Noble Urauffuehrung: „Phaedra“ von Henze in der Staatsoper unter den Linden ***

mfb_07_henze_listequer.jpgEine Konzert-Oper nennt der 81-jaehrige Komponist Hans Werner Henze sein neuestes Werk (Libretto: der Dresdner Lyriker Christian Lehnert). Dementsprechend haben der Regisseur Peter Mussbach und der Ausstatter, der island-daenische Kuenstler Olafur Eliasson, ein ungewoehnliches Raumkonzept entwickelt. Das Orchester und der Dirigent musizieren im Ruecken des Publikums, im hinteren Parkett. Durch einen schmalen Laufsteg sind sie mit der dunklen,leeren Buehne verbunden; diese wird aber oft durch eine riesige Spiegelwand geschlossen, in der sich wiederum das Publikum und die goldfarbenen Raenge reflektieren. Eine Art Disco-Kugel oder zunaechst ein verspiegelter Ring verbinden durch abstrakte Lichteffekte die unterschiedlichen SpielOrte wirkungsvoll miteinander. Die Saenger, mal auf dem Laufsteg, mal auf der Buehne tragen schlichte Kleider oder Fraecke und deuten das Geschehen um Liebe und Tod mit expressiven,stark stilisierten Gesten an. Wer allerdings den Mythos um Phaedra, die in todbringender Liebe zu ihren Stiefsohn Hippolyt entbrannt ist, nicht genau kennt, duerfte Schwierigkeiten mit der Opernhandlung haben, besonders im zweiten Teil, wenn der tote Sohn von den Goettern zu einer Art Kloon oder Homunculus wieder zusammengesetzt wird. Dadurch aber liegt die Konzentration auf der Musik: durchaus nach Henzescher Art zwoelftoenig grundiert, aber angereichert mit vielerlei Anspielungen und Verweisen auf die abendlaendische Opern-Tradition.Geschickt werden dramatische und lyrische Szenen und Ensembles verblendet, virtuos sind die Stimmen der Saenger eingesetzt.John Mark Ainsly (Hippolyt) und Riccarda Maria Wesseling (Phaedra) fuehren glaenzend die Solisten an, bestens unterstuetzt von den Musikern des „Ensemble modern“ unter Michael Boders flexibler Anleitung. Insgesamt eine ansprechende Auffuehrung, auch wenn die szenische Umsetzung zwar schick, aber doch recht neutral und unverbindlich ausfaellt. Grosser Beifall – vor allem fuer den anwesenden, von seiner Krankheit gezeichneten Hans Werner Henze.

Foto:Richard Haughton