Sex und Gewalt: ‚Elle‘ von Paul Verhoeven***

ElleMichelle Leblanc (Isabelle Huppert) ist die taffe, nicht mehr ganz junge Chefin eines großen Unternehmens für Compter-Spiele, ebenso pragmatisch wie schlagfertig. Geschieden, lebt sie allein in ihrer großen Pariser Villa. Eines Tages dringt ein maskierter Mann ein und vergewaltigt sie. Doch entgegen dem Rat ihrer engeren Freunde zeigt sie die Tat nicht bei der Polizei an , sie will selbst den Täter aufspüren. Als dieser seine Tat einige Zeit später zu wiederholen versucht, gelingt es Michelle, ihn zu demaskieren. Doch sie geht immer noch nicht zur Polizei, sondern beginnt mit diesem (attraktiven) Mann ein gewagtes Spiel, bei dem sexuelle Fantasie und Gewalt undurchschaubar miteinander verwoben sind. Am Ende bleibt Michelle jedoch die coole Siegerin.

Nach längerer Auszeit meldete sich der inzwischem 77-jährige Regisseur Paul Verhoeven („Basic Instinct“) mit dieser französischen Romanverfilmung beim Festival in Cannes zurück. Als „Erotik-Thriller“ angepriesen changiert das Werk elegant zwischen den Genres, zeigt brutale, sexuell aufgeladenen Szenen neben grotesker Gesellschafts-Satire, entäutscht gezielt und provokant Zuschauer-Erwartungen und mixt raffiniert Spannung und Schaulust.

Gebündelt und zusammengehalten werden die unterschiedlichen Facetten in der Figur der Michelle, die in Isabelle Huppert die ideale Verkörperung findet.  Nach außen hin die ruhige, selbstsichere Unternehmerin, die auch mit dem etwas beschränken Sohn und ihrer eigenwilligen, an jungen Männern interessierten Mutter souverän umzugehen weiß. Innerlich jedoch vom Trauma geprägt, als 10jähriges Mädchen den in ganzen Land bekannten, mörderischen Amoklauf ihres Vaters verkraften und – durch harte Arbeit und Selbstdisziplin – überwinden zu müssen. Isabelle Hupperts Michelle spielt eine schillernde Persönlichkeit von lässiger Eleganz und überlegener  Intelligenz,  die aber zugleich unschuldig-mädchenhaft erscheinen kann und einen Rest von Geheimnis bewahrt – vielleicht ihr selbst nicht bewußt.

Um sie herum ein exzellentes Darsteller-Ensemble, prägnant in jeder noch so kleinen Rolle, darunter auch der Berliner Christian Berkel – der hier allerdings ’nur‘ den Partner ihrer Geschäftsfreundin und dummen Sex-Protz mimen darf.

In Cannes wurde nach der Premiere von „Elle““ viel über Feminismus und Männlichkeits-Fantasien gestritten. Diese Diskussion dürfte auch den deutschen Kino-Start begleiten, doch damit erfüllt sich zugleich eine zentrale Absicht des Regisseurs, nämlich Kontroversen auszulösen  – zu welchem Aspekt des Film auch immer.

Poster / Verleih: MFA

zu sehen: Cinema Paris (dt. und OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Eiszeit am Wrangelplatz (OmU); Filmtheater am Friedrichshain; fsk Oranienplatz (OmU);Hackesche Höfe Kino (OmU); Kino in der Kulturbrauerei (dt. und OmU); Moviemento (dt. und OmU); Rollberg (OmU); Yorck