Grosse Gefühle: ‚Gefährten‘ von Steven Spielberg ***

Ländliche Idylle im englichen Devon, kurz vor dem ersten Weltkrieg. Ein Farmer, Veteran des Burenkrieges, ersteigert trotzig ein wertvolles Pferd, obwohl er einen Ackergaul für die harte Feldarbeit bräuchte. Sein jugendlicher Sohn Albert schafft zwar das Wunder, mit dem Joey genannten Pferd den steinigen Acker umzupflügen, doch um die verschuldete Farm endgültig zu retten, verkauft der Vater das Pferd bei Ausbruch des Krieges an das britische Militär. Der Film erzählt nun in vielen Episoden die Odysse dieses Pferdes über die Kriegsschauplätze zwischen Marne und Verdun, schildert wie schon in der ersten Schlacht sein neuer Besitzer fällt, es auf einem belgischen Bauerhof eine neue Heimat findet, dann aber von deutschen Truppen kassiert und als Zugpferd für schweres Geschütz eingesetzt wird. Höhepunkt ist die Szene, in der Joey sich losreist, über die Schlachtfelder und Schützengräben gallopiert, sich in Stacheldraht-Zäunen verfängt: und wie diese geschundene Kreatur gemeinsam von zwei Soldaten – einem Engländer und einem Deutschen – ungeachtet der Kanoneneinschläge um sie herum befreit wird. Am Schluss kommt Joey, zusammen mit dem inzwischen eingezogenen Albert wieder nach Devon zurück: vor gold-rot glühendem Horizont und zu aufrauschender Musik.
Steven Spielberg hat ein populäres Jugend-Buch („War Horse“ von Michael Morpurgo)  verfilmt: im Stil eines breitangelegten Hollywood-Epos. Eine Geschichte der grossen Gefühle und der prächtigen Bild-Panoramen. Altbewährtes, traditionelles Erzähl-Kino mit den neusten filmischen Mitteln und Möglichkeiten in Szene gesetzt. Alles wird leicht überhöht und pathetisch gesteigert: die grünen englichen Landschaften, die grauenhaften Schlachtfelder des ersten Weltkrieges, die kauzigen Bauern in Devon, die arroganten britischen Offiziere, der brutale deutsche Feldwebel, der jugendlich-begeisterte Pferdenarr Albert und das edle Tier selbst – alle sind mit kräftigem Umriss gezeichnete, typische Charaktere und Metaphern zugleich.
Wie weit jugendliche Zuschauer diese episodenreiche, verwickelte Geschichte erfassen und ihre symbolhaltigen Bilder zwischen Kriegsausbruch und Friedensschluss zu deuten vermögen, ist wohl nur individuell zu beantworten. Demgegenüber könnte das hohe Pathos und die meist klischeehafte Zeichnung von Handlung und Personen die erwachsenen Betrachter stören.
Dennoch: Das Raffinement der Erzählung, die Schönheit der Bilder und die Virtuosität mit der alle film-technischen Mittel eingesetzt werden, schaffen grosses Gefühlskino im alten Stil: eine Pferde-Oper als bewegende Unterhaltung für die ganze Familie (Dauer: 2 St. 20 Min.).

Foto/Verleih: Walt Disney

zu sehen:CineStar Sony Center (OV); CinemaxX Potsdamer Platz; Cubix Alexanderplatz; Titania Steglitz; CineMotion Hohenschönhausen; Filmpalast Treptower Park; CineStar Tegel; UCI am Eastgate; Kulturbrauerei; Colosseum; Gropius Passgen Neukölln u.a.