Familien-Chaos mit Happy End: ‚Silver Linings‘ von David O’Russell****

Patrick, kurz Pat gerufen,  junger Lehrer in einem Vorort von Philadelphia,  ist ausgerastet, als er seine Frau Nikki mit einem Liebhaber erwischte und diesen halbtot schlug. Jetzt sitzt er wegen „bipolarer Störung“ in einer psychiatrischen Klinik, Haus und Beruf sind weg und Nikki hat ihm gerichtlich verbieten lassen, mit ihr Kontakt aufzunehmen.
Der Film beginnt als seine stoisch-gutmütige Mutter ihn nach acht Monaten aus der Anstalt abholt, und er sein altes Jugendzimmer im Oberstock des bieder-hübschen Reihen-Häuschen seiner Eltern beziehen muss. Entsprechend der Therapie will er sich wieder in sein altes, etwas enges Mittelklassen-Milieu einfügen, nimmt Beziehungen zu alten Freunden und Nachbarn auf – allerding auf recht nervende Weise.  Vor allem aber versucht er trotz des Verbotes,  den Kontakt mit Nikki – zunächst durch Briefe -  wieder aufzunehmen. Dabei bedient er sich einer Bekannten seiner Ex, der arbeitslos gewordenen Tiffany, die ihrerseits – nach dem Tod ihres Mannes -. ebenfalls unter psychischen Schwierigkeiten leidet : eine turbulente Screwball-Comedy unter leicht ‚Verrückten‘ beginnt, zumal auch die dazugehörigen Familien-Mitglieder und Freunde sich als recht exzentrisch erweisen  – wobei Pat’s Vater als wild spekulierender Buchmacher mit Stadionverbot (bei den favorisierten ‚Philadelphia Eagles‘) den Vogel abschiesst.
Doch wie der Filmtitel verheisst: nach dem Motto ‚every cloud has its silver lining‘ (jedes Unglück hat auch sein Gutes) findet das Aussenseiter-Paar Pat und Tiffany  – nach einem halbwegs erfolgreichen Tanz-Wettbewerb -  zu neuem Glück und so endet das temperamentvolle Familien-Chaos  in einem fröhlich-gemeinsamen Happy End.
Der Regisseur David O’Russell, der sich auch die witzig-untergründigen Dialoge einfallen liess, entwickelt aus einem zunächst sehr agressiven Psycho-Drama mit sozial-kritischen Akkzenten ganz langsam, aber recht effektvoll eine leichte, konventionell-elegante „Romantische Komödie“.
Für den deutschen Geschmack ist einen solche Mischung meist irritierend. In Amerika jedoch zählt in erster Linie das ‚well made movie‘, der gut gemachten Unterhaltungs-Film, in dem Kritisches und Kitschiges sich nicht nur durchaus vertragen, sondern sogar prächtig ergänzen können.
Zumal wenn ein so exzellentes Schauspieler-Ensemble wie hier zu Verfügung steht und mit komödiantischer Lust sich die jeweiligen Rollen aneignet.
Bradley Cooper verkörpert mit schickem Dreitagebart den erst agressiv-ausflippenden und später den naiv-verliebten Pat, Jennifer Lawrence ist seine Gegenspielerin Tiffany – kratzbürstenhaft, verletzlich-zart und tanzwütig -,  Robert De Niro spielt in Hochform den aufbrausenden Vater als kläglichen Vertreter der weissen, amerikanischen, unteren Mittelschicht und Jacki Weaver ist auf köstliche Art die ständig besorgte Mutter und Ehefrau.
Ein teils böser, teils ironischer, teils versöhnlicher Blick auf eine Gesellschaft im Umbruch – ohne die unterhaltenden Konventionen Hollywoods zu missachten. Kein Wunder, dass die zahlreich erfolgten Golden-Globe- und Oscar-Nominierungen für Silber-Streifen, sprich: Hoffnungen,  am (Film)-Horizont sorgen.

Foto: Senator Film

zu sehen: CineStar Sony Center(OV); Babylon Kreuzberg(OmU); Filmtheater am Friedrichshain(OmU); Rollberg(OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Titania Palast Steglitz; Cubix Alexanderplatz; CineStar Tegel; Kino Kulturbrauerei; Passage Neukölln; Colosseum