Zwischen Kitsch und Kunst: Haendel in Halle 2009 ****


Klar, dass sie Stadt an der Saale, und vor allem ihr Touristenbuero, den weltweit gefeierten 250.Todestag ihres beruehmtesten Sohnes mit hohem Aufwand begeht: Georg Friedrich Haendel (1685 – 1759). Ueberall kleine, kunstgewerbliche Stelen aus Gold-Draht und blauer Pappe, in der gesamten Stadt verteilte Hinweise auf die vielen, teils exotischen Veranstaltungsorte und am Abend der bunt angestrahlte Marktplatz mit restauriertem Haendel-Denkmal. Ihre britische Majestaet Elizabeth II. und der Bundespraesident haben – hochoffiziell und eher virtuell – die Schirmherrschaft uebernommen, waehrend in den unterschiedlichsten Konzertsaetten wie Gaerten, Kirchen und Theatern ein gut buergerliches, international durchmischten Publikum die verschiedenartigen Musikdarbietungen interessiert verfolgt.
Das Opernhaus steuert die Neu-Inszenierung einer fast unbekannten Haendel-Oper bei:
„Il Floridante“ – ein „drama per musica“, das 1721 in italienischer Sprache am Londoner King’s Theater uraufgefuehrt wurde. Das Festspielorchester Halle spielt auf historischen Instrumenten, vom Englaender Christopher Moulds kompetent angeleitet, eine junge, hochbegabte Saengerschar ueberzeugt durch schoene Stimmen und stilistischen Geschmack (besonders Mariselle Martinez in der Titelrolle). Szenisch bemueht sich -  mit einigem Erfolg -  ein franzoesisches Regieteam (Vincent Boussart,Vincent Lemaire, Stephanie Zani) die etwas blutleere Story um einen Tyrannen und zwei liebende Paare im antiken Persien sanft stilisiert, aber psychologisch einsichtig zu verdeutlichen: elegante Arrangements vor matten Spiegelwaenden oder dem haeufig herabgelassenenen, die Szenenfolge teilenden eisernen Vorhang. Viel Beifall und einige Buhs fuer die Regie.
Ungebremster Jubel dagegen im kleinen, historischen Goethe-Theater des benachbarten Bad Lauchstaett. Wolfgang Katschner und seine bewaehrte LautenCompagney praesentieren die

komische Oper „Serse“ als knall-buntes, ironisches Pop-Spektakel im hochgestylten Zuhaelter-Milieu mit blonden Peruecken und dunklen Sonnenbrillen sowie allerlei VideoEinspielungen: von Obama bis Ahmadineschad,  von Disney’s „Alice im Wunderland“  bis zu blutigen Sequenzen aus japanischen Horrorfilmen. Ein bisschen beliebig und gedanklich schlicht, aber die putzmunteren, durchweg guten Saenger (Xerxes:: Susanne Keusch) und das blendend gelaunte Orchester machen aus der parodierenden Buehnenklamotte (Regie:Andre Buecker) eine recht unterhaltsame Begegnung mit dem deutsch-britischen Jubilar Georg Friedrich Haendel.
(Die Auffuehrung des „Serse“ ist eine Koproduktion mit Hannover-Herrenhausen und dem markgraeflichen Theater in Bayreuth).

Foto: Ausschnitt aus dem Plakat der Haendelfestspiel 2009