Rainer Allgaier

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Monat: Mai 2008

Bonbonfarben: „with/out Tutu“ in der Staatsoper **

20. Mai 2008TheaterkritikenNo Comments

nawrath-forsythe.jpgLetzte Premiere des Staatsballett’s in dieser Saison, die vorwiegend dem romantischen Tanz gewidmet war. Diesmal galt es zu demonstrieren, wie die Tradition ins Zeitgenoessische heruebergeholt werden kann – wie alten Huete frisch gewendet werden. Das gelingt zu Beginn vortrefflich mit einer ironisch-liebevollen Huldigung (oder war’s eine Persiflage?), in der die klassische Form in rassantem Tempo buchstaeblich auf die Spitze getrieben wird: William Forsythe’s „The vertiginious Thrill of Exactitude“. Drei Taenzerinnen (Knop, Nakamora, Semionova) in grassgruenen, tellerartigen Tutus und zwei Taenzer (Malakhov, Tamaziacaru) in weinroten Trikots fuehren in unterschiedlichen Formationen den titelgebenden „schwindelerregenden Schauer der Exaktheit“ ebenso praezise wie spielerisch vor: Neoklassik vom Feinsten, vielleicht etwas weicher getanzt als bei Forsythe selbst. Dieses elegant-witzige, kurze Stueck zu Schubert’s flink-wirbelndem Schlusssatz seiner 9.Sinfonie ist auch schon der Hohepunkt des dreiteiligen Abends. Die beiden nachfolgenden Arbeiten der US-Taenzer Jodie Gates und Clark Tippet koennen da nicht mithalten. Jodie Gates, einst selbst Forsythe-Taenzerin, choreographiert fuer das Staatsballet ein huebsches, aber unverbindlich-abstraktes Divertissement, in dem zu Musiken von Fanny und Felix Mendelssohn drei Solisten-Paare der gesamten Truppe gegenuebergestellt werden: geschmeidige, fliessende Bewegungen im stimmungsvollen Halbdunkel und transparenten Kostuemen – sinnlich-erotisch und ein bisschen chi-chi. Tiefpunkt des Abends dann die deutsche Erstauffuehrung „Bruch Violin Concerto No 1“ des bereits 1992 verstorbenen Taenzers Clark Tippet: choreographisch ziemlich einfallslos und in der Gesamtwirkung recht altmodisch – trotz der bonbonfarbenen Tutus und einiger Pirouetten auf „halber Sohle“. Die Taenzer, einschiesslich der wunderbaren Polina Semionova, vermoegen zwar auch hier ihr hervorragendes Koennen vorzufuehren, doch statt Kunst gibt’s nur Kunst-Handwerk. Insgesamt zeigt dieser allzu „bunte“ Abend, was dem Staatsballett (noch?) fehlt: ein Haus-Choreograph mit einer starken und stilpraegenden Handschrift.

Foto (Forsythe): E.Naweath

Bilder-Raetsel-Rituale: „Jeanne d’Arc“ in der Deutschen Oper ***

7. Mai 2008TheaterkritikenNo Comments

johanna.jpgVideo-Bilder flimmern ueber Vorhang und Buehne, ueber sich unentwegt drehende Stellwaende und Treppen-Gerueste, meist Bilder aus Nepal, Verbrennung von Leichen oder schemenhafte Tempelszenen. Im weissen Unschulds-Hemdchen diskutiert Johanna (ausgezeichnet: Mary Mills) mit den Heiligen Katharina und Margarete ueber ihre Berufung als Retterin Frankreichs. Ihr Vater naht im Bischofs-Ornat, ein Kunstpferd leitet sie an den Hof des Koenigs, der mit seinem dicken Wanst einem Roi Ubu aehnelt. Ritter Blaubart, in Goldkappe und schwarzer Lederkluft, wird ihr treuer Kampfgefaehrte, um sich dadurch vor seinem schlimmen Trieben zu schuetzen. Doch trotz militaerischer Siege triumphiert am Ende der konservativ-reaktionaere Adel und Johanna kommt auf den Scheiterhaufen, der hier einer maechtigen Schicht-Torte gleicht: schwarz geschminkt entsteigt sie ihr, als Tote gepriesen von Soldaten, Zwergen und dem gesamten Hofstaat in feierlich-duesterer Prozession.
Christoph Schlingensief uebermalt „Berufung, Triumph und Leiden“ dieser Johanna mit vieldeutig-raetselhaften Bildern und seltsamen, assoziationstraechtigen Bewegungsablaeufen. Kein Mittelalter, keine Gotik, sondern eine Welt des religioesen Wahns und fremdartiger Rituale, abstrakt und heutig zugleich, widerspruechlich und irritierend. Auf Grund seiner Krankheit konnte er die Regie nicht selbst zu Ende fuehren und uebertrug dies einem Assistenten-Team; vermutlich haette er noch einige Aenderungen vorgenommen, dennoch ist seine Handschrift klar zu erkennen: phantasievoll und naiv, schrill und grotesk. Leider verzettelt sich die Inzenierung durch ein Zuviel an Video-Ueberblendungen und Buehnen-Aktionen, die vom musikalischen Geschehen eher ablenken als es zu fokusieren. Der einst erfolgreiche, aber heute fast vergessene Walter Braunfels (1882 – 1954) schrieb und komponierte diese Johanna-Oper, die eher einem Oratorium gleicht, waehrend des zweiten Weltkriegs im inneren Exil, sicherlich auch eine Abrechnung mit Terror und Inhumanitaet des NS-Regimes. Sie verbindet Spaetromantisches mit Expressionistischen, farbenreich und klangmaechtig, aber ohne einpraegsame Musiknummern, was eine dauerhafte Rezeption fuer ein groesseres Publikum erschweren duerfte. Ulf Schirmer leitet sehr kompetent Choere, Orchester und ein grosses Solistenensemble der Deutschen Oper, die damit ihre kuenstlerische Leistungsfaehigkeit eindrucksvoll beweist. Bei allen Einwaenden gegen Werk und Realisation ist diese spaete Urauffuehrung der Braunfels-Oper sinnvoll und diskussions-wert.

Foto: Thomas Aurin/Deutsche Oper

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