theaters und schildert wie ein Mönch auf seiner Pilgerfahrt am Meer Rast macht und dort in der Nacht den Geistern zweier Schwestern begegnet, die vor vilelen Jahren als arme Salzfrauen einen Edelmann aus der Hauptstadt liebten, bis dieser nach drei Jahren zurück musste und kurz darauf starb. Als der Mönch am nächsten Morgen erwacht ist der Suk vorbei. Der rennomierte japanische Komponist Toshio Hosokawa (geb.1955), der unter anderem in Berlin studierte und dessen Werke oft von vielen grossen Orchester (u.a.Clevland Orchestra, Wiener- und Berliner Philharmoniker)aufgeführt werden, schrieb dazu eine Musik, die östliches Idiom mit westlich-atonaler Avantgarde verbindet. Meeres- und Wind-Geräusche, japanische Glöckchen, Streicher-Cascaden und Blech-Gewitter untermalen und colorieren die elegische Parabel von der Sehnsuchts-Liebe der toten Schestern, deren Stimmen sich zu endlos-schönen Ton-Ketten verbinden. Sasha Waltz hat das traumhafte Geschehen auf einer leeren Bühne angesiedelt

Eine ganz normale Familie: ‚Nader und Simin – Eine Trennung‘ von Asghar Farhadi ****

15. Juli 2011FilmkritikenNo Comments

Teheran heute: Nader ist Bankangestellter, Simin arbeitet als Lehrerin, beide gehören einer wohlhabend-bürgerlichen Mittelschicht an, ihre 11jährige Tochter Termeh ist eine kluge, gut erzogene Schülerin. Doch etwas läuft schief in dieser kleinen Familie:  in der langen, ersten Szene des Films sitzen Nader und Simin (frontal in die Kamera blickend) vor dem Scheidungsrichter und begründen wortreich ihre jeweilige Position. Simin möchte ins Ausland, da ihre Tochter nicht unter den aktuellen Bedingungen im Iran aufwachsen soll (die notwendigen Papiere hat sie bereits in der Tasche), doch Nader will seinen alzheimerkranken Vater, der bei ihnen wohnt, nicht verlassen. Mit der Frage, ob die Tochter nicht auch in Teheran gut aufwachsen könne, weisst der Richter die Scheidungsklage kühl zurück.
Daraufhin verlässt Simin, die sich von Nader unverstanden fühlt, die gemeinsame Wohnung, und zieht zu ihrer Mutter, während die noch schulpflichtige Tochter darauf beharrt, bei Papa und dem kranken Grossvater zu bleiben. Da Nader tagsüber in der Bank arbeitet und Termeh zur Schule muss, verpflichtet Nader für die Zeit seiner Abwesenheit eine junge Frau als Haushaltshilfe und Pflegerin seines Vaters. Diese junge Frau, die aus einem der ärmeren Vorstadtviertel kommt, entpuppt sich als eine etwas schüchterne, aber streng gläubige Muslimin, deren Mann arbeitslos und deshalb überschuldet ist. Doch schon schnell zeigt sie sich von der Aufgabe, den alten Mann sachgerecht zu pflegen, überfordert. Nach einem Zwischenfall, bei dem der alte Mann fast zu Tode kommt, wirft der erregte Nader die Frau aus der Wohnung, dabei stürzt sie auf der Treppe und erleidet eine Fehlgeburt. Nader wird verhaftet und und es kommt zu einem Gerichts-Prozess, in dem beide Seiten – Nader und seine hinzukommende Frau Simin, die junge Muslimin und ihr arbeitsloser, leicht erregbarer Ehemann – sich gegenseitig beschuldigen, am Treppensturz und der damit verbundenen Fehlgeburt schuld zu sein. Doch wusste Nader überhaupt, dass die Frau schwanger war? Warum hat diese zuvor den Vater ans Bett gefesselt und für einige Zeit die Wohnung verlassen? Jede Person erzählt ihre Sicht der Dinge, verschweigt aber für sie anscheinend ungünstige Details, beschuldigt mit immer neuen Argumenten die anderen.
Auch der Film-Zuschauer erahnt erst am Ende, was wirklich passiert sein könnte, da  der iranische Regisseur  Asgahr Farhadi immer wieder die Perspektiven und Blickwinkel wechselt und auch (wie sich am Ende herausstellt) wichtige Details bildlich ausspart.  Durch diese raffinierte Dramaturgie und ihre treffliche filmische Umsetzung (Handkamera, milchchige Glastüren, Spiegel) gewinnen die Personen komplexen Charakter,  keiner ist gut oder böse, alle haben einsichtige Gründe oder (moralisch) nachvollziehbare Absichten für ihre Handlungsweisen, auch wenn sie dabei oft das Falsche tun.
Politische und religiöse Gegebenheiten, soziale Bedingungen, individuelle Disposition und persönliches Temperament vermischen sich zu einem vielschichtigen Porträt der iranischen Gesellschaft zwischen Tradition und Moderne. Eine Welt zwischen hübsch eingerichteten Neubau-Wohnungen, wie man sie auch in Paris oder Berlin finden kann, und langen, kahlen Polizei- und Gerichts-Fluren, die in ihrer düsteren Kälte ebenso abschreckend wie bedrohlich wirken. Nichts scheint eindeutig in diesem authentisch wirkendem Kammerspiel aus einem politisch wie religiös zementierten Land – und gleichzeitig ist alles menschlich sehr verständlich und nachvollziehbar.
Ein klug inszenierter, exzellent gespielter Film -  spannend, bewegend und nachdenkenswert.

Poster /Verleih: Alamode Film

zu sehen: fsk (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Odeon (OmU); Capitol; Delphi; International; Kulturbrauerei; Yorck

Tschechow, gesplittet: ‚Tri Sestri‘ in der Staatsoper im Schillertheater ***

4. Juli 2011TheaterkritikenNo Comments

Der ungarische Komponist Peter Eötvös (geb.1944) schuf sein erstes grosses, musikdramatisches Werk im Auftrag der Oper von Lyon, wo diese ‚Tri Sistri‘ nach Tschechows berühmtem Stück dann auch durch Kent Nagano 1998 uraufgeführt wurden. 
Seitdem ist diese Oper im In- und Ausland mehrfach nachgespielt worden. Die Berliner Staatsoper hat jetzt ‚Tri Sestri‘ mit der „Bayrischen Theaterakademie August Everding“ koproduziert und präsentiert sie – nach der Münchner Premiere – in drei Vorstellungen innnerhalb ihres momentanen Festivals „Infektion!/Musiktheater im 21.Jahrhundert“ (1.-17 Juli).
Peter Eötvös hat das Drama um die drei in der russischen Provinz verwelkenden Schwestern nicht einfach nacherzählt, sondern die zeitlich-logische Abfolge der Geschichte gesplittet und neu zusammengesetzt:  aufgeteilt in einen knappen Prolog (der drei Schwestern) und in drei ‚Sequenzen‘, in denen er jeweils eine Person in den Mittelpunkt stellt. Die erste und längste Sequenz schildert Irinas Verzweiflung und ihren resignierenden Entschluss, den ungeliebten Baron Tusenbach zu heiraten (der aber dann im Duell fällt), in der zweiten Sequenz schwankt der zögerliche Bruder Andreij zwischen seiner resoluten Frau Natascha und seinen drei unglücklichen Schwestern, und in der letzten und kürzesten Sequenz steht Mascha  im Mittelpunkt:  ihre hoffnungslose Liebe zu Werschinin, der als Offizier die Stadt verlassen muss.
Doch die mit diesem dramaturgischen Griff verbundene Absicht, das gleiche Geschehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu zeigen, überzeugt wenig, schafft einige Unklarheiten für denjenigen, der das Schauspiel nicht kennt. Diese Vorgehensweise zerstört das kunstvoll-raffinierte Ineinander der Tschechow’schen Vorlage, statt sie zu erhellen oder neu zu deuten.
Musikalisch ist jeder Person ein Instrument zugeordnet, den Männern die Holz- und Blechbläser, den drei Schwestern die Streicher. Diese Gruppen befinden sich unter Leitung von Julien Salemkour im Orchestergraben, während ein zweites, grösseres Musiker-Ensemble (Leitung: Joachim Tschiedel) im erhöhten Hintergrund der Bühne unter einer Art Kurkapellen-Muschel dem musikalischen Geschehen dramatischen Effekt verleiht. Ob dazu allerdings diese Orchester-Verdopplung notwendig ist, erschliesst sich im Schillertheater kaum. Dennoch: eine bei aller Atonalität affektreiche, sehr theatralische Musik.
Auf offener Bühne – zwischen Orchestergraben und den Musikern auf dem hinteren Podium – setzt  die Regisseurin Rosalind Gilmore die Geschichten der drei Schwestern vielfach in tänzerisch-pantomimische Bewegungen um, wodurch vor allem die komischen und grotesken Momente des Stücks betont werden und einen starken Kontrast zu den elegischen Augenblicken der Verzweiflung oder Resignation bilden. Ein paar hereingeschobene Möbel, dazu schlichte Kostüme im historischen Schnitt, ermöglichen einen schellen, pausenlosen Ablauf des Abends, der nur gut anderthalb Stunden dauert. Manches scheint ein bisschen übertrieben oder modisch, manches klischee-haft, insgesamt aber wirkt die szenische Umsetzung solide und einsichtig.
Ihre Überzeugungskraft und Stärke (und auch ihren Erfolg beim Publikum) verdankt die Aufführung jedoch einem vorzüglichen Ensemble aus jungen, noch kaum bekannten Sänger-Darstellern von starker Bühnen-Präsenz und ansteckender Spielfreude.
Es ist der engagierte Einsatz dieser jungen Künstler,  der einer sehr kunstvoll erdachten und nicht immer leicht verständlichen Oper zu schöner Theater-Lebendigkeit verhilft.
Doch ob das zeitgenössische Musikdrama mit diesem Werk den engeren Kreis seiner Freunde und Förderer – hin zu einem breiteren Publikum – durchbrechen kann, bleibt offen.

Foto: Paul Green/Staatsoper Berlin

weitere Vorstellungen: 4. und 6.Juli 2011

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