Á la Francaise: ‚Maillot/Millepied‘ – Das Staatsballett Berlin in der Deutschen Oper****

Daphnis et Chlo photo Yan Revazov Pressfoto 6435Ein Blick über den Rhein – zwei Choreographien zeigen gegenwärtigen Tanz aus Frankreich. Vor der Pause „Altro Canto“ von Jean-Christophe  Maillot, dem Ballett-Chef aus Monte Carlo, dort uraufgeführt im April 2006, danach Maurice Ravels „Daphnis und Chloe“ in einer Interpretation des damaligen Direktors des „Ballet de l´Operá National de Paris“, Benjamin Millepied, vom Mai 2014.

„Alto Canto“  ereignet sich zu frühbarocker Musik – überwiegend Claudio Monteverdi – in einem dunklen, nur von vielen flackernden Kerzen beleuchteten Raum, der fast sakrale Atmosphäre ausstrahlt. Eine lose Folge von abstrahierenden Tänzen für 3 Solisten-Paare und ein 14-köpfiges Ensemble, wobei der Choreograph stark kontrastierende Bewegungs-Abläufe bevorzugt – mal zart und fein, mal kraftvoll und zupackend. Kontraste bestimmen auch die Kostüme von Karl Lagerfeld: die Grenzen der Geschlechter verschwimmen, einige Männer tagen Tütüs, manche Frauen schmale Hosen, alle in gleichen Farben, vorgegeben durch das sanft-dämmrige, rot-goldene Licht. Viele Pas-de-Deux zeigen weitausholende Armbewegungen und oft eine gegeneinander abgespreizte Körperhaltung der Paare, während wirbelnde Ensembles die düstere, kerzenflackernde Bühne durchqueren – ein bißchen zu weihevoll vielleicht das Ganze. Dennoch ausdrucksstark und schön anzusehen.

Ein klarer Gegensatz dann der zweite Teil des Abends, Ravels berühmtes Ballett von 1911 „Daphnis und Chloe“ – eine antike Schäfer- und Götter-Fabel. Doch nichts davon bei Benjamin Millepied. Er zeigt eine stark stilisierte ‚Éducation sentimental‘: ein Mann verliebt sich in eine Frau, muß gegen verschiedene Rivalen und bösartige Gegner kämpfen, um so das glücklichen Ende zu erringen. Der renommierte französische Künstler Daniel Buren (brühmt für deine „Streifen-Bilder“) läßt im hellen Raum immer wieder bunte (streifengerahmte) Elemente aus dem Bühnenhimmel herab- und wieder hinaufgleiten: ein blaues Quadrat, einen gelben Kreis, ein rotes, schräg stehendes Viereck. Die Frauen tragen zunächst knöchellange, weiße Kleider, die Herren  weiße Kniebund-Hosen und Shirts. Erst im abschließenden Teil tauschen alle ihr Kostüm, vereinen sich das Ensemble in blauer, grüner, gelber sowie das titelgebende Haupt-Paar in roter Farbe zu einem rauschenden Tanz-Finale. Millepied bevorzugt eine leichte, fließende Bewegungssprache, neoklassisch grundiert, mit dankbaren Dreh- und Sprung-Sequenzen für die Solisten, unter denen die elfenhafte Elisa Carrillo Cabrera oder der vitale Dinu Tamazlacaru besonders brilliern. (Die einzelner Rollen sind in den verschiedenen Vorstellungen wechselnd besetzt).

Während die Musik zu „Alto Canto“ vom Tonband eingespielt wird, musizieren (Extra-)Chor und Orchester der Deutschen Oper Ravels glitzernd-leuchtende Musik unter dre Leitung von Marius Stravinsky live und sehr klangvoll. Ein – nach längerer Zeit – wieder gelungener Abend des Berliner Staatsballetts, das seine Qualitäten in diesen französichen Übernahme-Choreographien bestens zu beweisen versteht: Poesie und  Eleganz á la Francaise.

Foto: „Daphnis und Chloe“: Yan Revazov /Staatsballlet Berlin

Premiere: 22.Januar 2017, weitere Vorstellungen: 3./ 10./11.Februar 2017