Vergeigt: ‚Die verkaufte Braut‘ in der Staatsoper im Schillertheater **

Zuerst wird das riesige Foto eines grünen Laubwaldes auf die Rückwand projeziert, dann schieben Bühnenarbeiter in roten Overalls grosse Museums-Vitrinen herein, darin kleine Modelle dörflicher Stuben oder einer Kirche, manchmal auch putzig ausgestopfte Tiere: Kühe und Hirsche mit (elektrisch) leuchtenden Äuglein. Dazu in zwei schmalen Glas-Kästen Marenka und Jenik, das Liebespaar, in pompös-ausladenden Volkstrachten, bestaunt vom herumwieselnden Chor in bäuerlichen Kittelschürzen und groben Joppen. Staunend steht der junge, schlanke Vasek in Jeans und kariertem Hemd daneben – ein Stotterer und Aussenseiter.
In dieser kuriosen Museums-Kulisse siedelt der ungarische Regisseur Balazs Kovalik Smetanas populäre Oper von der listig verkauften Braut und deren derb-draller Sippschaft an. Mit allerlei szenischen Einfällen, den ständig hin- und hergeschobenen Vitrinen, aus denen die Figuren mal heraus und dann wieder hineinklettern, und mit einer Unmenge bunt zusammengewürfelter Kostüme  – vom schlichten Folklore-Jankerl bis zum glitzernden Luxus-Dirndl -  überschüttet der Regisseur das verwirrende Spiel um Liebe, Eifersucht, Habgier und Geld. Was er erzählen will, bleibt unklar: eine schräge Folklore-Operette, einen satirischen Komödien-Stadl oder gar ein böses Psycho-Drama im bäuerlichen Milieu?
Am Ende – während der Chor beim fröhlichen Rundgesang im Takt lustig mitwippt – stehen die Hauptpersonen wie begossene Pudel herum: ein ratloser Jenik sitzt am Boden, Marenka starrt verzweifelt und von ihm abgewandt in eine leere Vitrine und Vasek ballert mit einem Gewehr herum…    Kritisches Volks- oder albernes Regie-Theater?
Musikalisch wird – der dörflichen Szene entsprechend – Hausmannskost serviert. Dirigent Karl-Heinz Steffens, Ex-Philharmoniker in zweiter Karriere, stetzt auf flotte Tempi und profitiert von farbig gespielten Details der Staatskapelle, beim Chor gibt’s (noch?) ein paar Wackler und die Solisten bieten eher durchwachsene Leistungen. Am überzeugensten: Florian Hoffmann als schlacksiger Vasek mit hellem, klaren Tenor und schönem Bühnentemperament. Anna Samuil’s Marenka  sieht hübsch aus in ihren modisch schicken Kleidern, forciert aber ihre Spitzentöne ins Grelle, Burkard Fritz punktet als Jenik mit kräftigem Heldentenor, lyrischen Passagen sind jedoch nicht seine Stärke. Pavlo Hunka ist der düpierte Heiratsvermittler Kecal: ein Beamter im dunklen Anzug, mit dicker Brille und schwarzem Bass.
Gesungen wird in deutscher Übersetzung, verständlich gelingt das allerdings nur dem alten Bühnen-Recken Reiner Goldberg in der winzigen Rolle des schlauen Zikusdirektors; bei allen anderen helfen nur die deutschen Übertitel.
Kein überzeugender Abend – trotz Smetanas wunderbarer Musik.

Foto: Bernd Uhlig/Staatsoper Berlin

nächste Vorstellungen:22./ 26./ 30.November/  2./ 5.Dezember 2011