Legende und Klamotte: „Filumena“ im Potsdamer Hans-Otto-Theater *

7581_9272_filumenaprobenfotointernet.jpgDie „Legende“ sind Paul und Paula, beziehungsweise ihre Darsteller Angelika Domroese und Winfried Glatzeder – noch heute fuer jeden Buerger der einstigen DDR vielgeliebtes Objekt der Bewunderung. Die „Klamotte“ heisst im Original „Filumena Marturano“ und ist das wohl populaerste Theaterstueck des italienischen Autors und Schauspielers Eduardo de Filippo, geschrieben 1947 im neapolitanischen Dialekt. Diese Kombination von zwei hochgeschaetzten Stars und einer turbulenten Komoedie soll hauptsaechlich fuer volle Kasse sorgen – und tut es wohl auch! Doch kuenstlerich geht die Rechnung nicht auf. Die Potsdamer Regisseurin Petra Luisa Meyer verzichtet auf realistisches Volkstheater und arrangiert stattdessen einen ungeniessbaren Eintopf all der Marotten, die auf deutschen Buehnen oft als „typisch italienisch“ praesentiert werden. Da wird lautstark gebruellt und gezehtert, da wird mit Haenden und Fuessen und anderen Koerperteilen gewackelt und gehuepft, da muessen Gesichter mit Sahnetorten beschmissen werden und das Personal in voller Kostuemierung ins flache Wasserbecken fallen. Und das natuerlich alles ohne jede Grazie oder Ironie. Dass der Abend dennoch einige Aufmersamkeit erreichen kann, verdankt er den leisen und nachdenklichen Szenen, in denen eine wunderbar zarte und menschliche Angelika Domroese ganz unsentimental vom harten und boesen Leben der Filumena erzaehlt: von ihrer armseligen Kindheit, von den Demuetigungen als Frau und dem bitter erkaempften Status als Geliebte und Haushaelterin eines wohlhabenden Macho-Gockels. Die ebenso praesente wie verhaltene Kunst der Domroese, einen lebendigen Menschen in seiner Schwaeche wie seiner Groesse ohne jede Larmoyanz zu zeichnen, laesst alle anderen als blosse Buehnen-Marionetten erscheinen. Da helfen weder die eingespielten Puccini-Hits noch „O sole mio“ – „Filumena Marturano“ missraet in der Schiffbauergasse zur albernen Berliner-Vorstadt-Posse.

Proben-Foto: Hans-Otto-Theater