Nur für starke Nerven: ‚Argo‘ von Ben Affleck****

Der Film basiert auf einer wahren Geschichte – allerdings entsprechend den Gesetzen Hollywoods etwas umgearbeitet und als packende Unterhaltung inszeniert.
Im Verlauf der iranischen Revolution 1979 wird Ende November des Jahres die amerikanische Botschaft in Teheran von den aufgebrachten Massen gestürmt, die US-Botschaftsangehörigen als Geiseln genommen. Doch sechs der rund 60 Amerikaner können beim Durcheinander entkommen und flüchten unerkannt in die kanadische Botschaft, wo sie vom dortigen Hausherrn versteckt werden. Doch als die Iraner merken, dass einige der Botschaftsangehörigen geflohen sein müssen, beginnt eine aufwendige Suche nach ihnen. Washington gerät dadurch unter Druck und erteilt der CIA den Auftrag, sie auf irgendeine Weise herauszuholen. Nach einigen abenteuerlichen Überlegungen setzt sich der junge Agent Tony Mendez mit der Idee durch, als angeblicher Produzent für einen Sience-Fiction-Fantasy-Film (Titel: „Argo“) in Teheran nach geeigneten Drehorten zu suchen – und dabei die sechs Amerikaner als kanadische Produktions-Crew ausser Landes zu schmuggeln . Nachdem Mendez in Hollywood sich durch einen (für die CIA tätigen) Maskenbildner und einen Produzenten die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung im Iran zurechtbasteln liess, führt er seinen (nicht von allen CIA-Beamten und Politikern gebilligten) Plan aus – und es gelingt ihm tatsächlich, mit den sechs Amerikanern als (falschen) kanadischen Produzenten-Mitarbeitern per Linienflugzeug (zunächt nach Zürich) den Iran unbehelligt zu verlassen.
Aus Rücksicht auf die anderen, erst später in Teheran freigelassenen US-Geiseln, wurden die Akten über diese Aktion der CIA erst 1997 frei gegeben, was erklärt, dass diese „wahre Geschichte“, die als fiktives Kino-Drehbuch unglaubwürdig erschienen wäre, erst jetzt als packender Polit-Thriller in die Kinos kommt.
Regisseur Ben Affleck, der sowohl am Drehbuch mitgeschrieben hat wie auch die Hauptrolle des CIA-Agenten Mendez spielt, wechselt auf raffinierte Weise zwischen den drei Haupt-Schauplätzen des Geschehens: Washington, Hollywood und Teheran. In der amerikanischen Hauptstadt agieren 
– hektisch und verdeckt -  unsichere Politiker und ehrgeizige Beamte in kalt-gläsernen Büros, in Hollywood ersinnen zwei abgebrühte Business-Oldtimer eine Schein-Firma für den falschen „Argo“-Film (und sorgen nebenbei für allerlei satirische Seitenhiebe aufs Kino-Geschäft) und in Teheran toben die Massen und bespitzeln finstere Militär-Funktionäre die angebliche kanadische Filmcrew quer durch die Stadt. Hier, im letzten Drittel, wird der Film (entgegen den historischen Details) zur reinen, spannenden Verfolgungsjagd durch den städtischen Massenverkehr, die diversen Flughafen-Kontrollen bis in die Maschine hinein:  tempogeladener, aufreizender Nervenkitzel pur.
Die Politik bleibt – nach kurzer historischer Einführung zu Beginn -  Hintergrund und die Ereignisse  werden ausschliesslich aus amerikanischem Blickwinkel gesehen,  leicht patriotisch angehaucht.
Die Iraner verharren in der Rolle des bösen Feindes, jedoch ohne menschlich abwertende Verzerrung.
Gute Schauspieler, eine hervorragende Kamera, eine sorgfältig-historische Ausstattung (1980!) und eine kluge Regie, die vorzüglich die Balance zwischen politischer Vorlage, selbstironischem Kino-Blick und hochspannender ‚action‘ hält,  machen aus der (zum Schein) falschen „Argo“- Film-Vorlage  einen emotionsgeladenen, brisanten, echten Thriller.
Der Haupt-Preis bei der „Golden Globe 2013“-Verleihung und zwei Oscar-Nominierungen sind der schöne Erfolg.

Poster/Verleih: Warner Brothers

Deutschland-Premiere war am 8.Nov.2012,   der Film ist noch in einigen berliner Kinos in Einzelvorstellungen zu sehen