Problematische Heldenlegende: ‚American Sniper‘ von Clint Eastwood**

Der in den USA überaus erfolgreiche Film erzählt die Geschichte des Scharfschützen Chris Kyle – psychologisch wie historisch allerdings sehr frei.  Kyle, 1974 in Texas geboren und dort aufgewachsen, meldete sich nach einem wenig befriedigenden Versuch, als Rodeo-Reiter zu reüssieren, zu einer Spezial-Einheit der US-Marine. Während vier langer Einsätzen im Irak-Krieg erlangte er Berühmtheit als treffsicherster und „tödlichster“ (wie er selbst sagt) Scharfschütze, bekam – zunächst ironisch gemeint – den Beinamen „Legend“. 2009 quittierte er den Militärdienst, kehrte zu Frau und Kindern nach Texas zurück, gründete in Dallas eine Schule für Bodyguards, und verfasste seine Autobiographie, die sich schnell zum US-Bestseller entwickelte. 2013 wurde er bei einer Schießübung von einem verhaltensgestörten Veteranen erschossen. (Dessen Prozeß wurde diese Woche  mit lebenslänglicher Haft entschieden).
Regisseur Clint Eastwood und sein Drehbuchautor Jason Hall haben aus dieser Biographie eine filmische Heldenlegende gestrickt. Aus dem rauhen und von sich und seiner (rechtslastigen) Weltsicht stramm überzeugten Haudegen Kyle wird ein moralisch-nachdenklicher Patriot und freundlicher Familienvater.  Die rasant inszenierten Kriegs-Sequenzen vom Häuserkampf im Nahen Osten wechseln immer wieder mit Szenen im heimatlichen Texas, die zeigen, wie die gedankliche Beschäftigung Kyles mit seiner Scharfschützen-Tätigkeit ihn von Frau und Kindern innerlich entfernt und das Familien-Idyll beschädigt.  Sein jüngerer Bruder, ebenfalls Soldat im Irak, kehrt traumatisiert zurück. Zwar bittet ihn seine Frau Taya (Sinna Miller) regelmäßig und inständig, die Armee zu verlassen. Doch der aufrechte Patriot quittiert erst seinen Dienst, als es ihm gelingt, den wichtigsten Scharfschützen der gegnerischen Iraker abzuknallen.
Clint Eastwood konzentriert seinen Film ganz auf die Person des Chris Kyle, den der etwas in die Breite gegangene  Bradley Cooper als einem rauhbeinigen, aber völlig normalen, amerikanischen Durschnittsbürger verkörpert – der Kyle aber im realen Leben nie war. Sein Bild wird schlicht zur Heldenfigur umgeschminkt.
Die reale Politik (des Weißen Hauses und der Armee) kommt nur am Rande vor, die Iraker sind ein fast anonymer Haufen von düsteren Bösewichtern in einer arabisch-gefäbten „Wild-West-Schlacht“ – worum in diesem Krieg überhaupt gekämpft wird und welch böse Schattenseiten die US-Armee (auch) hatte, bleibt völlig ausgeblendet. Alles Negative wird weggelassen, dafür – filmisch durchaus spannend – eine „Legende“ oder ein „Mythos“ behauptet. So erscheint eine problematische Wirklichkeit durch routinierte Kino-Effekte schöngefärbt, statt sie kritisch zu beleuchten.
Obwohl in mehreren Kategorien – darunter als ‚Bester Film‘ – nominiert, erhielt „American Sniper“ nur den Oscar für den ‚Besten Tonschnitt“.

Poster/Verleih: Warner Bros GmbH

zu sehen: Central Hackescher Markt (OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; CineMotion Hohenschönhausen; Cineplex Alhambra; Neukölln Arcaden; Cineplae Spandau; Titania-Palast Steglitz; Filmpalast Treptower Park; Cubix Alexanderplatz; CineStar Hellersdorf; CineStar Sony Center (OV); CineStar IMAX (dt.und engl.Fass.); CineStar Tegel; Kino in der Kulturbrauerei (dt. und OmU); Kino Spreehöfe; UCI Eastgate; Colosseum; UCI Friedrichshain; Gropius Passagen Neukölln; Zoo-Palast