Nazi-Schmonzette: „Rienzi“ in der Deutschen Oper **

Richard Wagners Jugendoper „Rienzi“ wurde 1842 in Dresden uraufgefuehrt, ein ziemlich ausuferndes Historiendrama im Stil der „Grand Opera“ eines Spontini oder Meyerbeer. Allein die Ouvertuere und das sogennante „Gebet des Rienzi“ tauchen gelegentlich in Wunschkonzerten  auf,  die Oper selbst nur am Rande des heutigen Repertoire-Theaters,  Bayreuth-wuedig war sie bisher nie.
Das musikalisch sehr ekklektizistische Werk, von Wagner nach einem englischen Roman verfasst, behandelt eine Episode aus der roemischen Stadtgeschichte: Aufstie und Fall des Cola di Rienzo, der im 14.Jahrhundert eine Volksherrschaft nach antikem Vorbild idealistisch zu errichten versuchte, an den tages-politischen  Realitaeten aber scheiterte und mit seinem Tod bezahlte.
Einem Ondit zufolge soll „Rienzi“ eine der Lieblings-Opern von Adolf Hitler gewesen sein. Daraus entwickelt der junge Regisseur Philipp Stoelzl eine ziemlich platte Gleichsetzung zwischen dem roemischen Reaissance-Helden und den Faschismus-Fuehrern der 30er Jahre.
Rienzi, erst in Lederjacke, dann im Militaermantel, erscheint schon zu Beginn des Geschehens – umgeben von einer Schlaegertruppe Schwarzhemden – als zwielichtiger Machtmensch, der seine Brutalitaet hinter aeusserlicher Freundlichkeit verbirgt, im Vordergrund werden die adligen Feinde begnadigt, anschliessend im Hintergrund erschossen. Er erreicht durch geschicktes Marketing sein Ziel, versagt aber dann im grossspurig angezettelten Krieg klaeglich und verschanzt sich in seinem Bunker wie einst der deutsche „Fuehrer“.
Stoelzl und sein Ausstatterteam motzen die duerftige Nazi-Parabel maechtig auf:  schon zur Ouvertuere tanzt ein Rienzi-Hitler auf dem Obersalzberg vor Alpen-Panoramen oder einer Weltkugel (Chaplin laesst gruessen!), in gemalten Hochhaus-Kulissen im Stil von Fritz Langs „Metropolis“ draengelt sich – immer an der Rampe – buntes Volk im 30er Jahre Look,  dann wird in stengen Reihen marschiert und paradiert, von der Video-Leinwand strahlen blonde Massen und ein glatt-gegelter Rienzi grimmasiert in die Kamera als wetteifere  er mit Mussolini.
Seine ihm eng verbundene Schwester Irene traegt als echte „Nazisse“ natuerlich blonden Zopf und Dirndl,  ihr adliger Liebhaber Adriano dagegen ist ein schmaechtiges Buerschchen – eben kein passender Partner.
Die Partitur ist stark gekuerzt, konzentriert sich auf die grossen Chor- und Ensemble-Nummern. Und hier punktet auch die musikalische Seite der Auffuehrung: Chor und Orchester vereinen sich immer wieder zu wirkungsvollen, pompoesen Tableau’s – die Solisten ueberglaenzen mit strahlenden Spitzentoenen. Alles sehr effektvoll, aber auch recht aeusserlich und (noch) Wagner- untypisch..
Torsten Kerl ist ein staemmiger Rienzi mit metallisch gefaerbtem, kraftvollem Tenor, Camilla Nylund mit schlankem Sopran seine Schwester Irene und Kate Aldrich beeindruckt als Adriano durch einen
Klangvollen, dramatischen Mezzo.
Sebastian Lang-Lessing erweist sich als zuverlaessiger musikalischer Leiter – retten kann er aber weder Wagners bombastischen Historienschinken noch die von Stoelzl aufwendig arrangierte, platte
Nazi-Plotte.

Foto: Bettina Stoess/Deutsche Oper