Rainer Allgaier

Theater- und Filmkritiken

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Kategorie: Filmkritiken

Helden-Epos für Britannien: ‚Die dunkelste Stunde‘ von Joe Wright***

14. Februar 201824. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

ChurchillLondon im Mai 1940. Winston Churchill wird – eher als Außenseiter oder Zwischenlösung – zum englichen Premierminister ernannt. Seine Vorgänger Chamberlain und Halifax erhoffen sich, durch Friedensverhandlungen mit Hitler eine  Niederlage Englands zu verhindern. Zur gleichen Zeit sind  Teile der britischen Armée in Calais und Dünnkirchen von den vorwärtsdrängenden deutschen Truppen eingekreist. Churchill gelingt es unter Aufgabe einiger Bataillone, den Großteil der Soldaten durch Schiffe und Boote nach England heimzuholen. Verhandlungen mit Hitler lehnt er – nach starken Selbstzweiflen – ab und schwört die Briten auf Widerstand ein, auch wenn dieser „Blut, Schweiß und Tränen“ kosten wird.

Diese politisch brisanten Tage verwandelt der von Joe Wright spannend inszenierte (und elegant ausgestattete) Film in ein gefühlsträchtiges Drama. Er konzentriert sich dabei auf die heftigen Auseinandersetzungen zwischen zwei diametralen Handlungsweisen: entweder diplomatisches Verhandeln mit den Nazis (Chamberlain) oder patriotischer Widerstand  ohne Kompromiß (Churchill).  Entsprechend den Gesetzen des Unterhaltungs-Films muß das politische Geschehen vereinfacht und zugespitzt werden – manchmal bis zur Oberfächlichkeit. Die Figur Churchills steht dabei im Mittelpunkt, alle anderen sind nur (gut gespielte) Stichwortgeber: Gary Oldmann – pächtig ausstaffiert von Kostüm- und Maskenbildner – verkörpert  diesen barocken Einzelgänger Churchill sehr wuchtig und überzeugend: ob als muffiger Ehemann, poltender Politiker (im Kabinett) oder überzeugender Redner. (im Parlament). Gary Oldman wurde deshalb für den diesjährigen Oscar nominiert.

Doch auch er kann nicht verhindern, daß der durchaus attraktiv inszenierte Film im Laufe seiner 125 Minuten immer mehr zum allzu pathosgeladenen Heldenepos und patriotischem Kino-Drama mutiert.

Ob sich hier aktuelle Auswirkungen des Brexit dokumentieren?

Poster/ Verleih: Universal Pictures Germany

zu sehen: Casablanca; CinemaxX Potsdamer Platz; Titania Palast; Cosima; Eva-Lichtspiele; Filmkunst 66; Filmtheater am Friedrichshain; Kino in der Kulturbrauerei; Colosseum; CineStar Sony Center (OV); Deiphi LUX (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Rollberg (OmU)

Elegante Nadel-Stiche: ‚Der seidene Faden‘ von Paul Thomas Anderson****

8. Februar 201824. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

FadenLondon in den 1950er Jahren. Der Modeschöpfer Raynolds Woodcock ist Star dieser Luxus-Branche, er entwirft Kleider für Adlige, Mitglieder der königlichen Famile und Superreiche. Ein nicht mehr ganz junger, eingefleischter Junggeselle, überaus selbstbewußt und exzentrisch, der schon beim Frühstück auf seinem Zeichen-Block Roben entwirft und dabei absolute Ruhe von allen Anwesenden einfordert – schon das Kratzen eines Buttermessers auf dem Toastbrot bringt in außer Fassung. In einem Landgasthaus entdeckt er in der jungen Kellnerin Alma seine neue Muse, die er nicht ins Bett, sondern in sein Atelier schleppt, um an ihr und durch ihre Ausstrahlung neue Kreationen auszutüffteln.  Natürlich wird aus den beiden gegensätzliche Naturen bald ein Liebes-, und wenig später ein Ehe-Paar. All dies geschieht unter den strengen Augen von Raymonds Schwester Cyril, die die Geschäfte führt und mit ihm in dem pompösen Londoner Haus lebt, das im Paterre die Besucher – und Vorführräume, darüber die private Wohnung und – ganz oben unterm Dach – Atelier und Näh-Räume für die fleißigen Arbeits-Frauen umfaßt. Doch auch als Ehemann besteht der Modezar auf seiner Selbstbezogenheit und seinen speziellen Eigenwilligkeiten – so reagiert er beispielsweise auf ein von Alma als Überraschung arrangiertes Abendessen mit scharfer Ablehnung und brutal-verletzenden Anschuldigungen ihr gegenüber.  Die Verbindung von Künstler und Muse zeigt Risse. Doch Alma erweist sich auch in der ihr neuen Umgebung von Londons reichen „Upper Class“ als klug und lernfähig –  und nutzt ein „altes“ Mittel, um die Beziehung zwischen Raymonds und ihr in den Griff zu bekommen…

Der amerikanische Regisseur Thomas Paul Anderson („Magnolia“, „There Will Be Blood“) zeigt sich in seinem neuen Film wiederum als Meister einer ebenso sorfältigen wie eleganten Inszenierung. Er schrieb auch das klug gebaute Drehbuch, führte hochsensibel die Kamera, fand in Mark Tildesley einen hervorragenden Ausstatter, der die Mode-Welt der 50er Jahre in delikaten Farben wieder aufleben läßt. Dazu komponierte Jonny Greenwood eine passende Filmmusik – auch sie ganz im klassischen Stil jener Epoche. Optisch ist dieser „Seidene Faden“ (im Original“ Phantom Thread“) ein prachtvolles Filmgemälde. Doch die Beziehungs-Geschichte zwischen Raymonds und Alma, dem Künstler und seiner Muse, will nicht recht zünden, bleibt im Grunde konventionell und wenig überzeugend, so daß Regisseur Anderson zum Hilfsmittel der Stil-Mixtur greifen mußte. Die ersten beiden Drittel des Films lassen auf fast dokumentarische Weise das Geschäft mit der Mode der 50er Jahre aufleben, zeigen Macher und Verkäufer dieser Luxus-Ware, die Mannequinns und die Näherinnen – und mittendrin ihren eitel-symphatischen Schöpfer. Im letzten Drittel dann bildet das Ehe-Zerwürfnis den Mittelpunkt  und wechselt zum Genre einer schwarzen Komödie, die jedoch aufgepfropft und wenig überzeugend wirkt.

In diesem Schlußteil können auch die fabelhaften Schauspieler nicht allzu viel retten und fliehen in bewährte Mimik. Doch zuvor liefern sich der inzwischen 60jährige Daniel Day-Lewis als exzenrischer Mode-Gott und die Newcomerin Vicky Krieps als jugendfriche Alma ein fabelhaftes Schauspieler-Duell, verkörpern das höchst gegensätzliches Künstler- und Liebespaar mit pschologischer Rafinesse und darstellerischem Witz. Als Schwester Cyril überwacht Leslie Manville mit strenger Haltung, aber klarem Blick die beiden so unterschiedlichen Charaktere von Bruder und Schwägerin, hält dabei alle Fäden klug in der Hand.

Kein Meisterwerk, dennoch ein hoch-ästhetisches Film-Vergnügen.

Poster/Verleih: Universal Pictures Germany

zu sehen u.a.: Blauer Stern Pankow; Bundesplatz Kino (dt.und OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Filmtheater am Friedrichshain (dt. und OmU); Kant-Kino; Kino in der Kulturbrauerei (dt. und OmU); Movimento (dt. und OmU); Tonino; Union Filmtheater Köpenick; Cine Star Sony Center (OV); Delphi LUX (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Rollberg (OmU)

Taff: ‚Three Billboards outside Ebbing, Missouri****

29. Januar 201824. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

Billboard2Ebbing: eine fiktive, aber typische amerikanische Kleinstadt im Mittelwesten. Die ältere, kratzbürstige Mildred Hayes kocht vor Wut:  fast ein Jahr ist es her, daß ihre Tochter vergewaltigt und ermordet wurde und noch immer hat die Polizei keinen Täter ausfindig gemacht. Sie entschließt sich zu einem außergewöhnlichen Mittel. Auf drei großen, hintereianderstehenden Plakatwänden an einer Zufahrtsstraße  klagt sie an: „Im Sterben vergewaltigt“ – „Immer noch keine Festnahme“ – „Wie kommt’s Chief Willoughby?“.

Die Kleinstadt gerät in Aufruhr, allen voran die Polizei und ihr Cef Willoughby, der – wie jeder weiß – an Bauchspeichel-Krebs leidet. Doch Mildred, die mit ihrem fast erwachsenen Sohn ein bescheidenes Dasein in einem Souvenir-Laden bestreitet, bleibt stur, auch wenn sie nun von vielen Einwohnern wegen dieser Plakate geächtet wird. Dem biederen älteren Pfarrer, der sie umstimmen will, hält sie kurz und knapp dessen – durch Nichtstun bewirkte – indirekte Mitschuld an den Missbräuchen der Kirche an jungen Messdienern vor. Dem fetten Zahnarzt, der sie denunziert hat, lenkt sie tatkräftig den Bohrers von ihrem Zahn auf dessen Daumen. Mit scharfem Witz und gelegentlich kräftiger Faust setzt sie ihren verstörenden „Kampf“ gegen das scheinbar tatenlose Verhalten der Polizei fort. Auch wenn sich der kranke Willoughby als durchaus vernünftiger Mann erweist, der ihr die Schwierigkeiten der Tätersuche klarmacht und der auch die massiven Vorurteile seiner Untergebenen, die mit Vorliebe Schwarze prügeln, klar erkennt:  „Wenn Sie sämtliche Cops mit rassistischen Tendenzen entlassen würden, bleben vielleicht drei übrig – und die wären Schwulenhasser“. Doch als Willoughby seinem Leben ein Ende setzt, beginnen die Ereignisse in Ebbing sich zu überschlagen…

Der Film des irischen Regisseurs Martin McDonagh („Brügge sehen…und sterben?“) chargiert auf brillante Weise zwischen Komödie und Drama, zwischen schwarzem Humor und echtem Pathos. Und zeichnet zugleich das Bild der heutigen, gespaltenen (US-)Gesellschaft. Die Rollen von Opfern und Täter wechseln ständig, jede Figur hat ihre Macke, aber auch einen Zug Menschlichkeit. Das Drehbuch mit seinen immer wieder verblüffenden  Umbrüche und Wendungen, die witzig-schlagfertigen Dialoge in unverblümter Umganssprache, die bewegliche Kamera, die auch schöne Naturbilder einfängt, Schnitt, Musik, Ausstattung  –  alles zusammen ergibt einen ebenso kritischen wie unterhaltsamen Film.  Auch wenn im letzten Drittel die Story etwas überdreht wirkt und das versöhnliche Ende allzu vorhersehbar arrangiert ist.

Doch der Clou sind die drei exzellenten Darsteller der Hauptrollen. Frances McDormand als ebenso schlagfertige wie starrsinnige Mutter und rechtsbewußte Bürgerin Mildred Hayes, Woody Harrelson als der sarkastische, krebskranke Polizeichef Willoughby, der sich stolz selbst aufgibt, sowie Sam Rockwell als Sagent Dixon, ein  agressiver, spießiger Zeitgenosse voll rassistischer wie homophober Vorurteile.

Alle drei Schauspieler sind  – in unterschiedlichen Kategorieen – für den diesjährigen Oscar nominiert – ebenso wie Drehbuch, Schnitt, Musik und der Film als Ganzes.

Kluges, attraktives Kino aus Hollywood.

Poster/Verleih: Fox Deutschland

zu sehen u.a.: Babylon Kreuzberg (OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; CineStar Sony Center (OV); Titania Palast Steglitz; Delphi Filmpalast; Delphi LUX (OmU); Filmtheater am Friedrichshain (OmU und dt.); fsk (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); International (OmU und dt.); Kino in der Kulturbrauerei (OmU und dt.); Neues Off (OV); Odeon (OmU); Passage Neukölln (OmU); Kinowelt Colosseum; Yorck

Rachefeldzug eines NS-Opfers: ‚Aus dem Nichts“ von Fatih Akin****

21. Dezember 201724. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

NichtsKatja Sekerci’s Mann ist Türke und betreibt nach seiner Haftentlassung – verurteilt wegen Drogenhandel –  ein kleines Büro für Steuerberatung und Übersetzungen in einem Szenenviertel von Hamburg. Dort tötet ihn und seinen kleinen Sohn ein Nagelbomben-Anschlag. Obwohl die Polizei zunächst erfolglos in unterschiedlichen Richtungen ermittelt, vermutet Katja, die kurze Zeit vor der Explosion eine ihr unbekannte junge Frau mit einem Fahrad vor dem Büro beobachtet hat, daß Nazis hinter dem Anschlag stecken. Der Verdacht bestätigt sich einige Zeit später, doch in der Gerichtsverhandlung wird das angeklagte junge Nazi-Paar aus Mangel an eindeutigen Beweisen freigesprochen. Verbittert spürt Katja das Paar an einem winterlich-verlassenem Strand in Griechenland auf und bastelt nun ihrerseits eine Nagelbombe…

Regisseur Fatih Akin, der zusammen mit Hark Bohm auch das Drehbuch schrieb, schildert eine Geschichte, die den grauenvollen NSU-Morden nachempfunden ist. Wobei ihn die Täter und deren politischer Hintergrund nur am Rande interessieren. Ihn beschäftigt ausschließlich die Situation der von Staat und Polizei fälschlich verdächtigten oder im Stich gelassenen Angehörigen. Mit großer Empathie verfolgt er die Empfindungen und Reaktionen Katjas:  zeigt ihren Schmerz, die tiefe seeliche Verwundung durch den Verlust ihrer kleinen Familie, aber auch ihre innere Versteinerung gegenüber Eltern, Freunden und Helfern. Ausnahme ist lediglich ihr Anwalt, dem sie vertraut, bis zum sie „tötlich“ treffenden, juristischen Freispruch des Mörder-Paares. Danach sieht sie nur noch den Ausweg in einer Selbstjusitz.

Das Drehbuch, das sich einerseits ganz auf die Gefühlslage des Opfers konzentriert, andererseits zugleich immer gängigen Kino-Regel folgt, weist dadurch einige Schwächen auf, bleibt fast immer vorhersehbar und neigt gelegentlich zu sprachlichen oder bildlichen Floskeln. Dennoch zeigt sich die Regie in Hochform, erzählt in rasanten Sequenzen, kontrastiert das Geschehen durch abwechslungsreiche Handlungsorte und zeichnet psychologisch fein die zahlreichen Nebenfiguren in präzisen Kurzauftritten. Diane Krüger als Katja bleibt (fast) 116 Minuten im Blick- und Bild-Mittel-Punkt und sie gestaltet diese Opferfigur sehr überzeugend duch starke Präsenz und nuanciertes Spiel – in Cannes erhielt sie dafür in diesem Jahr die goldene Palme als beste weibliche Darstellerin.

Fatih Akin hat mit filmischem Fingerspitzengefühl eine aktuelles Thema aufgegriffen und dabei jegliche vordergründige oder platte – politische wie menschliche –  Interpretation vermieden. Auch wenn dieser Film nicht ganz die Überzeugungskraft mancher seiner Vorgänger erreicht, besticht er sowohl duch sein kontroverses Thema und wie durch seine szenische Vitalität.

Poster/Verleih  Warner Bros. GmbH

zu sehen: Babylon Kreuzberg; CinemaxX Potsdamer Platz; Delphi Filmpalst und Delphi Lux; Eva Lichtspiele; Filmtheater am Friedrichshain; Hackesche Höfe Kino; Kino in der Kulturbrauerei;Passager Neukölln; UIC Colosseum; Yorck-Kino

Halb Doku, halb Fiktion: ‚Detroit‘ von Kathryn Bigelow***

26. November 201724. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

DetroitRassenunruhen in der Innenstadt von Detroit im Juli 1967. Der Film von Star-Regisseurin Kathryn Bigelow und ihrem Drehbuchautor und Rechercheur Mark Boal zeigt zu Beginn eine rassante Bilderfolge aus Straßenschlachten zwichen aufgebrachten Schwarzen und der Polizei, brennenden Gebäuden und wilden Plünderungs-Orgien, raffiniert gemixt aus Dokumentar-Material und inszenierten Szenen. Allmählich schälen sich einzelne Personen aus dem allgemeinen Durcheinander heraus: Menschen, die sich später zufällig im etwas schäbigen „Algier Motel“ wiederbegegnen. Auf die Ereignisse in diesem Motel in der Nacht vom 25.Juli konzentriert sich dann der Film in einer Art Kammerspiel und zeigt wie dieses Haus von der Polizei gestürmt wird – ausgelöst durch einen im Jux abgegebenen Schuß aus einer Spielzeugpistole. Auf brutalste Weise sucht die Polizei nach den vermuteten Waffen, verhört und erniedrigt dabei die wenigen, zufälligen Gäste des Motels, die bis auf zwei junge, weiße Touistinnen alles schwarze Männer sind.  Die durch die Straßen-Unruhen verunsicherten Polizisten, angeführt von einen rechtslastig-sturen Serganten, schrecken bei ihrer Überprüfung der einzelnen Gäste weder vor Schlägen noch vor der Drohung mit Erschießen zurück. Die Situation eskaliert, am Ende der Nacht sind drei Schwarze tot. Als Epilog zeigt der Film die spätere Gerichtsverhandlung über diese skandalösen Ereignisse im Algier Motel, wobei – zum Entsetzen der Schwarzen – alle weißen Polizisten freigesprochen werden.

Regisseurin Kathryn Bigelow und ihr Ko-Autor Mark Boal wollen mit dieser fast dokumentarischen Rekonstruktion eines weitgehend vergessenen, historischen Ereignisses („The Algier Motel Incident“) den auch heute noch latenten Rassismus in den USA anprangern, und die oft tödliche Gewalt weißer Polizisten gegenüber meist waffenlosen Schwarzen ins allgemeine Bewußtsein rufen. Sie  tun das wie gewohnt in Form einens Polit-Action-Thrillers („The Hurt Locker“, „Zero Dark Thirty“)  – wie immer virtuos fotografiert und geschnitten, sowie intensiv von Schauspielern (John Boyega, Will Poulter, Aigee Smith) verkörpert. Doch bei aller drastischen Realistik und akribischen Genauigkeit – die Bilder bleiben pures Kino (oder Kintopp) so wie es in allen Action-Filmen gehandhabt wird, auch wenn sie hier sehr effektvoll und intelligent eingesetzt werden.. Die filmischen Mittel triumphieren in ihrer bewährten, wenn auch grandiosen Machart  über das politisch-moralische Anliegen der Macher.  Die inszenierte Dokumentation bestätigt erneut das Können und die filmische Rafinesse von Kathryn Bigelow, aber als politischer oder menschlicher Apell berührt der 143 Minuten lange Film kaum.

Poster/Verleih: Concorde Filmverleih GmbH

zu sehen u.a.: CinemaxX Potsdamer Platz; CineMotion Hohenschönhausen; Cineplex Neukölln Arcaden; CineStar SonyCenter (OV); CineStar Tegel; DelphiLUX (OmU); Eiszeit Wrangelkiez (OmU); Eva Lichtspiele (OmU); Filmkunst 66; Hackesche Höfe Kino (OmU); Kino in der Kulturbrauerei; Odeon (OmU); Rollberg (OmU); Kinowelt Colosseum: UCI Friedrichshain

Böse Familien-Katastrophe: ‚Happy End‘ von Michael Haneke****

30. Oktober 201724. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

Happy endDie Familie Laurent betreibt ein erfolgreiches Bauunternehmen im nordfranzösischen Calais. Nachdem der alte Patriarch Georges (Jean-Louis Tritignant) sich zurückgezogen hat, leitet Tochter Anne (Isabel Huppert) die Geschäfte. Vergeblich versucht sie allerdings ihren Sohn Pierre (Franz Rogowski) zum Mit-Manager heranzuziehen – er erweist sich jedoch als unfähig. In der großen, herrschaftlichen Villa der Laurents leben auch Annes Bruder Thomas (Mathieu Kassowitz), Arzt im Krankenhaus, und seine junge Frau Anais (Laura Verlinden) samt Baby Paul. Neu in diese Familie kommt nun Eve (Fantine Harduin), die 12jährige Tochter aus Thomas erster Ehe, die bisher bei ihrer Mutter in Südfrankreich lebte (warum diese Mutter ins Krankenhaus kam und dort starb bleibt unklar – Selbstmord, Vergiftung?). Doch Eve fühlt sich im neuen Heim einsam und verlassen, zu ihrem Vater, der sich seinerseits nur halbherzig um sie bemüht, findet sie kein inneres Verhältnis. Zumal sie entdeckt, daß der eine seltsam-sexuelle Beziehung zu einer anderen Frau, einer Musikerin, hat. Doch eine Katastrophe erschüttert das konventionell-fassadenhafte Familienleben mit seinen steifen, gemeinsamen Mahlzeiten als Großvater Georges einen Selbstmordversuch mit seinem Auto unternimmt – der aber mißlingt und ihn gelähmt in den Rollstuhl verbannt. Doch Georges gibt nicht auf, sucht nach weiteren Möglichkeiten, sich umzubringen, wobei er nicht nur seinen Friseur um Hilfe bittet, sondern auch auf den Straßen von Calais herumlaufende schwarze Flüchtlinge und – als alle ablehnen – seine Enkelin Eve. Die ihn dann während der  großen Familienfeier zu Annes später Verlobung (mit einem englischen Banker-Anwalt) in einem feudalen Restaurant am Meer hilft, mit dem Rollstuhl über eine abschüssige Rampe ins offene Meer zu fahren. Wobei sie dieses Geschehen so naiv wie kaltherzig in einem Smartphon-Clip festhält, wähernd die herbei stürtzenden Geschwister Anne und Thomas ihren Vater zu retten versuchen.

Michael Haneke, Regisseur und Drehbuchautor zugleich, zeigt in einem raffiniert angelegten, aber nicht immer leicht zu durchschauenden Puzzle kühler Bilder und Szenen den Zerfall einer bürgerlichen Familie, stellvertredend wohl für die heutige westliche Gesellschaft. Gund dafür sind übertriebene Selbstbezogenheit und seelische Vereisung der einzelnen Personen, das Fehlen von Empathie oder schlichter gesagt von  Liebe. Georges erzählt in einer Schlüsselszene seiner Enkelin Eve, wie er vor Jahren seine gelähmte Frau nach jahrelanger, aufopfender Pflege mit dem Kissen erstickte – aus tiefer Liebe, einem Gefühl, das über den Tod hinaus reiche.  Jetzt aber denkt und handelt er nur noch ganz egoistisch, will einfach Schluß machen. Tochter Anne ist eine tüchtige Geschäftsfrau, die noch Alles – wenn auch fassadenhaft – zusammenhält, aber seelisch erstarrt ist. Thomas versucht seine Unzufriedenheit in sexuellen Fantasien auszuleben, für seine mutterlos gewordene Tochter Eve, empfindet er kaum etwas. Annes Sohn Pierre treibt sich einsam in Karaoke Clubs herum. Eine Familie ohne Gefühle, schon gar nicht füreinander – sie zerfällt.

Haneke erzählt nicht geradlinig, sondern schneidet Szenen und Dialogen oft so, daß deren Sinn oder Bedeutung erst im Zusammenhang mit späteren Bildern sich erhellt. Dramaturgisch gelegentlich allzu erdacht, oder zu kunstvoll ins erlesene Bild gesetzt. Virtuos dagegen bezieht Haneke die aktuellen Kommunikationsmittel ein und füllt die gesamte Leinwand jeweils mit Handy-Clips, SMS oder Twitter-Zeichen und Youtube-Filmchen. Das Schauspieler-Ensemble verkörpert die vorgegebenen Charakterrollen mit hoher Perfektion und lassen die zwischen den Familienmitgliedern herrschende Kälte deutlich spüren.

Doch auch das Farcenhafte diese Familiendramas vermag Haneke anzudeuten, ohne daß das böse Drama je ins Lächerliche kippt – eine virtuose Balance, ein bitteres und sarkastisches „Happy End“.

Poster/ Verleih: X Verleih

zu sehen: Capitol;  Cinema Paris (Dt. u. OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Delphi LUX; fsk (OmU);  Hackesche Höfe Kino (OmU); Kino in der Kulturbrauerei; Neues Off (OmU); New Yorck

Schriller Kunst-Markt : ‚The Square‘ von Ruben Östlund***

25. Oktober 201724. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

SquareVor einen Museum für zeitgenössische Kunst in Stockholm wird eine alte Reiterstatue vom Sockel gehoben und entsorgt. Die Stelle wird anschließend durch neue Pflastersteine und ein etwa 4 mal 4 Meter großes Quadrat aus weißen Neon-Röhren markiert: als „The Square“ bezeichnet und als symbolischer Schutzraum vom Künstler gedacht. Verantwortlich dafür ist Christian, der stadtbekannte Chef-Kurator des Museums, ein alerter Intelektueller um die 40 und allein-erziehender Vater zweier halbwüchsiger Töchter. Kurz darauf wird er am hellichten Tag duch einen geschickt inszenierten Trickbetrüger-Überfall seines Smartphones und seiner Brieftasche beraubt. Mit Hilfe einer App können er und sein Assistent Michael das gestolene Smartphon orten und zwar im Hochhaus eines nicht gut beleumdeten Stadtviertels. Mehr aus einem spielerischen Impuls als klarer Überlegung heraus, steckt er in jeden Wohnung-Briefkasten dieses Hauses einen anonymen Drohbrief. Er erhält dadurch zwar die geklaute Brieftasche und das Smatphone zurück, holt sich andererseits aber viel Ärger damit ein. Ein ausländisch aussehender Junge erscheint und fordert lautstark und öffentlich, daß Christian sich bei seinen Eltern für die falsche Anschuldigung duch den anonymen Brief  entschuldige.

Diese Geschichte dient dem schwedischen Regisseur Ruben Östlund aber nur als Rahmen für eine Anzahl kurzer, leicht satirischer Episoden, die miteinander wenig zu tun haben, die jedoch alle einen kritischen Blick auf die westliche Wohlstandsgesellschaft werfen:  in diesem Fall auf die blasierte Welt gut verdienender Künstler und Kunst-Vermarkter, die zwar um die schlimme Kehrseite der kapitalistischen Gesellschaft mit ihren Nicht-Privilegierten, Bettlern und  Migranten wissen, aber letzlich sich nur oberflächlich und nicht wirklich für Abhilfe oder Veränderung dieser Situation einsetzten. Sie bleiben ihrer scheinbar moralisch überlegenen Geistes- und Lebenart verhaftet – und diskutieren im selbst erschaffenen „Zirkel“ munter über Kunst und deren Freiheit weiter.

Die dazwischen gestreuten Episoden sind für sich genommen meist sehr klug und witzig beobachtet. Wie die nur auf ihr Smartphons starrenden Zeitgenossen auf den öffentlichen Straßen und Plätzen. Das Interview, das Christian einer amerikanischen Reporterin gibt und wie er sich dabei in seine eigenen Webside-Texte verstrickt. Ein Gala-Dinner für die schwerreichen Sponsoren des Museums, bei dem ein halbnackter Performer wie ein brutaler Affe die Gäste so lange belästigt, bis diese ihn brutal k-o prügeln. Eine Publikums-Diskussion mit einem prominenten US-Künstler, die von einem Mann mit Tourette-Syndrom unterbrochen wird, der lautstark über die Moderatorin, seine Nachbarn und die Kunst pöbelt, diese Störung aber aus Gründen der bürgerlichen „Toleranz“ ertragen werden muß.

Ruben Östlund gewann für diesen schrägen Mix aus der modischen Kunst- und Museums-Welt die diesjährige „Goldene Palme“ in Cannes – trotz starker Kongurenz. Doch der elegant fotografierte Film verzettelt sich in seinen einzelnen Geschichten und Personen. Der Regisseur hat in verschiedenen Interviews seine Vorliebe für das Format der kleinen Video-Filme bei Youtube erklärt. Der lange, zweieinhalbstündige „Sqare“ wirkt wie eine Ansammlung solcher Video-Clips, die durch einen etwas mühsamen Erzählfaden zusammen gehalten werden. Der kritische Blick vermag sich nicht auf eine Sache zu konzentrieren, sondern verläppert sich in – oft durchaus witzigen – Einzelgeschichten und ihren zu vielen, wenn auch hübschen Details.  So geht dem Film das Wichtigste verloren: der zupackende, scharfe Biß.

Foto/Verleih: Alamode Film

zu sehen: Capitol; CinemaxX Potsdamer Platz; Delphi Filmpalast und Delphi LUX; Filmtheater am Friedrichshain; fsk (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); International; Kino in der Kulturbrauerei; Neues Off (OmU); Yorck

Dunkle Sonne: ‚Der Tod von Ludwig XIV‘ von Albert Serra****

6. Juli 201724. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

Ludwig2Zu Beginn des Films – noch unter den Titeln des Vorspanns – wird der französische Sonnenkönig Ludwig der Vierzehnte in einer Kutsche oder Sänfte ins Schloß Versailles gefahren – er hat sich bei einem Ausflug leicht am Bein verletzt. Es ist der August des Jahres 1715. Der König hat starke Schmerzen und wird standesgemäß in seinem Bett gelagert. Am Anfang nimmt er noch von dieser Lagerstatt aus ein wenig am Hofleben teil, gibt Anweisungen oder zieht galant seinen Hut vor einer vorgestellten jungen Frau. Doch dann wird er immer schwächer: bekommt starke Schluckbeschwerdener, knappert nur noch an einem Kecks, trinkt mühsam ein wenig Wasser, allerding nur aus einem königlichen Kristallglas. Die herbeigerufenen Ärzte der Pariser Sorbonne sind ratlos: ein schwarzer Fleck am Fuß wird immer größer, schließlich ist fast das ganz Bein schwarz. Zu amputieren wagt keiner der gelehrten Medizin-Wissenschaftler. Auch das Elexir eines salbadernden Kurpfuschers aus Marseille bringt keine Besserung – im Gegenteil. Allmählich dämmert allen, auch dem König selbst, daß sein Ende naht. Er umarmt seinen 5-jährigen Urenkel Ludwig und bestimmt ihn zu seinem Nachfolger. Akten werden nochmals gesichtet: teils archiviert, teils verbrannt. Am 1.September stirbt Ludwig – so qual- wie würdevoll. Die Ärzte öffnen und untersuchen seinen Körper. “ Beim nächsten Mal“ so das Fazit des Leibarztes Dr. Fagon, „machen wir es besser“.

Der spanische Regisseur Albert Serra, dessen Fantasy-Film über Casanova und Dracula den Goldenen Leoparden von Locarno erhielt, verweigert sich in seinem neuen Werk allen gefälligen und publikumswirksamen Kino-Moden. Statt dessen inszeniert er in äußert ruhigem und langsamem Tempo ein  intimes, fast sprödes Kammerspiel, das ausschließlich in dem nur von Kerzen erleuchteten Schlaf-Zimmer des Königs spielt. Ohne Musikuntermalung, nur mit den natürlichen Alltagsgeräuschen. Nur einmal erklingen  – kurz und sehr laut –  ein paar Takte aus einer Mozart-Messe: Ludwigs Vision seiner königlichen Größe.  Die Dialoge fallen knapp und sparsam aus, stattdessen zeigt die Kamera das Gesicht der jeweils handelnden Personen in langen Nah- oder Groß-Aufnahmen, insbesondere dasjenige des unter seiner gigantischen Allonge-Perücke fast starre Gesicht des sterbenden Königs, dem der berühmte Nouvelle-Vague-Schauspieler Jean Pierre Léaud trotz reduzierter Mimik eine faszinierende Intensität verleiht.

Der Film zeigt den Sonnenkönig, dessen berühmter Ausspruch „L´état c´est moi“ den französischen Absolutismus prägte, in dem Moment, in dem nicht nur sein Körper stirbt, sondern auch seine Welt sich aufzulösen beginnt:  das Zeitalter der Aufklärung deutet sich an. Etwa in den noch vorsichtigen Diskussionen der Ärzte und Wissenschaftler am Todesbett des Königs.

Ein kunstvoll verdichteter, historischer Bilderbogen. beeindruckend in seiner strengen Schönheit.  

Poster / Verleih : Grandfilm

zu sehen nur OmU: Brotfabrik-Kino / Eva-Lichtspiele / fsk Oranienplatz / Wolf Neukölln / Zukunft 

Im doppelten Ghetto: ‚Moonlight‘ von Barry Jenkins***

12. März 201724. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

MoonlightIn einem mehrfachen Ghetto lebt Chiron:  als Schwarzer, als jugendlicher Außenseiter, als einsamer Schwuler.

In drei Abschnitten zeigt der oscargekrönte Film des 37-jährigen, farbigen Regisseurs Barry Jenkins seine Entwicklung vom verschlossenen, schmächtigen Kind bis zur Karriere als muskelbepacktem, einzelgängerischem Drogendealer.  Im ersten Teil lebt Chiron, der zu dieser Zeit „Little“ genannt wird, mit seiner drogenabhängigen Mutter in einer schwarzen Vorstadt von Miami/Florida. Als schweigsamer Einzelgänger hat nur einen einzigen Freund, Kevin, der ihn immer wieder ermuntert, kein Weichei zu sein und sich gegenüber den anderen Jungs zu behaupten. Auch der schwarze Kubaner Juan, der seine Mutter mit Stoff versorgt, bemüht sich wie ein Ziehvater. aus „Little“ einen echten Mann zu machen, indem er ihm beispielsweise das Schwimmen im Meer beibringt. Auch in der Schule – der zweite Teil spielt einige Jahre später – bleibt Chiron, der nun von allen auch so genannt wird, ein separater Einzelgänger, von brutalen Mitschülern deshalb als Schwuchtel verhöhnt und auch tätlich angegriffen. Nur Kevin hält zu ihm, wagt sogar eine körperliche, sexuelle Berührung, die Chiron innerlich „befreit“ und sich danach in einem unerwartet brutalen Angriff auf einen ihn beleidigenden Mitschüler entlädt. Im dritten und letzten Abschnitt des Films hat sich Chiron, der nun „Black“ genannt wird, zu einem körperlich kräftigen Mann entwickelt. Nicht mehr in Florida, sondern in Atlanta, wo seine Mutter in einer geschlossenen (Entzugs-)Anstalt untergebracht ist, handelt er erfolgreich mit Drogen. Bis er einen Anruf von Kevin erhält, der inzwischen Koch und Angestellter eines Coffeeshops in Miami geworden ist, zudem glücklicher Vater eines kleinen Sohnes. Die beiden unterschiedlichen Freunde treffen sich wieder und resümieren in einem langen Gespräch ihr bisheriges Leben…

Das Drehbuch von Regisseur Barry Jenkins adaptiert das – nie aufgeführte – Theaterstück eines Autors, der wie Jenkins in dem scharzen Vorort von Miami in dem es spielt, aufwuchs und den poetischen Titel trägt: „In Moonlight All Black Boys Look Blue“. Entsprechend zeigt die letzte Einstellung des Films Chiron als Neunjärigen am Strand von Miami und seine dunkle Haut hat im Mondschein einen starken blau-violetten Schimmer. Es ist die formale Vielfalt und Schönheit solcher Einstellungen, die dem an sich konventionellen Ghetto-Drama mit seinen oft klischee-beladenen Szenen und Figuren eine überraschende Ausdruckskraft verleihen. Die Erzählweise ist schnell, oft abrupt oder sprunghaft, das Licht reflektiert die vielfältigen, meist hellen Farben Floridas, die Kamera balanciert dramatugisch zwischen Schärfe und Undeutlichkeit, der Ton ist raffiniert gemixt – ein paar Takte Mozart, viel  schwarzer Pop („Every Nigger is a Star“) – manche Sequenzen bleiben stumm – verweisen auf Chirons Unfähigkeit sich auszudrücken. 

Daß diese Gradwanderung einer ungewöhnlichen filmischen Erzählweise gelingt, verdankt sie vor allem einem bestens ausgewählten Schauspieler-Ensemble, insbesondere den drei  überzeugenden Darstellern der Hauptfigur: Alex Hibbert (Little), Asthon Sanders (Chiron),Trevante Rhodes (Black). Besonders eindrucksvoll durch seine starke Präsenz  als Drogendealer mit väterlichen Gefühlen: Mahershala Ali als Juan – er erhielt dafür den Oscar als bester Nebendarsteller.

Auch wenn sie ausschließlich unter Farbigen spielt, diese Coming-of-Age Geschichte ist weder neu, noch überraschend und vor allem im Schußteil sehr Theater-lastig. Doch die originelle, fantasievolle und zupackende Filmsprache verhilft ihr zu einem schönen und anrührenden Kino-Erfolg.

 

Poster / Verleih: DCM Filmdistribution

zu sehen (Woche 9.-15.3.): Babylon Kreuzberg (OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; CineStar Sony Center (OV); Filmkunst 66 (dt, und OmU); Filmtheater am Friedrichshain; Hackesche Höfe Kino (OmU); International (OmU); Kant-Kino; Kino in der Kulturbrauerei (dt. und OmU); Moviemento (OmU); Neues Off (OmU); Odeon (OmU); Rollberg (OV); New Yorck

 

 

Ein weites Land: ‚Certain Women‘ von Kelly Reichardt****

8. März 201724. Juni 2018FilmkritikenNo Comments

Certain WomenEine Klein-Stadt im US-Bundesstaat Montana, die nähere Umgebung: ein flaches, winterliches Land, in der Ferne die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains. Vier Frauen stehen im Mittelpunkt dreier lose miteinander verknüpften Geschichten.

1. Laura (Laura Dern), eine Anwältin mittleren Alters, hat Schwierigkeiten mit einem Klienten, der ihren juristischen Ratschlag – nicht zu klagen – erst dann beherzigt, als ein männlicher Rechtsanwalt diesen klar bestätigt. Der danach einen Polizisten in Geiselhaft nimmt, und Laura mitten in der Nacht den unblutigen Ausgang vermitteln darf.

2. Die Geschäftsfrau Gina (Michelle Williams) macht mit Mann und pubertierender Tochter einen Camping-Urlaub und träumt von einem eigenen Haus, für das sie umherliegende Sandsteinhaufen einem alten Mann geschickt und freundlich abhandelt.

3. Eine Pferdepflegerin mit indianischen Wurzeln, Jamie (Lily Gladstone), verliebt sich in Beth (Kristen Stewart), eine junge Abendschul-Lehrerin, die gerade ihr Jura Examen bestanden hat. Ob die etwas überanstrengt wirkende Beth die herzlich und unschuldig wirkenden Gefühle der vereinsamten Jamie erkennt, und was sie darüber denkt, bleibt offen. Als sie ihren abendlichen Zusatz-Job (wegen der zu langen Anfahrt in die Schule)  aufgib, kommt es zu einer letzten, stummen Begegnung.

Die amerikanische Regisseurin Kelly Reichardt, die mit Filmen über starke Frauen  wie „Wendy und Lucy“ oder „Meek’s Cutoff“ berühmt wurde, schildert in ihrem neuen Werk – dessen Drehbuch sie bassierend auf Kurzgeschichten der aus Montana stammenden Autorin Maile Meloy verfasste – auf ganz unspektakuläre Weise die Befindlichkeit und Sehnsucht von vier sehr „normalen“, durchschittlichen Amerikanerinnen, die ihren jeweiligen Alltag meistern müssen. Das Wunderbare daran ist, daß die Regisseurin dies nicht in ausführlichen und / oder  erläuternden Dialogen, sondern in sorgfältig ausgesuchten und raffiniert montierten Bildern und Sequenzen erzählt. Stumme Blicke und charakteristische Bewegungen machen deutlich, was im Innern der Frauen vorgehen könnte. Dabei spielt die winterliche Landschaft Montanas nicht nur den optisch dekorativen Hintergrund, sondern öffnet sich als vielschichtiger Resonanzraum für Gedanken und Gefühlen der vier.

Die klaren und offenen Gesichter der Star-Schauspielerinnen sowie ihre darstellerische Präsenz lassen die unterschiedlichen Verhaltensweisen und persönlichen Eigenschaften der Frauen  äußerst lebendig und nachvollziehbar werden. Frauen, die allen widrigen Umständen zum Trotz sich nicht unterkriegen lassen, und die lakonisch und zäh ihr Alltags-Leben zu bewältigen versuchen.

Ein ebenso schlicht wie elegant inszenierter Film über vier Frauen von heute –  ohne jeden ideologisch-feministischen Zeigefinger, dafür voller Empathie und kluger Menschen-Beobachtung.

Poster / Verleih: Peripher

zu sehen: Brotfabrik-Kino; Central Hackescher Markt; City Kino Wedding; Filmkunst 66; fsk Oranienplatz; in allen Kinos nur in „OmU“ -Fassung.

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